Das erste Mal - im November

  • Hallo liebe Islandfanatiker,


    ich war bisher nie recht aktiv in diesem Forum. Allerdings gehöre ich eher zu dieser Usergruppe, die immer aktiv mitliest und so gut wie nie schreibt. Ich habe mich also eher seit vielen Monaten immer fleißig belesen, informiert und mir Appetit geholt auf diese unglaubliche Insel.


    Ich möchte vorab euch Usern - egal ob Profis mit Superantworten oder Anfänger mit "dummen Fragen" (zum Glück musste ich sie nicht stellen) - für den Informationsgehalt dieser Seite danken, denn ohne diesen hätte ich weitaus mehr Vorbereitung gebraucht um meine erste Islandreise zu bewältigen!


    Ich möchte euch hier also Stück für Stück - soweit es mir zeitlichmöglich ist - teilhaben lassen an meiner ersten Reise nach Island, welche vom 9. - 20. November andauerte. Ich bin vielleicht nicht der beste Schreiber, jedoch denke ich, dass ich euch das schuldig bin, denn Ihr habt mir geholfen und deswegen muss ich euch auch das Ergebnis zeigen/mitteilen. Ich werde euch auch ein paar Bilder zeigen wozu ich sagen möchte, dass ich ein begeisterter Hobbyfotograf bin, der mit recht gutem Equipment sehr gern Momente festhält, allerdings nicht immer das perfekte Auge hat und auch noch viel lernen muss. Erwartet also nicht zuviel von den Bildern. (Ich leg die Latte mal recht tief um später das Lob einzuheimsen! ;) )


    Los geht's also:


    Ich wollte schon immer nach Norwegen! (super Beginn oder!?) Ich habe viele Freunde die schon dort waren und mir Bilder von Sommer und Winter zeigten. Am meisten begeisterten mich die Natur und vorallem die auf den Lofoten geschoßenen Bilder von Nordlichtern, die mir ein befreundeter Fotograf zeigte. Ich beschloss also auch irgendwann im Winter mal dort hoch zu fahren um Nordlichter zu sehen - das war plötzlich irgendwie so ein Must-Have auf meiner Lebensliste!


    Nunja, ich habe gegoogelt was das Zeug hält und das hauptsächlich nach Polarlichtern - und dann kam dieser eine entscheidende Moment. Ich sah ein Bild - ich glaube es war von David Köster - von Polarlichtern über dem Jökulsárlón! Ab diesem Moment war es um mich geschehen.


    Ich informierte mich ab da nur noch über Island, meldete mich hier im Forum an und durchstöberte alles was ich zu diesem Land fand. Von Bild zu Bild, von Reisebericht zu Reisebericht wurde ich neugieriger auf Island - ich nahm mir fest vor (und das war im Juli) noch in diesem Jahr dorthin zu reisen.


    Ich wußte dass ich im November noch mein Resturlaub nehmen müsste und so war der Zeitpunkt der Reise auch schon recht schnell ausgemacht. Trotz aller Voraussicht, dass der November recht unbeständig und ungemütlich sein kann, war der Drang dieses Land zu sehen so groß, dass ich alle negativen Aspekte beiseite warf und mich einfach auf diese Gegebenheiten einstellte! Regen-Smiley


    Nach der Anfrage bei 2-3 Freunden ob Sie Interesse hätten mitzukommen, kristallisierte sich schnell heraus, dass ich die Reise allein machen würde, was mich aber nicht störte, da ich so meine Planung ziemlich flexibel halten konnte und auch vor Ort nicht beeinflusst werden und mir beliebig viel Zeit an gewünschten Orten lassen konnte!


    Ich beschloss zuerst mir ein Fahrzeug über Kria zu buchen (Vielen Dank nochmal an Sven für die problemlose Abwicklung) und entschied mich für den Happy 1 von Happy Campers - es war quasi das billigste Campingmobil, welches für mich allein locker reichen dürfte und mir meine flexible Reisedurchführung ermöglichen konnte.


    Zuerst plante ich für 14 Tage zu bleiben, was jedoch durch einen wichtigen Geburtstag auf 12 Tage vom 9.-20.11 verkürzt und umgeplant wurde. Dadurch fiel meine Flug auch etwas teurer aus (statt 298 zahlte ich nun 360 EUR mit Icelandair von München aus)!


    Die Tage bis zum Reisestart vergingen irgendwie wie im Flug und vorab wurden natürlich so einige Besorgungen in Sachen Fotoequipment und Klamotten getätigt, die sich mit der Zeit doch als sehr kostenintensiv herausstellten - aber nunja, was man hat, das hat man! :)


    Am Sonntag den 9.11. ging es also Mittags zum Flughafen nach München - ich weiß nicht genau was ich fühlte - es war irgendwie alles noch sehr unreal für mich. Aufregung, Nervösität, Freude, Unsicherheit, Enthusiasmus - alles vereint, hatte ich solch eine Reise, allein und vollkommen auf mich gestellt in einem unbekannten Land noch nie vorher gemacht. Ich wußte nicht so recht was alles auf mich zukommen würde - und ich wußte zu diesem Zeitzpunkt auch noch nicht, dass ich wohl einige der schönsten und unangenehmsten Momente meines Lebens dort erleben werde. Aber dazu später mehr!


    Fortsetzung folgt...

  • Vielen Dank für deinen "Dankeschön"- Bericht. thx1
    Der Anfang liest sich sehr gut, da freue ich mich schon auf die Fortsetzungen.
    bisbald

    Gruß Manfred


    Island-Bilder gibt es hier:

    [url='http://portfolio.fotocommunity.de/manfred-bartels']

  • Wer in einem so kurzen Text den Leser schon zu Beginn zum Schmunzeln bringt und am Ende mit gespannter Erwartung entlässt und dabei behauptet, er sei "vielleicht nicht der beste Schreiber", stellt entweder sein Licht gewohnheitsmäßig unter den Scheffel oder 'is fishing for compliments' :D :D


    Und ich weiß, wovon ich schreibe ;)


    Da bin ich ja schon auf die Fotos gespannt Clap


    Auf jeden Fall will ich schnellstens wissen, wie es weitergeht und bedanke mich schon jetzt für einen sicher ebenso interessanten wie unterhaltsam geschriebenen Urlaubsbericht dankeschoen1

  • Teil 2


    Vorab noch ein paar Worte zu meiner Reise - für mich war es wichtig, bei meiner ersten Reise nach Island (ja es wird noch weitere geben, soviel sei vorab gesagt) einen ersten Eindruck der Insel zu gewinnen und einerseits natürlich so viel wie möglich zu sehen aber andererseits auch so viel Zeit wie möglich an den Orten zu verbringen, um sie auf mich wirken zu lassen und sie genießen zu können. Ich habe des Öfteren an Sehenswürdigkeiten die Busse mit Touristen gesehen, welche zum Wasserfall oder was auch immer rannten, Bilder machten, um danach gleich wieder im Bus zu verschwinden. Ich denke nicht, dass diese schnelllebige Art die beste Art ist, Island zu bereisen! Die ganze Insel ist ein einzigartiges Naturschauspiel welches man in vollen Zügen genießen sollte. Daher waren meine, effektiv gesehen, 10 Tage der Reise (An- & Abreisetag mal ausgeschlossen) eh schon recht kurz um die Insel zu umrunden.


    Weiter geht's:


    Ich landete in Keflavik gegen 16 Uhr. Ich hatte mir im Flugzeug extra einen Fensterplatz auf der rechten Seite reserviert, so konnte ich die Insel bereits im Anflug beobachten. Es kam eine wahnsinnige Vorfreude in mir auf, weil mir ab diesem Moment klar wurde, dass es jetzt kein Zurück mehr gab und mein Abenteuer jetzt beginnen würde.


    Dieser Flughafen in Keflavik ist echt der schnellste den ich je gesehen habe - naja aber auch der kleinste! ich glaube vom Landen, Aussteigen, Toilette besuchen, Tasche nehmen bis zum Flughafen verlassen verging keine viertel Stunde! Draußen wartete schon Sverrir, der Chef von Happy Campers, auf mich und fuhr mit mir nach Reykjavik. Ich muss ihm etwas sonderbar vorgekommen sein, denn ich redete nicht viel und schaute die ganze Zeit nur von links nach rechts um die Landschaft zu beobachten.


    Alles wirkte wie eine fremde Welt auf mich und auch diese Selbstverständlichkeit und Gelassenheit von Sverrir begeisterte mich. Ich wollte Ihn schon fragen, wie es ist, auf Island zu leben und solche Sachen. Doch bevor ich die Frage stellte dachte ich mir gleichzeitig - wie soll es schon für Ihn sein. Er lebt hier und kennt das alles - es wird normal aber wahrscheinlich auch großartig für Ihn sein. Ich sparte mir jedenfalls die Frage.


    Die Übergabe des Fahrzeugs erfolgte eigentlich ziemlich zügig. Ein paar Formalitäten und Einweisungen später saß ich auch schon in meinem neuen trauten Heim auf Rädern!



    Mein erster Weg führte mich natürlich zum Supermarkt. Ich glaube jeder kann sich daran erinnern, wie es für Ihn war das erste Mal in einer völlig fremdsprachigen Umgebung zu sein. Der Vorteil in Island sind die importierten Produkte, so kann man recht oft auch englisch und deutsch lesen! Der Besuch im Supermarkt zog sich trotzdem recht lang hin, weil ich sehr gemütlich alle Regale genau studierte und mir außerdem nicht wirklich einen Kopf darüber gemacht hatte, was ich die Tage über eigentlich essen will. Also wurde letztlich alles in den Korb geschmissen, was mir irgendwie zusagte (von diesem Einkauf hätte ich wahrscheinlich 3 Wochen überleben können)!


    Da meine Routenplanung ziemlich flexibel war, beschloss ich die Fahrt um die Insel im Uhrzeigersinn durchzuführen, da das Wetter in den kommenden 2 Tagen im Norden besser aussah als im Süden! Da es nun aber auch schon stockfinster war (18.00 Uhr) fuhr ich erstmal Richtung Borgarnes um dort meine erste Nacht zu verbringen. Bekanntermaßen sind solche Reisen ja anfangs immer etwas anstrengend. Nach meiner Ankunft in Borganes erledigte ich also erstmal meine ganzen "Ich-lebe-noch-Anrufe", stopfte mir den Magen etwas voll und war danach hundemüde. Mein neues Quartier wurde zum Bett umgebaut und ich brauchte ca. 37 Sekunden und dann war ich auch schon im Land der Träume.


    Die Winterzeit auf Island hat so den ein oder anderen Nachteil. Wenn diese Nachteile mit einem verfrühten Schlaf kollidieren kommt es zu dem Phänomen, dass man morgens um 4 Uhr hellwach im Auto sitzt und sich denkt - Mist was mach ich denn jetzt - die Sonne geht erst in 6 Stunden auf! Man sollte diese Tatsache echt in seine Tagesplanung mit einbeziehen!!! Gehe möglichst spät ins Bett um morgens nicht in der Dunkelheit zu verweilen! ;)


    Aber auch in so einem Moment war dieses Forum hilfreich für mich. Ich erinnerte mich an einen Reisebericht - ich weiß jetzt gerade leider nicht von wem - der von einer bezaubernden Kirche mit schöner Landschaft in Budir berichtete. Kurz die Strecke im Navi gecheckt und schon ging es auf Richtung Budir (Borganes hatte mich eh nicht so stark gereizt, obwohl es sicherlich auch seine interessanten Ecken hat).


    Diese Entscheidung war eindeutig eine der besten auf meiner Reise, denn ab 8.30 Uhr folgte ein absolut sehenswerter Sonnenaufgang in einer unglaublich schönen Umgebung. Aber da lasse ich lieber Bilder sprechen:





    Ich verbrachte dort einige Stunden am Morgen und nutzte danach die Gelegenheit - wo ich ja nun schon auf Snæfellsnes unterwegs war - weiter zum Kirkjufell zu fahren. Die Bilder von diesem Berg hatten mich schon immer begeistert und daher kam mir das ganz gelegen, denn eigentlich wollte ich Snæfellsnes auslassen und ein anderes Mal besuchen, da ich nicht wußte, ob ich die Halbinsel zeitlich in meinem Plan unterbekomme. Man muss für diese Abweichung von der Ringstraße eigentlich auch einen ganzen Tag einplanen, da sich die Strecke über die 54 zurück bis zur 1 ganz schön zieht, dadurch dass der Großteil eine Gravelroad ist. Hier aber nun mein Kirkjufell mit naheliegendem Wasserfall:




    Man kann getrost sagen, dass allein Snæfellsnes eine Reise nach Island wert ist. Dieser erste Tag war einfach unglaublich. Diese Stille überall, die beeindruckenden Landschaften, in dieser Umgebung kommt man sich plötzlich so klein und alles andere so groß vor. Ich genoß es in vollen Zügen und dachte, dass es eigentlich nicht besser werden könnte.


    Die kommenden 2 Tage sollten mir das grundlegend bestätigen aber auch widerlegen!


    Fortsetzung folgt...

  • Tolle Bilder und ich freue mich auf die Fortsetzung! Aber eins interessiert mich: der Camper ist ja winzig! Darf mit dem auch auf Parkplätzen stehen oder gilt der als "normaler"Camper? Toilette und Dusche und Kochecke hat der aber nicht, oder?

  • Ich lese diesen Bericht sehr gern und freue mich schon auf die Fortsetzung :thumbup:
    Danke für diese tollen Bilder!


    Die Fragen zum Camper wollte ich auch stellen. Ist da eine Standheizung drin? Sonst wäre es ja wohl heftig kalt nachts, oder?

  • Danke schonmal für das Lob.


    Der Camper ist ein umgebauter Ford Transit Connect. Also ein einfacher Kastenwagen. Toilette und Dusche ist natürlich nicht drin...wenn dann hätte man wohl im Sitzen duschen müssen! ;)


    Im Heck befindet sich eine kleine Küchenzeile mit Kühlschrank (oder besser Kühlbox) und einer Spüle mit fließendem Wasser. Außerdem gibts einen Gaskocher mit 5 Kartuschen dazu. Es ist auch eine Standheizung verbaut, die in der Nacht eigentlich ziemlich gut ihre Arbeit verrichtet hat (im Norden waren immerhin -9°C). Außerdem ist eben eine Klappliege verbaut, die als Bett oder hochgeklappt als Couch fungieren kann! Unterm Bett findet man auch ne Menge Stauraum - allerdings würde ich das Auto nur für eine Person empfehlen und nicht für zwei! Platzmäßig war ich nämlich schon am Maximum - und da noch eine zweite Person mit Gepäck oder evtl. sogar noch Fotoausrüstung dabei zu haben, wäre wohl extrem kuschelig geworden!

  • Dein Reisebericht ist sehr schön zu lesen, toll geschrieben und es schreit definitiv nach der Fortsetzung.... dafuer1
    ich freu mich schon sehr drauf


    PS: Bilder sehe ich leider nicht, aber vielleicht.von liegt es ja auch an meinen Geräten.

    Einmal editiert, zuletzt von Sora ()

  • Hallo lunatic04,


    ich war auch 2-mal mit dem Happy Camper 1 für jeweils 3 Wochen in Island unterwegs, allerdings im Sommer (Juni/Juli). Ich finde den Wagen recht genial, aber auch nur für 1 Person, wie du ja auch schreibst. Im November ist es natürlich etwas anders, und die Standheizung wird bei dir wohl deutlich öfter und länger eingeschaltet sein, als sie es bei mir der Fall war. Aber mich interessiert es sehr, wie es mit dem Camper in kälteren bzw. kalten Jahreszeiten ist, da meine nächste Camper-Tour auch zu solch einer Zeit geplant ist.


    Aber um 4 Uhr aufwachen, und dann bis 10 Uhr auf den Sonnenaufgang zu warten - da muss man sich schon was einfallen lassen. Aber das Wetter fängt ja für den (angeblich) hässlichsten Monat des Jahres recht vielversprechend an.


    Bin gespannt, wie es weiter geht.

  • Teil 3


    Wie gesagt, kann sich die Strecke von der 54 zurück zur Ringstraße ganz schön ziehen. Allerdings ist es landschaftlich teilweise sehr interessant. Da es bereits später Nachmittag war schaute ich schon mal nach einem geeigneten Ort für die kommende Übernachtung.


    Da ich erst mal den Wetterbericht und gleichzeitig auch die Aurora-Vorhersage checkte, führte mich mein Weg letztlich nach Hvammstangi, da es dort in der kommenden Nacht, die Wolkendecke war mittlerweile sehr dicht, sternenklar und wolkenlos sein sollte und die Aurora-Aktivität ein "Moderat" beschrieb.


    Ich traf mit einigen Zwischenstopps pünktlich zum Sonnenuntergang in Hvammstangi ein und suchte mir ein nettes Plätzchen am Hafen. Natürlich wurde dann noch ein Weilchen fotografiert und die Gegend rund um den Hafen abmarschiert.




    Nachdem ich die Gegend etwas unsicher gemacht hatte, fiel mir ein, dass ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte, was mir mein Magen auch bestätigte. Eine absolut (Achtung: Ironie an) deliziöse Blumenkohl-Broccoli-Suppe mit dem frischesten Tütensuppeninhalt den ich je gegessen habe sättigte mich so dermaßen, dass lediglich 3 anschließende Äpfel und eine Tafel Schokolade notwendig waren um meinem Magen Genüge zu tun (Ironie aus).


    Ich führte dann noch ein paar Telefonate, denn auf meiner Wunschliste für Island stand auch ein Rundflug zur aktuellen Vulkaneruption. Daher war ich mit verschiedenen Anbietern im Kontakt um von Akureyri, Skaftafell, Bakki oder Reykjavik einen Flug zu ergattern. Bisher waren die Prognosen allerdings immer negativ ausgefallen! Es gibt übrigens doch einige isländische Unternehmen, die trotz aller Annahme ziemlich zügig auf Mails antworten. Beispielsweise ist "Atlantsflug" solch eins. Ich schrieb einen Abend gegen 22.13 Uhr eine Mail und erhielt tatsächlich um 22.38 Uhr noch eine Antwort – das nenn ich Kundenservice! Trotzdem sollte man die Unternehmen lieber anrufen – so spart man sich eventuelle Wartezeiten!


    Ich packte mich danach ein bisschen aufs Ohr und stellte mir den Wecker auf 23 Uhr, um später nochmal die Wetterlage zu beobachten. Als ich den Hafen in der Nacht (ohne Kamera aber dafür mit Stirnlampe) dann hinabspazierte und inspizierte – ich hatte mir vorab eine ziemlich dunkle Ecke hinter ein paar Lagerhallen rausgesucht – beobachtete ich die ganze Zeit den Himmel. Eigentlich war es wolkenlos, jedoch rührte sich dort oben irgendwas. Ich war mir im ersten Moment nicht ganz sicher aber dann explodierte ich vor Freude fast innerlich – Polarlichter!!


    Ich glaube dass ich nicht mal in meiner Schulzeit so schnell gerannt bin. Aber die 400 Meter zum Auto legte ich locker in gefühlten 12 Sekunden hin (ihr könnt mich quasi ab sofort den neuen ostdeutschen Usain Bolt nennen!) um mein Kamera-Equipment zu schnappen und wieder zurück zu rennen. Es ist gar nicht so leicht, Polarlichter auf einem Bildsensor festzuhalten, denn entweder wartest du auf die Kamera, die gerade eine Langzeitbelichtung in den falschen Einstellungen macht oder du staunst einfach gen Himmel, weil du solch ein Naturschauspiel noch nie gesehen hast und dich vor Faszination nicht bewegen kannst (und weil -10°C dich wie ein Eisblock erstarren lassen). Bis ich also die richtige Belichtung/Blende/Kameraposition etc. ausgewählt und zwischenzeitlich rumgestaunt hatte war die Party schon wieder fast vorbei. Insgesamt dauerte es etwa eine dreiviertel Stunde und war tatsächlich als moderat zu bezeichnen, was von "extrem aktiv" ein weites Stück entfernt ist. Es waren also nur sehr schwache Lichter, von den ich nur wenige auf meine Kamera verbannen konnte – zwei Bilder bekommt ihr aber natürlich trotzdem zu sehen:





    Ich hatte also den Hauptgrund meiner Reise schon am zweiten Abend erlebt. Polarlichter – der Oberhammer. Ich glaube dass ich anschließend noch einige Zeit brauchte um einschlafen zu können, den die Euphorie in mir wollte einfach nicht verschwinden – ich rief sogar meine Freundin um 2 Uhr nachts (3 Uhr deutscher Zeit) an, weil ich so aufgeregt war, dass sie mich fragte ob ich noch alle Latten am Zaun hätte, sie um diese Uhrzeit zu wecken! Das muss Liebe sein!


    Für den nächsten Tag hatte ich mir Akureyri vorgenommen, da ich auf gutes Wetter spekulierte um einen Rundflug zu machen. Der Weg dorthin zeigte mir aber mit der Zeit, dass die Wolken wohl nicht weniger werden würden.





    Auch direkt in Akureyri bestätigte sich diese Annahme. Starker Schneefall, Glatteis und Bewölkung ließen einen Flug nicht zu. Sehr schade eigentlich, denn laut Wettervorhersage und Livecams herrschte zu diesem Zeitpunkt strahlender Sonnenschein über der Ausbruchsstelle.


    Nachdem ich die Stadt für ein-zwei Stunden erforscht hatte, fuhr ich weiter Richtung Mývatn, um wenigstens noch ein Highlight für diesen Tag zu erleben. Natürlich machte ich auch einen Zwischenstopp am Goðafoss, der menschenleer und in absoluter Stille (abgesehen vom Rauschen) schon einen dazu verführen kann, gedankenlos einfach ins Nichts zu starren.



    Auch Mývatn war menschenleer, allerdings war es fast 17 Uhr und daher gabs auch nicht mehr besonders viel Tageslicht.




    Meine Planung war zu diesem Zeitpunkt nicht ganz optimal durchdacht, da ich mich mit dem Norden einfach viel zu wenig beschäftigt hatte. Außerdem war ich immer noch unsicher darüber, wie viel Zeit ich an manchen Orten oder Regionen verbringen könnte um die Umrundung der Insel auch wirklich zeitmäßig hinzubekommen. Ich entschied mich also gegen eine Fahrt über Husavik und zum Dettifoss (für diesen war es jetzt eh schon zu dunkel) und fuhr nach Egilsstaðir. Diese frühe Dunkelheit hat dann teilweise auch wieder den Vorteil, dass man längere Strecken am Abend zurücklegen kann – allerdings hätte ich von der Landschaft doch gern noch ein bisschen mehr gesehen, denn es war wunderschön winterlich dort oben. Dank Spikes an den Reifen war auch die spiegelglatte Fahrbahn kein Problem für mich und nach 2 Stunden Fahrt erreichte ich ohne Probleme Egilsstaðir und suchte mir an einer Tankstelle (glücklicherweise fast immer mit WLAN ausgestattet) ein gemütliches Plätzchen für die Nacht.


    Alles in allem war der Tag wieder atemberaubend mit diesen schneeweiß gekleideten Landschaften und den Polarlichtern in der Nacht zuvor. Der nächste Tag sollte mir meine Freude an Island ziemlich verderben!


    Fortsetzung folgt...

  • Die Bilder! *sehnsüchtel*
    Es ist so toll, an deinen Erlebnissen teilzuhaben! dankeschoen1
    Nachts 03:00 Uhr die Freundin aus dem Bett klingeln, um ihr zu sagen: "Ätschebätsch, ich hab Polarlichter gesehen und du nicht!", ja, das muss Liebe sein! totlach
    Ja, und nun? Weiter, weiter ... *ungeduldigbin* ;)

  • Nochmals Danke für das Lob von Euch.


    Ich freu mich natürlich auch, wenn's euch gefällt!


    @ Rainer
    Die Übernachtungen im Happy1 waren eigentlich voll okay. Die erste Nacht hatte ich das mit der Standheizung noch nicht ganz so raus, daher wars noch ziemlich zapfig. Allerdings habe ich Sie die restlichen Nächte ca. auf 50% laufen lassen (außer wenns mal saukalt war, dann ging auch mal mehr). Und sie ist auch problemlos die ganze Nacht durch gelaufen. Ich denke wenn du tagsüber genug Sonne abbekommst (zwecks Solar) und ausreichend fährst, hat die Heizung auch kein Problem damit mal voll durch zu laufen!


    Bedingung war natürlich trotzdem einigermaßen geeignete Klamotten zu tragen, dann ab in den Schlafsack und darüber noch ne Decke - wenn die Liege etwas weicher gewesen wäre, hätte ich mich fast wie zuhause gefühlt!

  • Vielen Dank für deinen packenden Reisebericht! Deine Fotos sind traumhaft und meine Vorfreude auf meinen Januarurlaub steigt ins Unermessliche!
    Ich freue mich wieder von dir zu lesen!

  • Teil 4


    Ich denke jetzt hab ich euch ganz schön lang zappeln lassen! Also geht's weiter mit meinem miesesten Tag auf Island:


    Der Morgen fing irgendwie schon bescheiden an. Nachdem ich den Abend zuvor von Myvatn nach Egilsstaðir gafahren war, wachte ich am Morgen auf und konnte schon hören was mir bevor stand. Der strömende Regen prasselte unerlässlich aufs Autodach und zwang mich meinen Schlaf zu beenden. Draußen bildete sich einfach ein tristes grau in grau in grau...


    Ich hatte glücklicherweise an einer Tankstelle geparkt und übernachtet, daher beschloss ich bei dem Sauwetter heute mal ausgiebig zu frühstücken und mein Tagesplan zu überdenken. Nach dieser Stärkung wollte ich draußen eine Rauchen und musste feststellen, dass ich einen platten Vorderreifen auf der Beifahrerseite hatte. Das kam ja echt gelegen - im strömenden Regen fing ich also an den Reifen zu wechseln und krauchte genüsslich auf dem Boden umher - welch Freude bei diesem Wetter.


    Nunja, das Wechseln ging trotzdem recht gut und schnell von der Hand. Nachdem ich fertig war lief ich zur Fahrerseite rum und in diesem Moment fiel ich etwas vom Glauben ab. Mein Hinterreifen auf der Fahrerseite war ebenfalls platt!


    Hattet ihr schonmal so einen Augenblick in dem vollkommene Ratlosigkeit in euch herrscht? Denn als ich dort völlig durchnässt im Nebel und Starkregen stand und das Wasser meine Nase herunter tropfte ging es mir so. Ich starrte ca. eine Minute lang nur den Reifen an - alles um mich herum vergessend - und versuchte zu realisieren was da grad vor sich ging. Ich weiß, so ein platter Reifen ist jetzt kein Weltuntergang. Aber 2 platte Reifen am Morgen können den Tag schon ziemlich vermiesen. Ich rief anschließend bei Happy Campers an und erklärte ihnen meine Lage, welche sie genauso überrascht zur Kenntnis nahmen wie ich wenige Minuten zuvor.


    Island ist ja nun bekanntermaßen nicht die dicht besiedelste Gegend der Welt, daher kann so ein Mechaniker schonmal ein Weilchen brauchen, bis er bei dir ist! Ich wartete als bis ca. 12 Uhr auf den guten Herren, der mir dann mit seinem Eintreffen erstmal den Reifen kurz wieder aufpumpte und dann mit gebrochenem Englisch erklärte wo seine Werkstatt ist. Er selber könne nicht vorausfahren, weil er erstmal Mittag essen müsse (nennt man das alles noch Zufall?)!


    Naja, kurz nach eins erreichte auch er seine Werkstatt, welche irgendwie eine Mischung aus Werkstatt und Baumarkt war - mir egal - ich wollte nur mein Auto wieder fahrtüchtig haben. Es waren letztlich wirklich 2 eingefahrene Steine die mir den Tag versauen wollten und nicht wie meine Mutter vermutete "Junge, ham sie dir die Reifen etwa aufgeschlitzt?" - Mütter sind immer so besorgt. Um die Kriminalität in Island machte ich mir allerdings keine Sorgen - auch wenn mir die Situation wirklich extrem seltsam vorkam.


    Das hier ist übrigens das einzige Foto, was an diesem Tag entstand:



    Das ganze Prozedere der Reperatur dauerte jedenfalls bis 15 Uhr an. Man kann aber auch getrost sagen, dass der gute Werkstattmann ein netter Kerl war, mir einen Kaffee gönnte und ich ihm bei seiner Arbeit auch ein bisschen half, sonst wär mir wohl sterbenslangeweilig gewesen, hatte ich den kompletten Vormittag schon in einer Tankstelle verbracht.


    Trotzdem hatte sich ein riesiger Frust in mir breit gemacht, weil irgendwie der komplette Tag fürn Ar*** war. Der Regen hatte auch nicht aufgehört und ich hatte kein einziges gescheites Bild an diesem Tag geschossen und mittlerweile wurde es ja auch schon wieder langsam dunkel. Ich war also beleidigt und frustriert und der Meinung, dass der Nordosten nichts von mir hielt, mich nicht als Besucher begrüßen wollte und so weiter. Großer Frust eben. In diesem Frust kam mit der nächsten Entscheidung auch noch Leichtsinn dazu, denn ich beschloss jetzt einfach zum Jökulsárlón weiter zu fahren. Das war schließlich einer meiner Hauptgründe nach Island zu reisen. Navi kurz gecheckt - 3,5 Stunden Fahrt - es wird dunkel - also los geht's!


    Die erste Stunde verging einigermaßen schnell. Da auf dieser Strecke ein gutes Stück Gravel Road lag, konnte ich im langsamen Tempo auch etwas die in Zwielicht getauchte Landschaft inspizieren. Einmal stieg ich aus, den vor mir tat sich ein wundervoller Blick auf ein Tal auf. Glücklicherweise hielt ich beim Aussteigen den Türgriff fest, denn was ich bisher nicht bemerkt hatte, dass der Wind kräftig zugenommen hatte. Bei diesen Gegebenheiten war ein Foto fast unmöglich, denn ich konnte mich so gut wie nicht vom Auto enntfernen, geschweige denn die Kamera ruhig halten!


    Ich fuhr also weiter und mein ständiger Begleiter folgte mir immer stärker. Der Wind zeigte langsam recht deutlich, dass hier in Island andere Stürme herrschten als im ruhigen Deutschland. Jeder gefahrene Kilometer wurde unangenehmer. Mittlerweile war es draußen tiefschwarz und nur vereinzelt ließ sich durch die verregnete Frontscheibe der Sand ausmachen, der in höchster Eile die Fahrbahn kreuzte. Ich muss dazu sagen, dass ich eigentlich kein ängstlicher Fahrer bin und auch (meiner Meinung nach) ein recht guter. Nur das was jetzt auf mich traf, war mir absolut neu und von Minute zu Minute immer beängstigender. Ich hielt mich die meiste Zeit mittig auf der Fahrbahn, die Tatstache dass dir hier nie Autos begegnen hat also auch seine Vorteile. Zeitweise rutschte mir das Herz allerdings extrem in die Hose - starke Windstöße, immer wieder von links oder rechts, unberechenbar woher der nächste kommen würde, brachten mich an eine physische und psychische Grenze, die ich bis dahin noch nicht erfahren hatte. Mehrere Male sprang mein ESP an, weil eine Böe mein Auto mal eben in der Kurve um einen halben Meter zur Seite rutschen lies. Mein Herz pochte wie wild, innerlich war ich nervös, unruhig und ängstlich wie noch nie! Sowas hatte ich echt noch nie erlebt.


    Ich zählte jeden Kilometer herunter, den ich noch bis zur Lagune zu fahren hatte, in der Hoffnung dass dann alles besser wird. Zwischenzeitlich hielt ich auch mal an um auf der Karte zu schauen, wo ich eigentlich gerade bin. Doch der Sturm schlug im Stand so gegen mein Auto, dass ich sofort weiter fuhr um ihm irgendwie zu entkommen. Nach 3,5 Stunden erreichte ich mit einem ernst zu nehmenden Puls und Blutdruck die Gletscherlagune und parkte hinter einer Hinweistafel zur Lagune. Meine Hände zitterten und in mir war die Hölle los. Die Stille im Auto, ohne Radio, ohne Motorgeräusch war schon heilsam aber ich brauchte unbedingt etwas das mich beruhigte, das mich wieder auf den Boden zurückholte. Ich rief also meine bessere Hälfte daheim an um gleich zu merken, dass die Verbindung, wahrscheinlich durch den Sturm, immerwieder unterbrochen und gestört wurde. Glücklicherweise gab es WLAN und so mussten wir auf die kompliziertere Art der Sprachnachrichten wechseln.


    Die Stimme meiner Freundin tat gut, mein Herzschlag beruhigte sich etwas und die schweißnassen Hände waren auch langsam gertrocknet. Doch ich hatte nicht mitbekommen, dass der Sturm mittlerweile gedreht haben musste, denn nach dem Gespräch merkte ich wieder dass mein Auto wie wild wackelte. Ich wagte also den Gang nach draußen um zu schauen, aus welcher Reichtung der Wind kam, um anschließend das Auto in diese Richtung zu parken. Windrichtung? Fehlanzeige! Es kam mir vor als käme der Wind aus allen Richtungen - er machte sich einen Spaß daraus, dir ins Gesicht zu blasen um dir anschließnd in den Rücken zu fallen.


    Ich parkte noch dreimal um, in der Hoffnung die richtige Position zu finden. Erst jetzt kam ich auf die Idee mal den Wetterbericht zu studieren. Und der brachte mich nicht zum Lächeln - tiefrote Markierungen über dem kompletten südöstlichen Bereich und auch eine Wetterwarnung schoß mir mit diesem Hinweis gleich ins Auge. Diese Nachrichten hätte ich Trottel auch heut Nachmittag mal lesen können. Ich gab das Umparken auf und schaute im Internet nach der nächsten Unterkunft, denn mittlerweile hatte ich schon Angst, dass mein Auto bald umkippen würde. Das Hotel Hali war in 10 Minuten zu erreichen - mir war es jetzt egal, was ein Zimmer kostet - ich wollte nur mein wankendes Schiff verlassen. Einzig dass ich wieder fahren müsste beunruhigte mich - aber die sichere Unterkunft lockte viel mehr!


    Im Hotel Hali empfing mich zuerst ein Fernseher mit der aktuellen Wetterlage. Diese bestätigte, dass aktuell ca 166 km/h Windgeschwindigkeit herrschten. Nettes Lüftchen - so fühlt sich das also an!


    Ich buchte ein Zimmer im Guesthouse und merkte nach der heißen Dusche wie von Minute zu Minute die Angst und Nervösität von mir abfiel. Ich hatte ein weiches Bett mit vier Wänden, welche nicht schwankten oder mir den Angstschweiß auf die Stirn trieben. Es dauerte ein paar Minuten aber dann verfiel ich in einen erholsamen Schlaf.


    Was kann man zu diesem Tag also sagen?


    Es war der Tag den ich durch meinen Frust am Vormittag am schlechtesten durchdacht hatte. Ich hatte einen Sturm erlebt, wie ich ihn vorher noch nie gekannt hatte. Ich hatte Angst wie ich sie vorher noch nie gekannt hatte. Es war also ein Tag den ich so schnell wie möglich vergessen wollte - es sollte glücklicherweise auch der einzige Tag dieser Art gewesen sein.


    Fortsetzung folgt...

  • Herzlichen Dank
    für Deine ehrliche Schilderung eines stürmischen Islandtages.
    Leider hast Du da einen miesen Tag erwischt aber Du schreibst ja auch ehrlich das Du da etwas unvorbereitet reingeschlittert bist.
    Hoffendlich lesen das viele Leute , denn manchmal kommt man sich als , na ja , etwas erfahrener Islandfan schon BLÖD vor wenn man immer wieder das
    Wetterbericht- und Sturmlied singt ;( . Viele meinen man übertreibt damit.


    Danke nochmal.

    Diese Nachrichten hätte ich Trottel auch heut Nachmittag mal lesen können.


    Diese , jetzt im nachhinein eher lustige Selbstkritik, finde ich extrem klasse von Dir daumenhoch


    Martin

  • Super , Dein Bericht Lunatic ! Ich habe schon fast mitgezittert bei der Schilderung wie Du durch den Sturm gefahren bist .


    Ja, diese Stürme in Island sind schon sehr eindrücklich , ich hab das vor Jahren mal erlebt , allerdings zum Glück auch von einem sicheren Hotel aus .



    Gruss


    Muggur

  • haha... klasse geschildert... hab selber mitgezittert und mich an der computermaus festgekrallt...


    draussen pfeifft uns hier in reykjavík gerade ein schnee(-regen)sturm um die ohren, mit wackelnden fensterscheiben, und wasser im treppenhaus wegen einer leckenden haustuer, die vom sturm so eingedrückt wird, dass ringsrum der schneeregen reinkommt....


    die perfekte stimmung mit hintergrundgeräuschen also fuer deinen bericht ;)


    gruss konfusia

  • haha... klasse geschildert... hab selber mitgezittert und mich an der computermaus festgekrallt...

    :D Ich auch! :D


    Lunatic, deine Schilderungen lesen sich super :thumbup:


    Und glücklicherweise hast du das stürmische Erlebnis gut überstanden und die richtigen Erkenntnisse gewonnen. Taetschel-Haetschel
    Ich finde es ja toll, dass Island so super vernetzt ist und man - wenn ich das richtig mitbekommen habe - so ziemlich von überall auf der Insel die Wetterlage jedes Inselpunktes checken kann.
    Ich schaue immer ganz begeistert auf die Straßenzustandskarte mit ihren vielen Live-Cams (auf denen momentan so herrlich die verschneiten Straßen zu sehen sind.


    Und nun bin ich gespannt, wie deine Reise weiter ging. :thumbup:


    Beste Grüße
    Stella

  • Teil 5


    Vorab möchte ich die letzten Kommentare auch für die absoluten Neulinge nochmal aufgreifen. Jeder Alteingesessene hier hat auf die extremen und ständig wechselnden Wetterbedingungen schon hunderte Male hingewiesen und der ein oder andere möge dies belächeln und ignorieren. Doch damit ist tatsächlich nicht zu spaßen - ich möchte dies als Neuling und Ersttäter hier auch mal verdeutlichen und den Anfängern unter uns ans Herz legen, auf Kommentare der Profis viel Wert zu legen und diese Ernst zu nehmen. Die Leute wissen wovon sie sprechen - und auch ich weiß es jetzt. Schaut also bitte täglich mehrfach (!!!) auf "vedur.is" vorbei wenn ihr einen Ausflug oder eine Rundfahrt plant und checkt nicht nur ob die Sonne scheint, sondern nutzt auch die anderen Ansichten, wie eben die Vorhersage der Windgeschwindigkeiten! Meine ironische oder witzig geschrieben Selbstkritik ist auf den ersten Blick amüsant - aber wenns hart auf hart kommt, kann es in Island verdammt gefährlich werden, wenn man sich nicht richtig vorbereitet. Dem nächsten könnte das Glück nicht so mitspielen wie mir! Also passt auch euch auf und achtet auf sowas!


    Jetzt aber Schluss mit den Weisheiten und weiter mit dem angenehmen Teil:


    Ich hatte also eine verdammt erholsame Nacht - so ein Bett macht im Gegensatz zu einem Camper letztlich doch einen erheblichen Unterschied! Ich wollte gegen 9 Uhr vom Hotel losfahren um den Sonnenaufgang am Jökulsárlón mitzunehmen, allerdings wurde mir beim (sehr guten) Frühstück schon klar, dass das heut wohl nix werden würde. Der Sturm war zwar etwas abgeflacht, der Regen und die tiefhängende Wolkenschicht waren aber geblieben.


    Ich fuhr trotzdem hin und erkundete die Gegend vom Café bis zum Strand ausgiebig und versuchte ein paar Aufnahmen zu machen. Sehr viel kam dabei nicht rum, denn man war meist mehr mit dem Reinigen der Kameralinse beschäftigt, als mit dem Fotografieren an sich.



    Doch ich lies mich nicht entmutigen. Ich nahm mir vor, den ganzen Tag da zu bleiben und wenn es notwendig war ewig auf ein schönes Licht zu warten, schließlich war ich neben den Nordlichtern wegen diesen Eisbergen hier. Ich holte mir also immer mal wieder einen Kaffee und schlenderte so den ganzen Tag umher, beobachtete die Touristen und Vögel und hüpfte vor der Webcam rum, damit mich meine Arbeitskollegen und meine Freundin auch mal live zu Gesicht bekamen (das war übrigens ganz witzig)!


    Gegen 15.30 Uhr saß ich grad zum ca. 12ten Mal im Café, checkte Mails, Wetterbericht, aß Kuchen und trank Kaffee, als es draußen plötzlich heller zu werden schien. Ich packte mein Zeug zusammen und ging raus zur Lagune. Der Himmel wurde tatsächlich etwas heller und mit Blick Richtung Küste wurde der Himmel an manchen Stellen etwas löchrig. Ich schoß also wieder 2-3 Bilder in Richtung der Brücke als ich ein paar vielversprechende Wolkenlöcher sah.


    Usain "The Ossi" Bolt is back!


    Pfeilschnell ging es ab zum Auto und rüber zum Strand und da war ich nicht der erste - mit einmal sammelte sich eine Fotografenschar, wie ich sie vorher hier noch nicht entdeckt hatte! Wo kamen die plötzlich alle her? Denn dank des Sturms - ja er hatte auch seine Vorteile, denn er verursachte eine ordentliche Strömung in der Lagune, die ziemlich große Eisbrocken nach draußen trug (am Morgen waren nur kleinste Brocken am Strand zu sehen) und dem starken Wellengang (dank des Sturms), lagen einige riesige Brocken Eis am Strand.


    Dieses kleine Zwielicht dauerte nur ca. eine halbe Stunde lang an und jeder Fotograf suchte sich seinen Favoriten unter den Eisstücken heraus und stand brav keinem anderen im Bild. Ich fand das irgendwie schön, wie jeder das beste Bild herausholen wollte, jedoch immer Rücksicht auf den anderen nahm. Ich meine, es waren immerhin ca. 30 Fotografen dort vor Ort, was im Gegensatz zu den vergangenen Tagen für mich ein Großstadt-Feeling aufkommen lies, schließlich hatte ich hier bisher noch nie mehr als 5 Personen an einem Ort gesehen. Ich werde euch natürlich meine Lieblingsbilder des Tages nicht vorenthalten:





    Als die Show mit dem gewissen kleinen Licht vorbei war, wurde es auch ziemlich leer, ruhig und dunkel am Strand. Nur an der Gletscherlagune strömten weiterhin Menschen vorbei. Ich genoß noch einige Zeit das Rauschen der Wellen am Strand um mal wieder meine Selbstgespräche zu führen - tagelang ohne Gesprächspartner zu sein kann auch witzig sein! ;) Solange man bei Gesprächen mit sich selbst immer der gleichen Meinung ist!


    Für mich war der Tag trotz Regen und tief hängenden Wolken ein Erfolg gewesen. Auch wenn es nur eine halbe Stunde etwas Licht gab, hatte ich einen ganzen Tag an einem der wohl wunderschönsten Orte der Welt verbracht. Und vorallem hatte ich die Zeit genoßen. Am Abend sortierte ich schonmal meine Bilder im Auto durch, da ich ja meinen Laptop dabei hatte, und ging recht früh ins Bett, denn am nächsten Tag wartete nicht nur Skaftafell auf mich, sondern auch eine Eishöhlentour!


    Fortsetzung folgt...

  • Teil 6


    Gegen 9 Uhr machte ich mich auf den Weg und fuhr in Richtung Skaftafell. An einer N1-Tankstelle liegt auf diesem Weg das "Büro" der "Localguides of Vatnajökull" (localguide). "Büro" deswegen, weil es eher ein großer Raum mit Sitzecke und Getränkeautomaten ist - wie ein Büro oder so etwas ähnliches wirkt dort nichts.


    Ich hatte wenige Tage zuvor online eine Ice-Cave-Tour gebucht, da mich die Bilder dieser Eishöhlen immer unheimlich faszinierten! Diese leuchtend blauen Höhlen wirkten immer wie von einem anderen Stern. Und so hatte ich mich schon weit vor meiner Reise danach immer wieder erkundigt. Fakt ist allerdings, dass die Guides ab Oktober ungefähr auf die Suche nach neuen Höhlen gehen bzw. die alten Höhlen ablaufen um zu sehen, wie sicher oder begehbar sie noch sind. Ab dem 1. November werden dann die Termine und Preise bekannt gegeben und auch die ungefähren Zeiten die der ganze Ausflug in Anspruch nimmt.


    Ich weiß nicht wie es in den Vorjahren umgesetzt wurde, dieses Jahr war es jedenfalls so, dass man eine "DX-Tour" oder eine "Full-Frame-Tour" buchen konnte! Die Full-Frame-Tour ist, wie es der Name schon sagt, eher für Fotografen gedacht, die etwas mehr Zeit brauchen um gute Bildergebnisse mit großen Kameras zu erzielen, da ein gutes Foto ja seine Zeit braucht. Die DX-Tour ist eher für die Smartphone-Generation ausgelegt. Der Unterschied besteht also darin, dass die DX-Tour mit mehr Teilnehmern stattfindet (Full Frame max. 8 Pers.), das Mindestalter beträgt hier 13 Jahre (Full Frame: 16 Jahre) und natürlich die Dauer, denn die kann bei der DX 2 Stunden betragen und bei der Full Frame bis zu 5 Stunden (Tourlänge inkl. Fahrt).


    Für mich war natürlich gleich klar dass ich die Full-Frame-Tour buche, auch wenn sie 8000 ISK teurer war als die DX-Tour. Nur wie ein touristischer Hühnerhaufen wollte ich nun auch nicht durch diese Höhle getrieben werden - daher war es mir das Geld auch Wert. Gestartet wurde um 9.45 Uhr. Wir fuhren zurück Richtung Gletscherlagune und waren ca. 20 Minuten auf der Ringstraße unterwegs. Ab einem bestimmten Punkt ging es dann einen kleinen Weg ab von der Ringstraße offroad weiter. Der Weg war ziemlich schwer zu erkennen - allerdings sah man, dass schon mehrere Wagen diesen Weg zum Gletscher gewählt haben mussten. Der Allrad-Supertruck war in dem Sinne für diese Fahrt auch nötig, dass es ziemlich felsig mit einer Menge Fuhrten und Steigungen voran ging.


    Die Fahrt dauerte insgesamt ca. 45 Minuten bis wir anhielten um dann noch weitere 500 Meter zu Fuss zum Gletscher zu laufen. Es war ziemlich beeindruckend, vor diesen Massen aus Eis zu stehen, die sich meterhoch vor einem aufbauten. Von oben oder vom weiten wirken diese Gletscherzungen sonst irgendwie winzig und nicht so mächtig wie hier. Ein nur ca. 1,30m hoher Eingang führte uns in die ca. 100m lange Höhle. Schon dort konnte man das kristallklare blaue Eis schimmern sehen - und als wir dann Mitten drin standen blieb mir glatt der Atem weg. Ich hätte nie gedacht, dass dieses Eis wirklich so blau leuchtet aber nun stand ich davor und erlebte wieder diese Freude in mir, die mir einen unbeschreiblichen Moment bestätigte. Hier ein paar Eindrücke davon:





    Auf dem letzten Bild ist Keita zu sehen, der ebenfalls an dieser Tour teilnahm und aus Japan stammte. Mit ihm und seiner Freundin Yumi war ich recht schnell auf einer Wellenlänge so dass wir nach der Eishöhlentour auch noch gemeinsam zum Svartifoss fuhren. Die Tour ging übrigens schneller rum als geahnt, denn wenn man erstmal im Fotorausch ist, gehen 1-2 Stunden rum wie im Flug. Trotzdem war es ein gelungener Ausflug, der mir einen weiteren Wunsch meiner Islandreise erfüllte.


    Wie gesagt ging es im Anschluss noch weiter zum Svartifoss. Dort herrschte ein recht ordentlicher Wind, so dass das Fotografieren sich etwas schwierig gestaltetet, denn die Gischt des Wasserfalls war irgendwie immer überall! Mit ständigem Dauerreinigen der Kameralinse gelang mir allerdings doch der ein oder andere Treffer. Viel wichtiger war ja aber der majestätische Anblick diese Wasserfalls, eingerahmt von mächtigen schwarzen Basaltsäulen - Island ist einfach ein traumhaftes Beispiel dafür, was für Wunder die Natur schaffen kann.



    Da es langsam dunkel wurde, machte ich mich danach weiter auf den Weg nach Kirkjubæjarklaustur um dort meine Nacht zu verbringen. Auf dem Weg dorthin kam ich noch am Lómagnúpur und einem Wasserfall vorbei, der Abends beleuchtet war. Leider merkte ich mir seinen Namen nicht - vielleicht erkennt ihn ja einer von euch und hilft mir damit auf die Sprünge.




    In Kirkjubæjarklaustur angekommen kümmerte ich mich wieder um die abzugebenen Lebenszeichen bei Freunde und Familie und um die Bilderauswertung des heutigen Tages. Ich musste mir die Bilder der Höhle unbedingt gleich wieder anschauen, denn ich war immernoch zu tiefst beeindruckt davon. Einige Stunden später war es dann auch mal Zeit wieder zur Ruhe zu kommen. Am nächsten Tag stand hauptsächlich Vík í Mýrdal auf meiner Tourplanung - der Wetterbericht sagte zwar Regen voraus, das war ich allerdings langsam gewohnt und machte mir nichts mehr draus.


    Fortsetzung folgt...

  • Macht richtig Spaß, Deine Berichte zu lesen. Dann noch die schönen Foto-Eindrücke dazu - vielen Dank!
    Die Eishöhle ist ja fantastisch. So eine Eishöhle fehlt mir bisher noch, aber vielleicht schaffe ich das ja auch noch mal irgendwann.
    VG Klaus

  • thx1 , dass du mich mit deiner schönen Reisebeschreibung immer wieder nach Island entführst und mit diesen tollen Fotos an deinen Erlebnissen teilhaben lässt!