Polarlichter im Juli?

    Zitat von Drottning

    Ehmm.. du weisst schon, wie die Erde im Sommer zur Sonne steht?!


    Ja ;)


    Stimmt ist ja südlich des Polarkreises, wiso ist mir das nich gleich aufgefallen :patsch:
    Naja ich denke Island wird auch ohne Polarlichter toll sein. In 3 1/2 Wochen gehts los :)
    Danke an alle, die mir geantwortet haben

    Zitat von ab98

    ....


    Ja das ist ja das seltsame, während im Norden von Island gar kein Sonnenuntergang ist, soll im Süden die Sonne bereits 3 Stunden nicht am Himmel sein.
    ....


    ich frage mich, woher Du Deine Zahlen nimmst.

    Hallo,


    ich bin der Entwickler des Dämmerungsrechners und ich glaube hier stehen einige Mißverständnisse im Raum :)
    Zwischen Tag und Nacht gibt es verschiedene Dämmerungsphasen. Hier mal das Beispiel einer "optimalen" Nacht (alle Phasen werden nach Sonnenuntergang durchlaufen):

    • bürgerliche Dämmerung/Blaue Stunde – Lesen im Freien möglich (Sonne bis 6 Grad unter mathematischem Horizont)
    • nautische Dämmerung – Horizont (Kimmlinie) noch erkennbar und schon einige Sterne sichtbar (Sonne bis 12 Grad unter H)
    • astronomische Dämmerung – bis zur maximalen Dunkelheit tiefer Nacht (Sonne bis 18 Grad unter H)
    • tiefe Nacht

    (nähere Details siehe Wikipedia Dämmerung – Wikipedia)


    Wenn der Dämmerungsrechner z.B. ausgibt, die Blaue Stunde ist den Rest der Nacht, dann könntest du quasi bei gutem Wetter die ganze Nacht draussen Lesen.
    Selbst wenn zwischen Ende und Beginn der Blauen Stunde in dieser Region als Beispiel 3 Stunden liegen sollten. Die Sonne ist meiner Erfahrung aus Nordschweden noch nicht weit genug unter dem sichtbaren Horizont und es ist einfach zu hell für Polarlichter.


    Durch den Neigungswinkel der Erde gilt auch, je weiter wir uns vom Äquator zu den Polen bewegen, desto größer werden die Unterschiede der Taglänge. Was heißt das? vereinfacht ausgedrückt sind am Äquator alle Tage des Jahres gleich lang, nämlich 12 Stunden. Die Sonne geht gefühlt viel schneller auf (bzw. unter) als du es aus Deutschland kennst. In Nordschweden dauert ein Sonnenauf- bzw. untergang gefühlt deutclich länger und die Unterschiede der Taglängen sind deutlichst spürbar. Hier hast du Tage im Sommer, wo die Sonne nicht untergeht und im Winter nicht den Horizont überschreitet.


    Daher gibt es unterschiedliche Zeiten für Sonnenauf- und Untergang zwischen Nord- und Südisland.


    Ausserdem können alle Angaben von Formeln für Sonnenauf-und untergänge immer nur Näherungswerte sein. Und sie werden "gefühlt" ungenauer, je weiter du nach Norden kommst. Das hat viele Ursachen, hier nur ein paar:

    • das Formelwerk basiert auf einem mathematischen Modell für die Erde und die Umlaufbahnen der Himmelskörper - dadurch ergibt sich eine Genauigkeit der ausgegebenen Zeiten am Äquator kleiner als +/- 1 Minute, auf dem 75. Breitengrad bis ca. +/- 10 Minuten
    • die tatsächliche Position der Sonne und die scheinbare (also von uns wahrgenommene) weichen voneinander ab. Diese Abweichung wird umso Größer, jet tiefer die Sonne steht (Stichwort Lichtbrechung bzw. Refraktion). Diese wird mit einem genormten Wert korrigiert, auch dieses basiert jedoch "nur" auf einem Modell
    • atmosphärische Beeinträchtigungen durch Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchte... werden mathematisch in meinem Dämmerungsrechner nicht vorhergesagt :) .

    Lange Rede kurzer Sinn, der Dämmerungsrechner funktioniert aus meiner Sicht genau so gut, wie mathematische Modelle funktionieren können - und ich programmieren :-). Diese Modelle werden jedoch nicht zu 100% die Realität widerspiegeln ;)


    Wenn Englisch für dich OK ist, kannst du auch gern für die Berechnung der Sonnenauf- und Untergangszeiten die Seite der "National Oceanic & Atmospheric Administration" (ESRL Global Monitoring Division - GRAD Group) verproben.


    Ich hoffe, ich konnte ein paar hilfreiche Einblicke geben. Ansonsten beantworte ich ab morgen dann wieder gern weitere Fragen.


    Beste Grüße,
    Jens

    Hallo ab98 , dann wünsche ich Dir eine tolle Zeit in Island , es wird Dir auch ohne Polarlichter gefallen :)

    Zitat von ab98

    Ja das ist ja das seltsame, während im Norden von Island gar kein Sonnenuntergang ist, soll im Süden die Sonne bereits 3 Stunden nicht am Himmel sein.
    Die Frage ist, ob das in der Realität auch so ist, was ich mir allerdings nicht vorstellen kann.

    Die Sonne scheint zur Mittsommer(mitter)nacht vom Norden her ganz flach über den Nordpol nach Island und schafft es nicht bis in den Süden von Island, da es zu weit vom Polarkreis weg ist.

    Hallo Jens,


    alles gut - ich denke, niemand der im Sommer mal im Norden war, zweifelt Deinen Dämmerungsrechner ernsthaft an. Und ab98, der dankenswerterweise den Link auf Deine Seite gesetzt hat (ich habe sowas schon lange gesucht und mir immer mit Stellarium geholfen), wird es in ein paar Wochen erleben. Ich denke erleben ist besser als alle graue Theorie. Wenn der Lehrer in der Schule das Kapitel in Erdkunde offensichtlich vergeigt hat und man selbst noch nicht da war (oder geschlafen hat), hmm, wie soll man das bewerten können?


    Aus eigenem Erleben finde ich schon den Tageslängenunterschied zwischen dem Frankfurter Raum und dem Hannoveraner Raum bemerkenswert (und, liebe Gebirgsbewohner im Süden: Das liegt nicht daran, daß man hier schon Montags sehen kann, wer Freitag zu Besuch kommt ;) ). Mein erstes persönliches Highlight war die Zeit um Sommersonnenwende in der Nähe von Kopenhagen, wo man gegen Mitternacht im blauen Leuchten des Himmels im Garten noch gut Zeitung lesen konnte, nur noch gesteigert, von einem eigenhändigen Foto des Sýstrafoss bei Kirkjubærklaústur gegen 23:00 ohne Stativ.


    Also, erleben ist besser als alle Theorie. Schau es Dir an, ab98 - und hab eine tolle Zeit auf Island. Jede Jahreszeit hat ihren Reiz, Sommer (aka Frühling) wie Winter, und auch die eine Woche Herbst bis der Wind kommt. Und wenn die Sonne ordentlich auf die Tube drückt und das Erdmagnetfeld günstig steht und Wolkenlücken am Himmel sind und es dunkel ist, dann sind auch die Polarlichter toll.


    Viele Grüße,


    Lars


    vom Dämmerungsrechner von JeKoPhoto :)


    JeKoPhoto : Vielen Dank für deine Erklärung, hast alle meine Unklarheiten beseitigt :) Das mit der nautischen und astronomischen Dämmerung habe ich nicht gewusst und jetzt auch gerade festgestellt, dass man das sich bei deinem Dämmerungsrechner auch anzeigen lassen kann. Der (hab meine Meinung von gestern geändert) ist übrigends ziemlich cool finde ich :) Jetzt erscheint mir alles viel logischer. Die angegebenen Daten stimmen jetzt nämlich überein mit den Erfahrungen der netten Leute hier.


    @ alle: thx1 islandwinke

    Ich klinke mich hier als Forums- und Islandneuling mal ein. Ich komme gerade von einer zweiwöchigen Islandreise zurück (13.8. - 27.8.) und wir hatten sogar zweimal das Glück Nordlichter mitzuerleben.


    Das erste mal war in der Nacht vom 18. auf den 19. August in Akureyri, das zweite mal vom 25. auf den 26. August. Wir waren auch sehr erstaunt, da wir wirklich nicht damit gerechnet hätten, aber so viel zum Thema im Sommer gibt es keine Polarlichter zu sehen. Im (Spät-)Sommer lohnt sich also wohl durchaus ein Blick in den sternenklaren Nachthimmel :) Wobei ich auch denke, dass die Chancen im Juli wohl doch eher schlecht stehen.


    Hab mal ein "Beweisbild" aus Akureyri (man sieht das Nordlicht sogar trotz Dämmerlicht) und zwei aus Vik angehängt, leider hatte ich nur eine digitale Kompaktkamera zur Verfügung, die das Phänomen trotzdem einigermaßen einfangen konnte.

    Zitat von Klaufi2

    Die Chancen stehen nicht schlecht, es ist 100% unmöglich im Juli Nordlichter zu sehen. Es ist zu hell.

    Das wollte ich mit diesem Satz implizieren, habs nur mangels Erfahrung etwas weniger drastisch ausgedrückt. Danke für die Klarstellung ;) Wollte mit meinem Beitrag nur dazu ermutigen, auch Mitte - Ende August (was ja denk ich mal zum isländischen Sommer zählt) mal das Köpfchen gen Nachthimmel zu erheben, weil ja oft gesagt wird, dass sie im Sommer niemals zu sehen sind :)

    Ende August geht das definitiv. Wir hatten aber auch Glück. Trotz Vorhersage waren die letzten beiden Nächte bewölkt und nichts zu sehen.


    Vergangenen Freitag, 27.08.2015, 15km nördlich von Selfoss, 23:12