Erinnerungen an Reise im Aug/Sep 2016

  • Clap Clap Clap ich hatte schon auf deine Fortsetzung gewartet...DANKE! daumenhoch

    Es freut mich, dass ich ein paar Erwartungen wecken konnte. Danke dafür.


    Es kommen noch wunderbare Tage und ein paar nicht so tolle ;)


    Bin mit den Fotos schon bei Tag 16 aber das Texten bereitet mir mehr mühen. Nach zwei Tagen nochmal drüber lesen und die Absätze werden zur hälfte umgestellt :patsch:


    Grüße
    Tadi

  • Dieser Beitrag befindet sich auch in meinem Reiseblog. Dort gibt es mehr Fotos als hier verlinkt. Der Text ist jedoch weitestgehend der selbe wie hier.


    Kapitel 2:

    Wasser, Licht und Farbe
    (Farben von monochrom bis grell und Wasser in allen Aggregatzuständen)


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    Die ersten 6 Reisetage waren eine Wucht. Das geniale Wetter in Landmannalaugar und die einmalige Landschaft hat einen sehr hohen Standard gesetzt. Insgesamt ist das Wetter bisher sehr gut gewesen. Einzig der Nachmittag am 4 Tag, als es wieder zurück an die Südküste (Vík) ging, war etwas enttäuschend. Obwohl das Wetter am Laki-Tag nicht das war, was man sich üblicherweise wünscht, hat die Wetterabwechslung entscheidend zu dem positiven Tageseindruck beigetragen.


    Die Temperaturen waren immer sehr angenehm und auch die Nächte nicht zu kalt. Bei positiven Nachttemperaturen (um 10°C) war es angenehm die Nordlichter zu fotografieren. Ich denke da an die Nächte mit -20°C und darunter, die ich extra zum Nordlichter fotografieren in Tromsø bzw. Nordfinnland verbracht habe.


    Auch die Reiseplanung hat sich als stabil heraus gestellt. In der Vorbereitung war es mir noch unklar, wie es ist, mit einem Camper Fahrzeug unterwegs zu sein. Wenn man bedenkt, dass ich noch nie auf Wegen, wie den F-Straßen Islands unterwegs war, haben diese ersten Tage des Urlaubs uns auch viele neue Erfahrungen sammeln lassen. Das trägt auch zu dem positiven Eindruck bei, den man von Island allgemein gewinnt. Es lohnt sich ganz praktisch, in diesem Land unterwegs zu sein.


    Ein paar geplante Tagesziele haben wir aber doch auslassen müssen. Das ist für uns O.K. gewesen, denn am Ende soll ja eine Insel-Rundfahrt mit Hochlandabstechern heraus kommen. Daher war es mir wichtiger die geplanten Übernachtungsorte zu erreichen, als alle auf dem Weg befindlichen Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Das ist jetzt vermeintlich ein Widerspruch zur Verwendung eines Campers, der mehr Flexibilität zulassen würde. Aber es hätte auch Unwägbarkeiten geben können und dann wäre eine Reise mit vor gebuchten Übernachtungsorten sofort in sich zusammen gefallen. Wir haben mit dem Laki-Tag auch eine lohnende Abweichung vom Reiseplan zugelassen. Allein dafür hat sich die Flexibilität des Campers schon gelohnt. Der Reiseplan sah vor, bestimmte Tage (und die zugehörigen Ziele) auszulassen, um wieder in den Plan zu kommen.


    Die bisherigen Eindrücke und Erlebnisse waren so einmalig und besonders, dass wir uns schon fast Sorgen machten, ob dieses Niveau in den kommenden Reisetagen aufrecht erhalten werden kann. Wir befürchteten, dass wir es nicht würdigen könnten, wenn es irgendwie nicht mehr so eindrucksvoll werden würde. In der Tat wird sich der Charakter der Erlebnisse und Eindrücke in den kommenden Tagesberichten etwas verändern, denn die Umstände und das Wetter haben einen Einfluss. Aber keine Angst, er war trotzdem überwiegend beeindruckend.


    Im zweiten Kapitel meines Reiseberichts werden wir durch den Südwesten, durch Teile des Ostens in den Norden Islands vordringen. Es geht dabei auch nochmal durch das Hochland und das Ziel ist der Mývatn. Der Titel „Wasser, Licht und Farbe“ soll darauf hinweisen, dass von jedem erstaunlich viel vorkommen wird.



    Grüße
    Tadi

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    Tag 7: 2. September 2016


    Überwältigung (Als die Gefühle Achterbahn fuhren)


    Wir waren platt. Die Aurora der letzten Nacht war überwältigend und der Morgen entsprechend verkatert obwohl kein Tropfen Alkohol im Spiel war. Frühstücken, zusammen räumen und los geht’s. Aber nicht mit unserem Benzinschluckspecht sondern fußbetrieben mal wieder Wandern. Wir sind ja erst gestern Abend im Skaftafell angekommen. Es steht noch die örtliche Besichtigung auf dem Reiseplan. Also geht es bergauf zum Haupt-Touri-Magnet in der Kategorie Wasserfall: dem Svartifoss.


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    Umrandet von schwarzen Basaltsäulen fällt im Spätsommer ein eher zartes Bächlein in einen von Touristen gesäumten Talkessel. Langes Warten ist für ambitionierte Fotografen angesagt, bis sich Absperrungen ignorierende selbst-ablichtende Schnepfen aus dem Bildbereich entfernt haben. In der Zwischenzeit verbringt man dann halt die Zeit damit, auch die hexagonalen Basaltsteine zu verewigen, die überall zwischen den Büschen herausragen. Für sich allein betrachtet ist der Svartifoss eine Perle, aber die (touristischen) Umstände verhinderten heute das Aufkommen eines erwarteten Island Momentes.


    Dafür ist der Rückweg zum Campingplatz wegen der Ausweitung der Blicke plötzlich interessant. Der Skaftafell ist von mit dem Eis des Vatnajökull bedeckten und leider in den Wolken steckenden Gipfeln umsäumt. Unten ist die gewaltige Weite des Skeiðarásandur zu sehen, durch die die Skeiðará mäandert. In der Ferne führt die Ringstraße 1 über eine lange Brücke.


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    Wir verlassen Skaftafell auf der Ringstraße 1 in Richtung Osten und biegen nur wenige hundert Meter weiter auf einen breiten aber gnadenlos mit Schlaglöchern verseuchten Abstecher zum Svínafellsjölull ein. Vor Ort dringen wir auf einem immer schlechter werdendem Pfad ins Gletschertal vor. Der Weg wird immer steiler und unbefestigter. Wir kehren um. Jedenfalls haben wir die erste isländische Gletscherlagune der Reise zu Gesicht bekommen. Im beige-milchigen Wasser schwimmen verschmutzte Eisbrocken. „So what?“ empfinden wir und gehen mit einem „iss so“ Eindruck von dannen.


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    Wir fahren weiter und kehren bei einer der nächsten Tankstellen im angeschlossenen Burger-Restaurant ein. Die Hamburger stellen sich – entgegen unserer Erwartung – als sehr liebevoll gemacht und super lecker heraus. Aus der ebenfalls vorhandenen Lebensmittelabteilung in der Tankstelle, nehmen wir aus Neugier zwei Becher Skyr mit, die erst mal im Camperkühlschrank verstaut werden.


    Wegen der schon wieder einmal etwas zu sehr fortgeschrittenen Tageszeit verzichte ich auf die Besichtigung des angeblich als Noch-Geheimtipp gehandelten Fjallsárlón. Als sich die Anzahl der Parkplatzabzweigungen entlang der Ringstraße häufen, erspähen wir hinter den Sanddünen weiße Eisspitzen. Trotzdem fahre ich weiter und überquere schon fast in Trance, ob der schon erspähten Anblicke, die einspurige Brücke über die Jökulsá. Das erfordert unheimliche Konzentration, den jeder scheint von der Einmaligkeit der sich hier öffnenden Landschaft in Bann gezogen zu sein. Wir parken auf dem Hauptparkplatz mit direktem Blick auf einen Eisberg. Wir stürzen aus dem Auto. Keine Fotoausrüstung, nichts nehmen wir mit. Ich denke zum Glück noch daran unsere „Ramme“ abzuschließen und stolpere am See entlang. Es ist surreal, es ist einmalig, es ist grandios. Ich habe nicht mit der emotionalen Wirkung dieses Ortes gerechnet und es treibt mir Tränen in die Augen. Aus diesem Grund zum ersten mal in meinem Leben.


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    Nur langsam legt sich dieses überwältigende Gefühl und ich beginne wieder die Menschen um mich wahrzunehmen und bemerke, dass die meisten am fotografieren sind. Also die Ausrüstung aus dem Auto holen und versuchen die Magie es Ortes einzufangen. Die Formen-Vielfalt des Eises ist verwirrend. Die Phantasie malt Eiszebras und Eisschwäne auf die Lagune. Langzeitbelichtungen, welche die Reflexionen auf dem Wasser besser sichtbar machen, sind schwierig, weil alles durch Wind und Strömungen in Bewegung ist und dauernd neue Szenerien generiert.


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    Durch den kürzesten Fluss Islands fließt das Wasser wegen der Flut in die Lagune und drückt das bereits davon getriebene Eis zurück gegen die viel größeren Eisblöcke. Die Strömung erzeugt eine Rotation und die lange Belichtung durch einen Graufilter macht die Dynamik des Eismahlwerks sichtbar.


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    Es ist ein faszinierender Anblick, man kommst aus dem Staunen über die Surrealität der Landschaft nicht heraus und die Gefühlswallungen halten an. Die Zeit schreitet voran und somit nähert sich auch die Sonne dem Horizont.


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    Es reicht nicht alle möglichen Farbtöne zwischen weiß, blau, türkis und graugrün in der Lagune zu haben. Der Himmel möchte dringend komplementäre Farben liefern und die dünne Wolkenschicht bietet der hinter dem Gletscher untergehenden Sonne die passende Leinwand. Zunächst werden nur ein paar Wolkenunterseiten orange ausgeleuchtet. Doch dann erglüht der Himmel über der Lagune in allen Farben zwischen gelb und dunkel rot.


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    Die Farbenpracht reflektiert sich im Wasser zwischen dem Eis und bringt die transparenten Eisblöcke zum leuchten und meine Gefühle zum kochen. Nie zuvor in meinem Leben stand ich gleich mehrmals mit Glückstränen in den Augen in einer bewundernswerten Landschaft. Diese gigantischen Emotionen hat bisher kein anderes Reiseziel in mir auslösen können. Island ich verfalle dir.


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    Wir stehen andächtig an der Lagune und genießen das Naturschauspiel bis die Dunkelheit überhand nimmt. Eigentlich wollen wir früh ins Bett, denn das hoffentlich nächste Highlight könnte der Sonnenaufgang am schwarzen Atlantikstrand nahe der Mündung der Jökulsá sein.


    Grüße
    Tadi

    Meine Island-Erlebnisse gibt es unter snæfell.de

    3 Mal editiert, zuletzt von tadi () aus folgendem Grund: Reisetag und Datum angegeben, Links im "Header" gefixed. 21.08.2022: Originale Links zu den Bildern wieder hergestellt, die vermutlich durch Forensoftware-Konvertierungen zerstört wurden.

  • Wir parken auf dem Hauptparkplatz mit direktem Blick auf einen Eisberg. Wir stürzen aus dem Auto. Keine Fotoausrüstung, nichts nehmen wir mit. Ich denke zum Glück noch daran unsere „Ramme“ abzuschließen und stolpere am See entlang. Es ist surreal, es ist einmalig, es ist grandios. Ich habe nicht mit der emotionalen Wirkung dieses Ortes gerechnet und es treibt mir Tränen in die Augen. Aus diesem Grund zum ersten mal in meinem Leben.

    Danke, dass ich diesen selbst erlebten Moment hier noch einmal nachempfinden darf...Man kann es so schwer beschreiben, aber ich glaube, wer es erlebt hat, nach genauso nachfühlen wie ich gerade dankeschoen1

    Die Farbenpracht reflektiert sich im Wasser zwischen dem Eis und bringt die transparenten Eisblöcke zum leuchten und meine Gefühle zum kochen. Nie zuvor in meinem Leben stand ich gleich mehrmals mit Glückstränen in den Augen in einer bewundernswerten Landschaft. Diese gigantischen Emotionen hat bisher kein anderes Reiseziel in mir auslösen können. Island ich verfalle dir

    Wunderschön...ich schwelge in Erinnerungen... thx1


  • Wunderschön...ich schwelge in Erinnerungen... thx1


    Wahnsinn, das Bild Eisberge mit Sonnenuntergang würde ich mir gerne ins Wohnzimmer hängen das ist einfach Mega!!!!!!!!!!!!!
    Ich hab doch glatt eine Gänsehaut bekommen beim lesen und bei deinen tollen Bildern.
    thx1 thx1 thx1

    Danke!
    Und ich gebe zu, es hat mich auch wieder dazu gebracht, die Erinnerung an diese gefühlvollen Momente mit einer vergossenen Träne zu würdigen. Und es tat sehr gut. thx1


    Grüße
    Tadi

  • Wirklich schöner Bericht. Bekomme direkt Fernweh :)


    Wir hatten ähnliches Wetter am Abend am Jökulsarlon und ähnliche Gefühle bezüglich der Wahrnehmung. Leider ist an einem Abend dann auch irgendwann die Sonne weg und man muss leider wieder fahren. Das wann schon ein bisschen schade, jedoch wären wir sonst auch nicht in den Genuss des Sonnenuntergangs gekommen.

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    Tag 8: 3. September 2016


    Umsturz (Von grandios nach deprimierend)


    Wir sind natürlich nicht früh ins Bett. Nach dem grandiosen Sonnenuntergang wurden die Wolken am Himmel weniger und jeder dritte Handgriff beim Abendessen war der Blick aus dem Camper, ob schon etwas am Himmel zu sehen ist. Und so kam es, wie es kommen musste. Ein leichtes grünliches Glühen erspäht und wir standen mit den Stativen am Ufer der Gletscherlagune.


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    Kurzzeitiges Aufflackern von ein paar Nordlichtern war erkennbar, aber eine mit der gestrigen Nacht vergleichbare Show stellte sich einfach nicht ein. Dabei hätte sie vor der Kulisse des Jökulsárlón so wahnsinnig gut gepasst. Anfangs ein paar etwas hellere Streifen, aber sonst nur ein leichtes grünliches glimmen auf niedrigem Niveau. Trotzdem wollte man die Hoffnung nicht aufgeben. Die in den Bildern aufkommende Langeweile, versuchte man zu kompensieren, indem mit Hilfe von Stirn- und Taschenlampen die Eisschollen beleuchtet wurden.


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    Allerdings verlor ich dann doch die Geduld und begab mich ins Bett. Schließlich war fest eingeplant noch vor dem Sonnenaufgang (um ca. 5:45 Uhr) wieder am Eisbrockenstrand in der Nähe der Jökulsá-Mündung die hoffentlich besondere Lichtstimmung einzufangen. Tapfer die Grausamkeit ertragend, nach nur drei Stunden Schlaf aufzustehen, schleppte ich mich samt Fotoausrüstung und Stativ an den Strand. Leider waren ein dutzend nervender Japaner auf die gleiche Idee gekommen. Obwohl ich gleich einen gebührenden Abstand zwischen mich und die anderen Anwesenden gebracht hatte, muss wohl meine Motiv-Auswahl die „bessere“ gewesen sein, denn keine 5 Minuten später war ich umstellt.


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    Die Wellen des Atlantik spülen, die in den Ozean abgetriebenen Eisberge zerkleinert zurück auf den Strand. Die glühen dann förmlich, im warmen Licht der aufgehenden und tief stehenden Sonne. Es ist wieder einer dieser Island Momente, die jede in Kauf genommene Anstrengung vergessen lassen.


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    Doch mit zunehmend aufsteigender Sonne werden die Farben blasser. Einzig die immer mal wieder überraschend weit auf den Strand brandenden Wellen verleihen dem ganzen einen Nervenkitzel. Die dabei real existierenden Gefahren durch die Strömung sind mir bewusst und mein Handeln richtete sich auch danach.


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    Als das morgendliche Licht vorbei war, begebe ich mich zurück zum Parkplatz bei der Lagune und wecke unseren Langschläfer Michi. Wir testen als Frühstück zum ersten mal den gestern gekauften Skyr und sind sofort begeistert. So ein 500gr Becher macht zwei erwachsene Menschen satt und ist super lecker. Kurz darauf findet die noch kurzfristig gebuchte Amphibien-Bootsfahrt auf dem Jökulsárlón statt. Man kommt zwar etwas näher an einige der Eisberge heran, aber ich werde das Gefühl nicht los, dass die Gier der Veranstalter größer als die Gegenleistung ist.


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    Das Eis welches sich am Abfluss der Lagune versammelt hat, bietet heute einen vollständig anderen Anblick als gestern. Zudem scheint die Sonne und sorgt für stärkere Kontraste als gestern Nachmittag. Folglich wird wieder fotografiert und fotografiert, aber mich beginnt das zu langweilen, denn die gerade entstehenden Bilder können nicht mit jenen während des Sonnenaufgangs mithalten. Vermutlich ist auch die Tatsache, dass ich unausgeschlafen bin, mit Schuld an meiner Kreativlosigkeit.


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    Eigentlich wollte ich nach dem Frühstück dem Reiseplan folgen, aber Michi will unbedingt auch den Eisstrand besuchen. Ich bin erstaunt wie schnell sich die Szenerie dort durch Ebbe und Flut verändern kann.


    Lagen zum Sonnenaufgang bei Flut vorwiegend kleine Eisbrocken herum, waren jetzt bei Ebbe die Eisberge so groß, dass die vielen Touristen wie in einem Labyrinth Verstecken spielen konnten. Zudem fühlte ich mich wie auf dem Rummelplatz, so viele Menschen bewunderten den wahrlich ungewöhnlichen Strand. Doch in Erinnerung an den Anblick bei Sonnenaufgang gebe ich auf und verziehe mich müde in unsere „Ramme“ und versuche ein Nickerchen zu halten. Das gelingt mir leider nur unzureichend, trotzdem vergehen so gefühlt ein paar Stunden, die meine Freunde am Eisstrand für ihre Fotos verbrauchen.


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    Es geht weiter auf der Ringstraße nach Osten. Den geplanten Abstecher auf die F985 verschieben wir auf eine zukünftige Islandreise und fahren bis Höfn durch. Dort erledigen wir (es ist ja Samstag) noch schnell eine Proviant Nachrüstung (vor allem viele unterschiedliche Sorten Skyr). Da wir die letzten beiden Übernachtungen ohne zu Duschen hinter uns brachten, beschließen wir das im Reiseführer als besonders modern und schön angepriesene Höfner Bad zu besuchen. Wir erleben erneut eine für Island typische Eigenart, als wir den erstaunlich günstigen Eintrittspreis bezahlen und über die – für uns selbstverständliche – Duschpflicht vor betreten der Badebecken aufgeklärt werden. Im Freibad selber begeben wir uns in die warmen Becken und liegen beinahe einschlafend im wohlig warmen Wasser und lassen die Seele baumeln. Es fällt uns schwer das Bad zu verlassen, aber wir werden vom Personal dazu aufgefordert, weil es in den verdienten Feierabend gehen will.


    Eigentlich wollten wir am Campingplatz von Höfn übernachten. Doch der Wetterbericht für morgen sah grauenvoll aus. Und das nächste Ziel würde erneut frühes Aufstehen zum Sonnenaufgang erfordern. Zudem haben wir Berichte gelesen, dass der Zugang nach Stokksnes nicht kostenlos ist. Um eigene Gewissheit zu erlangen und mögliche Probleme lösen zu können, beschließen wir hin zu fahren. Immerhin scheint noch die Sonne, was die Chance auf einen Sonnenuntergang eröffnet. Auf dem Weg dahin sehen wir, wie die Wolken im warmen Abendlicht durch das Skarðsdalur auf die Südwestseite der Bergkette gedrückt werden.


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    Kurz bevor die Ringstraße nach Osten in den Tunnel führt, zweigt ein Schotterweg rechts ab. Wir erreichen eine Schranke und eine Kneipe. Und stehen jedoch vor verschlossener Tür und dem Hinweisschild, dass die Zufahrt nach Stokksnes 1000 ISK pro Person kostet. Nur mit dem Bezahlen ist es etwas schwierig. Ein Automat, der das ermöglichen würde ist zwar vorhanden, funktioniert aber nicht. Offensichtlich funktioniert aber eine von uns nicht bemerkte Überwachungskamera, denn keine drei Minuten später steht der Grundbesitzer neben uns.


    Über den etwa einen Kilometer langen Damm durch die Lagune erreichen wir einen Parkplatz kurz vor dem Tor zum Sperrgebiet bei den schwarzen „Büscheldünen“. Die bedrohlichen Wolken ziehen mittlerweile schon vor die erhabene Bergkette und die Sonne ist leider schon untergegangen. Der Wind weht auch schon ziemlich stark und immer mehr Wolken ziehen von Osten vor die Berggipfel. Schnell versuchen wir noch ein paar Fotos zu erhalten, die wegen dem wenigen Restlicht in der Dämmerung jetzt ein Stativ benötigen. Die Szenerie erfordert wieder mein Superweitwinkel-Objektiv. Es gelingen mir ein paar Bilder, aber nichts was mir Entzücken bereiten würde. Da das Licht immer schlechter wird, kehre ich zum Auto zurück und stelle das Stativ mit Kamera und Objektiv ab. Ich entferne mich kurz vom Auto um einen anderes Blickfeld für das Motiv zu erkunden, als es hinter mir ein heftigen Schlag lässt. Die Kamera samt Objektiv und Stativ liegt wieder vom Wind um-geweht auf dem Boden. Ich befürchte eine Katastrophe und bin froh, dass das Kameradisplay noch ganz ist und keinen einzigen Kratzer abbekommen hat. Der Stativ-Befestigungsknopf hat verhindert, dass das Kameragehäuse direkt auf die herumliegenden kantigen Steine aufgeschlagen hat. Ich will erleichtert aufatmen, als ich feststelle, dass das Objektiv leicht schräg von der Kamera weg hängt. Eine innere Befestigung muss gebrochen sein und nur der Fokusring hält zwei „Hälften“ der Linse noch irgendwie zusammen. Ein kurzer Funktionstest offenbart, dass kein scharfes Foto mehr zu erzielen ist. Aber immerhin das Kameragehäuse funktioniert noch. Es ist das selbe Objektiv, welches schon ein paar Tage vorher beim Fagrifoss einer unsanften Behandlung unterzogen wurde. Dabei ist es gefühlt die wichtigste Linse für diese Reise. Für den Stokksnes-Blick ist es ein Muss.


    Ich bin schlagartig deprimiert und will nur noch meine Ruhe und ins Bett. Die Müdigkeit hat mich unvorsichtig werden lassen, denn jetzt fällt mir wieder ein, dass die Stativ-Beine wegen der Dünen unterschiedlich weit ausgezogen waren und dadurch auf dem nun ebenen Untergrund der Schwerpunkt nicht mehr in der Mitte lag. Ich wollte jetzt einfach nur die Zeit zurück drehen um das Missgeschick ungeschehen zu machen und hatte innerlich aufgegeben.


    Selbst Nordlichter waren mir egal. Irgendwie passend zum Wetter verschlechterte sich meine Urlaubsstimmung. Bisher war alles grandios, jetzt war ich plötzlich wie am Boden zerstört. Es hätte ein weiterer Island Moment werden können, doch jetzt schmerzen die Umstände mehr, als die Insel für Versöhnung sorgen könnte. Erst zu hause in entdecke ich, dass ein einziges Bild von Stokksnes doch noch präsentabel ist.


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    Grüße
    Tadi

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    3 Mal editiert, zuletzt von tadi () aus folgendem Grund: Reisetag und Datum angegeben 21.08.2022: Originallinks zu den Bildern wiederhergestellt.

  • Hallo


    Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole die Bilder sind einfach nur Mega, Mega, Mega toll!!!!!!!!!!!!!!!!

    Vielen Dank für das Lob. Es gibt mir viel, wenn ich erfahre, dass es gefällt.


    Das mit deiner Kamera tut mir leid.

    Die Kamera hatte Gott sei Dank nichts ab bekommen. D.h. der Bericht wird noch weiter gehen... :D


    Mit etwas Abstand betrachtet, war es "nur" eins von mehreren Objektiven, die ich dabei hatte, wenn auch das für die Landschaftsfotografie wichtigste. Die nächsten Urlaubstage, gab es Momente wo es mir gefehlt hatte. Aber meine Stimmung besserte sich trotzdem schnell wieder. Der Abend an dem es geschah, war aber gelaufen.


    Und mittlerweile ist es auch für weniger als der Ersatzkauf gekostet hätte vom Hersteller repariert worden. Also alles wieder bestens.


    Grüße
    Tadi

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    Tag 9: 4. September 2016


    Unbesichtigt (Vor Ort und trotzdem nichts gesehen)


    In der Nacht zum Sonntag setzte der Regen ein. Insofern gab es auch keinen Grund mehr zu hoffen, dass im Morgenlicht die Flanken des Vestrahorns ein grandioses Motiv darstellen würden. Das tröstet nur wenig über den gestrigen Verlust des Weitwinkel-Objektivs hinweg. Überlegungen irgendwie kurzfristig Ersatz zu bekommen, würden teure Kurierdienste oder über 900 km Fahrt (nach Reykjavík und zurück) bedeuten. Zudem ist der Preis auf der Internetseite eines Shops in Reykjavík ungefähr doppelt so teuer, als wenn es in Deutschland gekauft werden würde.


    Also beschließen wir nach einem ausführlichem Frühstück unsere geplante Reisetour fortzuführen. Das Ziel ist Egilsstaðir und der Weg dahin soll durch die südlicheren Ostfjorde und den Öxi Pass führen. Doch heute ist wieder so ein Tag, an dem man am besten nicht aus dem Haus geht. Die gesamte Strecke entlang der Ringstraße bis in die Nähe von Djúpivogur regnet es unablässig.


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    Entlang der Südküste des Berufjörður ins Landesinnere ist die Wolkendecke etwas strukturierter und es gibt die Hoffnung am Öxi doch noch etwas die Landschaft genießen zu können. Dort angekommen ist es zwar trocken aber die Bergspitzen hängen trotzdem in den Wolken und die Licht-Stimmung ist eher flach.


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    Den Wasserfall der Berufjarðará hatten wir als mögliches Fotomotiv in der Reiseplanung. Doch bei den vorherrschenden Lichtverhältnissen gelingen mir nur mittelmäßige Bilder. Und das obwohl wir eine kleine Wanderung vom Parkplatz zur Oberkante des Wasserfalls unternommen haben. Doch Michis letztes Foto des Motivs wird doch noch etwas.


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    Als Michi – wieder in der Nähe des Autos – letzte Fotos macht, sieht man wie der Regen den Fjord hochzieht und uns auch bald wieder einholt.


    Trotzdem folgen wir der Passstraße bis zum erneuten Eintreffen auf der Ringstraße 1. Doch entgegen der Abkürzungsmöglichkeit, welche die Öxipassstraße bietet, fahren wir auf der hier nicht asphaltierten Ringstraße 1 wieder bergab Richtung Breiðalsvík. Doch das Wetter ist gnadenlos und es regnet und regnet. Nichts was zu Fotostopps animieren würde. Und so folgen wir der Straße 96 entlang der grauen Küste bis sie selbst durch den Tunnel in den Reyðarfjörður die Weg-Strecke verkürzt.


    So sind wir froh als wir in Egilsstaðir ankommen und es trocken ist. Im Verlauf der 92 durch das Fagridalur und Eyvindarádalur hörte auch der Regen auf und man erblickte das gelbliche Leuchten eines Sonnenuntergangs Richtung Westen. Der Wetterbericht macht aber keine großen Hoffnungen für den morgigen Tag. Statt selber Abendessen zu zubereiten begnügen wir uns mit Tankstellenpizza gefolgt von (selbst gekauftem) Skyr als Dessert.


    So geht ein deprimierender Reisetag zu Ende und die Ostfjorde bleiben ein nicht besichtigtes Ziel, obwohl wir dort waren. Der Campingplatz in Egilsstaðir ist schon im Nachsaison-Modus: Campen und Duschen erlaubt, Geld einfach einwerfen. Also stellen wir die "Ramme" ab und verkriechen uns möglichst schnell ins Bett um diesen Tag zu verdrängen.


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    Grüße
    Tadi

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    3 Mal editiert, zuletzt von tadi () aus folgendem Grund: Reisetag und Datum angegeben. 21.08.2022: Originallinks zu den Bildern wiederhergestellt.

  • Ich kanns nur immer wieder schreiben: Ich bewundere deine Fotos!
    Der verpatzte Urlaubstag tut mir leid für dich, aber auch für mich. Ich fahre nächsten Monat in die Ostfjorde, die ich auch nur vom Durchfahren kenne.
    Jetzt hatte ich mich schon so lange auf deinen Reisebericht aus der Gegend gefreut und auf neue Tipps und Sehenswürdigkeiten gelauert.
    Aber deine tollen Bilder steigern trotzdem die Vorfreude. Danke dafür!

  • Hallo Elke

    Ich kanns nur immer wieder schreiben: Ich bewundere deine Fotos!

    dankeschoen1 Es ist eine riesige Motiviation, solchen Feedback zu erhalten.

    Der verpatzte Urlaubstag tut mir leid für dich, aber auch für mich. Ich fahre nächsten Monat in die Ostfjorde, die ich auch nur vom Durchfahren kenne.
    Jetzt hatte ich mich schon so lange auf deinen Reisebericht aus der Gegend gefreut und auf neue Tipps und Sehenswürdigkeiten gelauert.
    Aber deine tollen Bilder steigern trotzdem die Vorfreude. Danke dafür!

    In einem anderen Thread hier, versuche ich Argumente für entweder die Ost- oder Westseite zu "finden", denn unsere Island-Sucht hat uns für Ende April die schon dritte Reise in nicht mal 1,5 Jahren aufgenötigt wikinger3


    Meine Motivation für die Ostfjorde und den Nordosten liegt genau in der Beschreibung dieses Tages begründet. Irgendwie zu wenig gesehen und der Wunsch das unbedingt nachholen zu wollen.


    Wann wirst Du dort sein?


    Grüße
    Tadi

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    Tag 10: 5. September 2016


    Hoher Fall (Von oben herab fallendes Wasser)


    Eigentlich wäre der heutige Tag im ursprünglichen Reiseplan ein Reservetag gewesen. Aber wegen des zusätzlichen Tages für die unvergessliche Laki Besichtigung, müsste der Abstecher nach Seyðisfjörður gestrichen werden. Doch wir hadern immer noch mit dem Wetterbericht. Es scheint, dass eine größere Schlechtwetterperiode sich über dem östlichen Island breit machen will. Wenn wir den Reiseplan weiter verfolgen, landen wir in durchwachsenem bis schlechten Wetter, wenn wir statt dessen heute doch nach Seyðisfjörður fahren hätten wir vermutlich einen akzeptablen Tag aber dann wird uns das schlechte Wetter die nächsten zwei Tage gewiss sein, wenn man sich auf den bisher recht zuverlässigen isländischen Wetterbericht verlässt. Eine schwere Entscheidung die dann doch zugunsten der Weiterreise gemäß Reiseplan ausfällt.


    Durch das planen, abwägen, mögliche alternative Reiseziele prüfen vergeht viel Zeit, wodurch wir erst gegen 11 Uhr aufbrechen und im gerade öffnenden Bonus Supermarkt von Egilsstaðir landen. Das ist zwar praktisch zum Vorräte zu komplettieren, aber kostet zusätzlich wertvolle Reisezeit. Den Luxus, dass die Supermärkte bis spät Abends geöffnet sind, scheint es nur im Süden und im Raum Reykjavík zu geben.


    Also geht es in – aus Sicht unser gegen den Uhrzeiger geplanten Islandumrundung – „falscher“ Richtung auf der Ringstraße 1 nach Südwesten bis wir auf der 931 entlang des milchig trüben Lögurinn Sees das Fljótsdalur aufwärts fahren. Der für das bisherige Island untypische Wald versperrt aber oft die Sicht auf den See. Nach der Überquerung der Jökulsá i Fljótsdal befindet sich wenige hundert Meter im Tal weiter aufwärts der Parkplatz für den ersten Besichtigungspunkt des Tages. Doch dazu musste noch ein ca. 2 km langer Wanderweg bergauf zurück gelegt werden. Der bot aber auch die Möglichkeit einen Blick zurück auf den Anreiseweg zu werfen und ein paar tolle Blicke auf die wechselhafte Wettersituation. Bisher war es jedoch noch trocken.


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    Oben erreicht man den Talkessel, des (früher dritt aber mittlerweile) viert höchsten Wasserfalls in Island, den Hengifoss. Der fällt über eine Felsklippe, welche die unterschiedlichen Gesteinsschichten der geologischen Entstehungshistorie des Isländischen Festlands sichtbar werden lässt, ca. 118 Meter in die Tiefe. Die unterschiedlich gefärbten Schichten bilden einen schönen Kontrast zum herab fallenden Wasser.


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    Am Ausgang des U-Förmigen Talkessels liegen verwitterte Felsbrocken wie überdimensionierte Schoko-Splitter in der Bergflanke.


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    Hang abwärts wandernd kann man das von der Jökulsá und ihren mäandernden Nebenarmen durchflutete Flötsdalur bewundern und noch einen Abschiedsblick auf den Hengifoss werfen.


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    Doch noch hat die Hengifossá nicht den letzten Fall überwunden bevor sie in den See mündet. Sie hat sich ihr Flussbett durch besonders hohe Basaltsäulen gegraben und fällt umsäumt von diesen beim Litlanesfoss ein weiteres mal einige Meter in die Tiefe.


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    Während wir versuchen die Basaltsäulen und den Wasserfall optisch einzufangen, fällt plötzlich wieder Wasser vom Himmel. Der Regen hat uns wieder erreicht. Also wird es höchste Zeit ihm wieder ein Stückchen davon zu fahren. So brechen wir auf und biegen nach knapp einem Kilometer auf die Austurleið (910) ein.


    Die schwingt sich in acht Kehren den selben Berg hoch, den wir beim Hengifoss noch zu Fuß erklommen haben und führt uns gefühlt 10 Meter über die Wolkenunterkante in den Nebel. Erst nach ein paar Kilometern weiter südwestlich steigt die Wolkenbasis (oder das Gelände fällt etwas ab) so das wir ungefähr 10 Meter unter der Wolkendecke durchfahren. Die unmittelbar umgebende im fahlen Wolkenlicht braun grünliche Heidelandschaft ist zwar sichtbar, darüber hinaus verschwindet alles im Nebel. Immerhin erreichen wir den Kárahnjúkar Stausee bei trockenem Wetter und besserer Sicht. Doch nun wehte der Wind ziemlich gewaltig.


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    Wie wir einer Infotafel in der Nähe des Hauptdamms entnehmen, erreicht der Stausee bis August/September seinen höchsten Füllstand. Das überflüssige Wasser überfließt dann die Überfluss-Anlage und schießt über eine Betonrinne mit einem Affenzahn zum Rand der eindrucksvollen Schlucht der Jökusá á Brú. Das Wasser stürzt als gewaltiger vom Menschenhand geschaffener Wasserfall in die Schlucht.


    Weil er aber nur dann sichtbar ist, wenn Wasser im Überfluss vorhanden ist, heißt er Hverfandi (der Verschwindende).


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    Während dessen holte uns der Regen auch hier wieder ein und mir gelingt noch ein Foto von der herbstlichen Färbung dieser Pflanze.


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    An einem anderen Tag als dem heutigen wäre die nun folgende Fahrt entlang der F910 zunächst nach Norden und später dann nach Osten wahrscheinlich ein landschaftliches Highlight voller Island-Momente geworden. Aber die einheimischen Wetter-Trolle gönnten uns nur eine Andeutung von dem was zu sehen gewesen wäre: einen schmalen Streifen zwischen Horizont und tief hängender Wolkendecke.


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    So verläuft die Fahrt dann über die F905 nach Norden auf die 901 einmündend bis nach Möðrudalur vorwiegend im Regen. Dort angekommen verkrochen wir uns nach einem Camper üblichen Abendessen als bald müde ins Bett.


    Grüße
    Tadi

  • Hallo


    Ich kündige mal an, dass es hier bald auch weiter gehen wird. Die Berichts-Pause ist wegen der Island-Reise von Ende April bis Mitte Mai und den vielen neuen Eindrücken daraus entstanden. Doch bevor es Infos von der letzten Reise gibt, will ich die vorletzte noch kompetieren.


    Grüße

    Tadi

  • Dieser Beitrag befindet sich auch in meinem Reiseblog. Dort gibt es mehr Fotos als hier verlinkt. Der Text ist jedoch weitestgehend der selbe wie hier.


    Tag 11: 6. September 2016


    Großer Fall (Sepia Farbtöne bei Europas Größtem)


    Als wir wach werden regnet es nicht, doch eine wesentliche Verbesserung der Sichtverhältnisse scheint sich nicht eingestellt zu haben. Also begeben wir uns ins Fjallakaffi und nehmen das dort angebotene Frühstück zu uns. Eine willkommene Abwechslung vom Camping-einerlei, welches – seit wir Skyr lieben gelernt hatten – oft durch den Verzehr eines halben bis ganzen Bechers davon bestand. Im Kaffi können wir uns an einem reich gedeckten Buffet bedienen und sitzen bequem an einem vernünftigen Tisch. Da es draußen leider immer noch trüb ist, sind wir auch nicht wirklich motiviert schnell aufzubrechen. Dadurch dauert es länger bis wir entscheiden, uns ein wenig in Möðrudalur um zu sehen.


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    Möðrudalur ist im wesentlichen ein alter Hof mit kleiner Kirche, einem Campingplatz, einem Kaffe/Restaurant und einer historisch anmutenden Tankstelle, malerisch in einer grünen Oase der sonst schwarz-grauen Landschaft gelegen. Die innen normal ausgebauten Häuser wurden außen im traditionellen isländischen Baustil mit aufgestapeltem Torf/Lehm und grün bewachsen, gestaltet. Nur um einmal zu erleben, wie früher getankt wurde, beziehen wir auch etwas Benzin zum „IstWasBesonders“ Preis.


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    Inzwischen lässt sich die Sonne für ein paar Momente blicken. Wir nehmen das als Zeichen für den Aufbruch und fahren auf der 901 nach Norden, biegen an der Ringstraße 1 nach Osten ein und erreichen das erste Ziel kurz danach. Es handelt sich nur um einen Parkplatz, der den Blick nach Westen über die Möðrudalsöræfi – Möðru Tal Einöde – bietet.


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    Als uns wieder ein Regenschauer erreicht, starten wir nun gemäß der geplanten Route nach Westen und fahren die Ringstraße 1 entlang, bis wir nicht weit vor der Brücke über die Jökulsá á Fjöllum in die 864 einbiegen. In der Zwischenzeit ist aus den vereinzelten Regenschauern dauerbewölkter grauer Himmel geworden und die Sonne scheint sich nicht mehr zeigen zu wollen. Wir erreichen den Dettifoss von der Ostseite und sind von der gewaltigen Kraft, welche die Natur hier zur Schau stellt, natürlich tief beeindruckt. Trotz fehlender Sonne lässt sich der berühmte Wasserfall gut in Szene setzen. Das Grau des Himmels verstärkt noch die Dramatik der Szenerie.


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    Mein Reiseplan sah vor, den Dettifoss auf jeden Fall von der Ostseite zu besuchen, denn nur von hier aus kann man an die atemberaubende Stelle vordringen, die auch im Film Prometheus in der Anfangssequenz verwendet wurde. Und ich bin froh, dass die Sicherheitsfanatiker hier noch nicht mit Absperrseilen die Landschaft verschandelt haben.


    Wie das Wasser fließen auch die Minuten dahin. Die Wogen des über den felsigen Untergrund auf die Bruchkante zufließenden Flusses haben eine hypnotisierende Wirkung und trotz des miesen Wetters fühlt man wieder diese innere Befreiung und genießt das Glück diesen wunderschönen Ort mit den eigenen Sinnen und der Kamera erfassen zu können.


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    Aber in Island ist natürlich ein beeindruckender Wasserfall nicht genug. Nur dreihundert Meter flussaufwärts muss sich der Gletscherfluss vom Berge abermals von einer Klippe stürzen. Hier in eine U-förmige Schlucht, was dazu führt, dass der Fluss in vielen kleinen Wasserfällen die Höhendifferenz überwindet.


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    Während wir noch den Selfoss bestaunen und fotografisch zu erfassen versuchen, setzt leider endgültig ein unangenehmer Regen ein. Das veranlasst uns entgegen der Reiseplanung auf den dritten Wasserfall in der Nähe – den Hafragilsfoss – zu verzichten. Im Regen fahren wir die 864 wieder nach Süden und überqueren die Jökulsá á Fjöllum über die Brücke der Ringstraße 1 und fahren weiter Richtung Mývatn. Obwohl die Strecke bis zum Námafjall nur ca. 30 KM lang ist, verlassen wir jubelnd das Regengebiet und sehen am Horizont schon das warme Licht der tief stehenden Sonne zwischen den Wolken. Weil das Hochtemperaturgebiet Hverarönd am Fuße des Námafjall im Schatten des Berges liegt, verzichten wir auf eine Besichtigung heute und überqueren die Bergkette. Auf der anderen Seite blicken wir ins Tal des Mývatn während die untergehende Sonne die Landschaft durch die Wolkenlücken in goldenes Licht taucht.


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    Der strategisch gut gelegte Parkplatz ist ein toller Aussichtspunkt. Ohne größere Anstrengungen bietet einem Island wieder einen dieser magischen Momente, wenn man auf die durch den Vulkanismus dampfende Landschaft schaut. Und der Zeitpunkt kurz vor Sonnenuntergang lässt die Dampfsäulen hell leuchten, was jedes Fotografenherz höher schlagen lässt, obwohl es technisch eine Herausforderung sein kann. Ein zweites mal an diesem Tag steht man staunend, innerlich zufrieden und glücklich da und wünscht sich, dass die Zeit stehen bleibt.


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    Aus Angst vor zu vielen Mücken entscheiden wir den Campingplatz Hlíð, welcher an der Zufahrt zum Flughafen von Reykjahlíð gelegen ist, zu nehmen. Der Tag endet mit einem „leckerem“ Dosen-Köttbular mit Kochbeutelreis Abendessen und guten Wetteraussichten für den kommenden Tag.



    Grüße

    Tadi

  • Dieser Beitrag befindet sich auch in meinem Reiseblog. Dort gibt es mehr Fotos als hier verlinkt. Der Text ist jedoch weitestgehend der selbe wie hier.


    Tag 12: 7. September 2016


    Farbenfreude (Buntes wohin das Auge sieht)


    Wenn es nach unserem Reiseplan gegangen wäre, dann wären wir am Campingplatz von Husavík aufgestanden und wir hätten die Entscheidung fällen müssen, ob wir Wale beobachten oder den zweiten Besuch des Dettifoss (von der anderen) Seite in Angriff nehmen. Aber das gestrige schlechte Wetter hat uns davon abgehalten, vom Dettifoss aus, weiter nach Norden zu fahren. Also beginnen wir den heutigen Tag bei sonnigen Wetter auf einem Hügel mit einem wundervollen Blick über den Campingplatz am Lavafeld und Reykjahlíð im Vordergrund und dem Mývatn im Hintergrund.



    Inzwischen ist die Camper bedingte Morgenprozedur halbwegs eingespielt und wir kommen zügig voran. Als erstes steuern wir unsere Ramme wieder ein Stück zurück nach Osten über den Námafjall um das gestern ausgelassene Hochtemperaturgebiet Hverarönd zu erreichen.


    An sonnigen Tagen ist das Licht Vormittags bestens geeignet die bunten Farben des blubbernden und dampfenden Bodens intensiv hervortreten zu lassen.



    Natürlich sind wir nicht die Einzigen hier, denn so eine Attraktion – verkehrsgünstig an der Ringstraße gelegen – sorgt dafür, dass die Touristen mit den größten möglichen Bussen herbeigeschafft werden. Damit die Menschen den Bus-Fußboden bei ihrer Rückkehr nicht verschmutzen, werden sie mit Plastiktüten-Schuh-Überziehern ausgestattet, was zu peinlich berührten bis zu derben Witze reißenden Kommentaren der Betroffenen führt. Wenn mal wieder eine Bushorde an einem Vorbei zieht (an den Schuhüberziehern leicht auszumachen) muss man warten bis die meisten Menschen den gewünschten Bildausschnitt nicht mehr unnötig stören. Dadurch bekommt das selbst gewählte Individual-Reise-Feeling so seine Risse.



    Aber auch in dem Boden hat es Risse, Furchen und Löcher, aus denen es mal dumpf gluckernd und Blasen werfend brodelt oder heiß zischenden Dampf heraus presst. Geruchs-empfindliche Nasen haben einen schwere Prüfung vor sich, denn der faule Eier Gestank ist hier allgegenwärtig. Und so versucht man sich immer so hinzustellen, dass der Wind die Dämpfe von einem weg statt auf einen zu weht.




    Mit zunehmender Tageszeit steigt leider auch die Flut der ankommenden Busse. Also beschließen wir das nächste Ziel zu erreichen. Es geht wieder zurück über den Námafjall und bald links rein in ein Lavafeld bis wir auf der rechten Seite in einen kleinen Parkplatz einfahren. Wir befinden uns laut aufgestelltem Schild auf Privatgelände und sollen nicht in das angeblich zu heiße Wasser von John Snows und Ygrittes Liebesgrotte begeben. Obwohl für Game of Thrones Fans interessant, ist leider auch dieses Kleinod zu stark frequentiert. Trotzdem gelingt mir ein ansehnliches Bild des bläulich schimmernden Wassers in der Grotte. Wegen den schmalen Zugängen lässt sich aber auch unangenehmes menschliches Verhalten besonders gut beobachten. Es gibt da eine Gattung Menschen, die denken sie wären privilegierter als Andere und drängen sich rücksichtslos in den engen Innenraum. Als die Selfie-Kamera ins heiße Wasser fällt, fällt es schwer etwas Bedauern zu heucheln, während innerlich die Schadenfreude brüllend einen Freudentanz vorführt.



    Nach dem eher kurzen Intermezzo an den Grjótagjár geht es die gleichnamige Straße weiter, bis wir wieder am Mývatn ankommen. Dort noch ein paar Kurven nach Süden und schon wieder sollte man nach links abbiegen. Wenn man Glück hat bekommt man auch noch einen Parkplatz in der Nähe des Zugangs zu Dimmuborgir.


    Aber wenn man nicht wie die meisten Bus und Kreuzfahrttouristen zuerst das örtliche Kaffi und den einfachen asphaltierten Rundweg, sondern die größere Variante wählt, dann findet man sich um diese Jahreszeit (Anfang September) in einer erstaunlich farbenfrohen Landschaft voller bizarrer Steingebilde wieder.



    Auch wenn es sich in meinem Fotografie Bekanntenkreis eingebürgert hat, etwas abfällig „ahhhh, ein Blüüüümschen“ zu äußern, besteht der Reiz der Landschaft hier vorwiegend aus der wahnsinnig bunt gefärbten Vegetation.





    Am Wendepunkt des großen Rundwegs kommt man noch durch diesen markanten Lavatunnel und wieder fühlt man einen neuen Schub der Islandvirus Infektion.



    Bevor unser Rundweg, den wir mit nur sehr wenigen weiteren Island-Besuchern genossen haben, wieder in die Kreuzfahrer überrannte Wegschleife einmündet, kann man von einem Felsvorsprung noch einen malerischen Blick auf den Mývatn genießen, dessen genauere Betrachtung das nächste Tagesziel sein wird.



    Dazu halten ebenso nur wenige Kurven der Straße 848 weiter südlich bei der bewaldeten Halbinsel Höfði. Ein wunderbares Wegnetz führt den Wanderer zu höher gelegenen Aussichtspunkten und an das Ufer des Sees, zu den Stellen wo diverse Lava-Säulen aus dem Wasser ragen.


    Das wegen der Horrorgeschichten über in alle Körperöffnungen eindringende Mücken mitgebrachte Kopf-Netz kommt heute aber nicht zum Einsatz und ich muss mir von meinen beiden Reisebegleitern Häme gefallen lassen, was ein Weichei ich doch wäre, so etwas mit zu nehmen. Nun gut hoffentlich werden wir auch irgendwann mal erleben, dass so ein Netz sinnvoll sein kann. Mit ein paar weiteren Fotos vom Mückensee ohne Mücken verabschieden wir uns für heute aus dieser wundervollen Landschaft.



    Das leider nur für heute als gut vorhergesagte Wetter will genutzt werden und wir entscheiden uns, dem Dettifoss nochmal einen Besuch zuteil werden zu lassen. Über die mittlerweile asphaltierte westliche Zufahrt mit busgerechtem Besucherparkplatz erreichen wir wieder die Jökulsá á Fjöllum. Es ist schon relativ später Nachmittag und die organisierten Besucherströme scheinen schon durch zu sein.


    Es macht Spaß den erst gestern bei trübem Licht bestaunten Wasserfall in einer ganz anderen Lichtstimmung zu betrachten. Als die Sonne kurz vor dem Untergang flaches Licht schickt, zaubert sie in die feine Gischt des Wasserfalls einen hübschen Regenbogen.



    Im warmen Abendlicht der nicht Wolken-verhangenen Landschaft kann man durch ein ehemaliges Flussbett der Jökulsá über den Wassernebel des Selfoss bis zum ca. 70 Kilometer entfernten Herðubreið sehen.



    Bei der Rückfahrt zum Mývatn halten wir an einem auf einer Anhöhe angelegtem Parkplatz der neu ausgebauten 862 und genießen den farbenfrohen Sonnenuntergang in der Heidelandschaft, die sich ebenfalls ein gelbliches und rötliches Herbstkleid zugelegt hat.



    Nach diesem wunderbar buntem Tag, sind wir schon etwas besorgt über den morgigen Wetterbericht. Von Süden zieht ein dichtes Regenfeld mit Sturm heran. Einzig ganz im Norden an der Küste könnte es am morgigen Vormittag noch etwas ruhiger bleiben. Also entscheiden wir uns den eigentlich für heute geplanten Husavík Tag auf morgen zu verlegen und fahren durch Reykjahlíð weiter und über die 87 Richtung Ziel. Als wir die Kuppen der Geländewellen des Hólasandur überqueren beschert uns Islands Natur noch einmal mit einem Gänsehautmoment - vom letzten Tageslicht erhellte Boden-Nebelschwaden:



    Grüße

    Tadi

  • Dieser Beitrag befindet sich auch in meinem Reiseblog. Dort gibt es mehr Fotos als hier verlinkt. Der Text ist jedoch weitestgehend der selbe wie hier.



    Kapitel 3:


    Wale und Wahrzeichen (Überflüssiges und Notwendiges)


    Mit dem 12.ten Reisetag haben wir etwas mehr als die Hälfte unserer Aufenthaltsdauer in Island hinter uns gebracht. Nach dem fulminanten Anfang unserer Reise ging es zunächst beim Jökulsárlón ebenso atemberaubend weiter. Die emotionale Wirkung der Landschaft hat mich überrascht, unvorbereitet getroffen und die vergossenen Tränen entsprangen einer völlig neuen Zusammensetzung von Gefühlen: Freude, Glück, Schönheit auf der einen Seite aber auch ein gehörige Portion Demut, sowie Sorge und ganz viel Dankbarkeit anderseits.


    Der Verlust des für mich wichtigen Kameraobjektivs am Westrahorn war auch irgendwie eine Zäsur. Die Tage darauf habe ich mich nicht nur durch das schlechte Wetter eingeschränkt gefühlt, sondern auch in der Bild gestalterischen Freiheit. Irgendwie hat das zunächst auf meine Stimmung geschlagen, obwohl immer wieder auch ein Island-Moment dabei war. Erst der sonnige und letzte Tag des vorherigen Reiseabschnitts am Mývatn hat wieder dieses Hochgefühl aus der ersten Reisewoche zurück gebracht.


    In nun folgenden dritten Teil geht es um echte und gefühlte Wahrzeichen. Als Reaktion auf das vorhergesagte Wetter, waren wir in Husavík Wale beobachten. Wir sind noch einmal ganz wenig ins Hochland vorgedrungen, bevor wir Wasserfall gesättigt die Hauptstadt des Nordens Akureyri erreichten. Bei schönem und stürmischen Wetter erkundeten wir Snæfellsnes und kamen schließlich durch den fruchtbaren Westen in Islands „Geburtsstätte“ an.



    Grüße

    Tadi