Beiträge von ice55

    18.45 Uhr, auf geht’s, diesmal ab Bremen. 75 Minuten Fahrzeit wurden eingeplant und eingehalten. Den QR-Code des Online-Tickets vor den Scanner des Automaten der Parkgarage gehalten – nichts passiert. Noch gefühlte 110 mal gedreht und gewendet, vergeblich! Geklingelt – keiner da ! Das fängt ja gut an! Dann eben Ticket gezogen und rein – das Problem hatte ich vor Jahren schon mal, wurde dann einfach per Hand bei der Ausfahrt eingelesen und freigeschaltet.


    Das Gepäck ging dann einwandfrei durch, sowohl bei der Gepäckabgabe als auch bei der Sicherheitskontrolle. Hier gab es allerdings doch ein kleines Problem; ich musste meinen Gürtel aus der Hose ziehen. Spätestens beim Ganzkörperscanner sah ich das ganz große Risiko, dass mir mein unteres Kleidungsstück auf die Schuhe rutschen würde, musste ja die Arme bei dem Gerät abwinkeln und konnte die Hose nicht halten. Ich hatte ja 5 Kg abgenommen. Es ging aber alles gut. Das Bording begann pünktlich. Eine Viertelstunde vor dem offiziellen Abflugtermin kam vom Piloten die Durchsage: „Boarding completed, wir starten 10 Minuten eher“. Kein Wunder, mit den Passagieren hätte man gerade mal zwei Fußballmanschaften incl. Ersatzspieler vollbekommen. Ich hatte einen Fensterplatz und die ganze Reihe für mich allein. Der Pilot hatte es eilig! In einem Affenzahn bog er auf die Startbahn ein und gab dann sofort ohne Halt Vollschub. Time is Money! Auf Island kamen wir dann sogar 20 Minuten früher als geplant an. Das passte mir gut in’s Konzept! Ich wollte nämlich sofort nach Erhalt des Autos durchstarten, mir ein tolles Vordergrundmotiv suchen um dann die angesagten Polarlichter fotografieren zu können. Laut „Vedur.is“ stand die Vorhersage für Polarlichter auf „Level 6“, dazu sollte es sternenklaren Himmel geben. So, nun schnell, wie laut Buchungsbestätigung angegeben, gucken, wer mich „persönlich im Flughafengebäude empfängt“.


    Nichts passiert, keiner mit einem Schild, auf dem mein Name steht. Nicht ärgern Klaus, hast ja Urlaub! Nach einer Weile die anderen Anbieter gefragt, keiner kannte meinen Autovermieter – die Tefonnummer auf dem Bestätigungdschreiben angerufen – ebenfalls Fehlanzeige. Gut, vielleicht weiß die Information etwas. „Ja, aber sicher doch, für den Anbieter ist Europecar hier am Flughafenschalter zuständig!“. Ich musste meinen Ärger unterdrücken, dass das weder mündlich mitgeteilt wurde, noch schriftlich irgendwo fixiert ist. Nein, nicht ärgern, freuen über das, was man hat und nicht ärgern über das, was man hätte haben können. Richtig, ich hab Urlaub! Freuen wir uns auf die angesagten Polarlichter. Ach ja, ich vergaß zu sagen, dass ich noch jemandem im Gepäck hatte; wir, das sind ich und mein anderes „Ich“. Das war eben auch das andere „Ich“, was mich ärgern lassen wollte. Das war auch ein Zweck dieses Urlaubs, dass ich diesem Kameraden in mir seine Spielchen austreiben wollte. In letzter Zeit ließ es mich immer Dinge anzweifeln, die ich tat und verunsicherte mich total, das wollte ich ändern. Ich wollte mein Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen wiedererlangen.


    Um 00.10 saß das positive „ich“ im Auto! Zunächst wurde auf direktem Weg Vatnsnes angesteuert um alles nachzuholen, was 2014 bei Sturm und horizontal fliegendem Regen ausfallen musste. Im Flugzeug hatte ich knappe drei Stunden geschlafen, das reichte erst einmal. Alle Nase lang habe ich angehalten und nach oben gesehen, aber es gab keine Polarlichter. Dann eben nicht ! Am kommenden Abend sollte der Aktivitätslevel noch genauso hoch sein, meinte Aurora forecast.is. Wolken waren dort auch nicht angesagt. Also nur Freude verschoben.


    Um 4.30 Uhr erreichte ich zur „Blauen Stunde“ den Hafen von Hvammstangi auf der Halbinsel Vatnsnes. Im Hafen lag das Ausflugsboot Brimill, das regelmäßig Touristen zu den dort existierenden Robbenbänken fährt.


    Island, Westfjorde, 14. bis 23.09.2017

    Ein sehr persönlicher Reisebericht

    Bildungsurlaub für das andere „Ich“


    Beruflich und an Haus- und Gartenarbeit lag soviel an, dass ich bis zum letzten Tag keinen Gedanken an meinen Urlaub verschwenden konnte. Ja, es war mein Urlaub ! Jeglicher Versuch meine Frau mit nach Island zu bekommen scheiterte schon im Ansatz. Seit einem Norwegenurlaub vor 25 Jahren, der kühl und absolut verregnet war, ist das Thema durch, was Länder anbetrifft die nördlich dem 58. Breitengrad liegen. Zudem mag sie keine längeren Autofahrten und vor allem keine schlechten Straßenverhältnisse Dieser Punkt ist auf Island kaum zu umgehen. Schlimmer aber wiegt, dass meine Frau zwar meine Freude an der Fotografie toleriert, nicht aber dafür wirklich, sagen wir mal, Sympathie äußert. Bei heimatlichen Ausflügen passiert es häufig, dass ich, wenn ich für ein Foto einen Moment an einem Ort etwas länger verweile, meine Frau mit dem Handy wiedersuchen muss. Schließlich mag sie auch keine Thermalbäder und in einem Hot Pot auf der Terrasse sitzen schon gar nicht. Somit waren alle Ausschlusskriterien erfüllt, sie jemals mit nach Island nehmen zu wollen. Dabei habe ich über 20 Jahre ihre Vorlieben geteilt und alle südlich gelegenen Urlaubswünsche gerne mit ihr genossen. Lediglich einmal wollte sie unbedingt mit nach Island, als wir in einer 3er-Fotogruppe reisen wollten, in der eine fremde Frau integriert war. Der Ausgang war unberechenbar, aber auf jeden Fall wäre er nicht positiv gewesen. Ich legte mein entschiedenes Veto ein, was aber wiederum auch Unfrieden einbrachte. Seit der Zeit machte sich bei mir ein Mitbewohner breit, der sonst nur gelegentlich vorbeikam. Mein innerer Bruder, ein Verbündeter meiner Frau, der nur Stress macht und negativ drauf ist. Somit gehen wir, was den Urlaub anbetrifft, einmal im Jahr getrennte Wege. Das Thema Island mit meiner Frau war durch.


    Somit packte ich wieder einmal den Koffer für mich allein. Es war eigentlich, bis auf Kleinigkeiten, alles vorhanden, was ich brauchte. Das einzige was ich mir in weiser Voraussicht zum Geburtstag habe schenken lassen, war eine Wetterdichte Jacke mit separatem Vlies-Innenteil, von Nick Fuchsgesicht, wenn ich mich richtig erinnere. Aber was sind schon Namen, Hauptsache sie erfüllt ihren Zweck. An meiner alten Jacke war das Beste von ab, - war auch ein Billigmodell, hat nur 5 Jahre überstanden. Ich sag ja immer: “Wer billig kauft, kauft zweimal“. Wenn ich jedoch den Preis für die neue Jacke zugrunde lege, den ich kannte, muss diese über meinen Tod hinaus halten, d. h. die Kinder müssen sie noch ein paar Jahre tragen, wobei ich mindestens 100 Jahre alt werden muss – ihr versteht, was ich meine!


    Na gut, also, ansonsten wurde am letzten Tag eingepackt was ich an Fotoequipment brauchte ­̶ sollte ja ein Erholungs- und Fotourlaub für mich allein werden. Eigentlich hätte ich auch nur Fotourlaub schreiben können, weil, Erholungsurlaub ist ja das Gleiche. Andere Sachen waren nebensächlich. Das Problem dabei waren nur die Gepäckbestimmungen der Airline. 20 Kg durfte der Koffer wiegen, 6 Kilo das Handgepäck. Zusätzlich war noch eine Laptoptasche erlaubt, Gott sei Dank ohne Kilobegrenzung.


    Zunächst kam aufgrund der Größe das Fotostativ in den Koffer. Als der Fotorucksack gepackt war, befanden sich doch tatsächlich 12,5 Kg darin. Merde ! Dann eben die Hälfte wieder raus! Zwei Objektive, Ladegeräte- und Blitz verließen den Rucksack in Richtung Koffer, alle Akkus, Batterien und Kabel wanderten in die Laptoptasche, ebenso die externen Festplatten, so schrieben es die Transportbedingungen vor. Jetzt passte es. Dafür wurden alle Schuhe und Pullover aus dem Koffer entfernt. 10 Unterhosen, Hemden und Socken wurden als Verpackungsmaterial für die teuren Objektive im Koffer verwendet. Ein paar T- und Sweatshirts hatten dieselbe Funktion. Noch eine Hose und die Kosmetiktasche, fertig! Jacke und Wanderschuhe wurden angezogen.



    19,8 Kg – perfekt ! Naja fast, der Fotorucksack hatte immer noch 9 Kg. Wenn die bei der Gepäckabfertigung Ärger machen, sage ich denen, dass ich in der Voraussicht, dass das mit dem Gepäck nicht so ganz passen könnte, 5 Kilogramm abgenommen habe. Ob nun in der Gepäckablage 50 cm über mir oder direkt in mir Übergewicht herrscht, dürfte doch egal sein. Meine Frau fand die Idee mit dem Abnehmen auf jeden Fall sehr gut. Ich glaube, diesen Einwand werde ich nicht bringen, versteht vielleicht nicht jeder. Notfalls kommen die zwei Ersatzkameras in die Jackentasche

    Eine Einführung und Leseprobe des am Sonntag startenden Reiseberichts

    Die Intention, die hinter dem folgenden Reisebericht aus dem Jahr 2017 stand, war, die Basis für einen Roman zu schaffen, den ich in meinem Rentenalter schreiben wollte. Er sollte meine Islandreisen betreffen und Eckpunkte aufnehmen, die mich bei meinen Reisen und in meinem Leben so umtrieben, in Verbindung mit Geschehnissen, die man beobachtet, selbst erlebt oder irgendwo gelesen hat. Wo sollte es besser funktionieren, als in einem Urlaub auf Island. Einer dieser Eckpunkte, die in dem Reisetagebuch Eingang fanden, war mein inneres „Ich“, das sich immer wieder zu Wort meldete, so auch vor und im Urlaub. Memoiren, wie sie schon so vielfach geschrieben und beschrieben und auch heftige Kritik erfahren haben, sollten es nicht werden. Aber das Geschriebene sollte, wie schon gesagt, vergangene Lebensinhalte und Erlebnisse aufgreifen, persönliche Empfindungen nicht ausgeschlossen

    Bei diesem Vorsatz ist es aber bis heute geblieben. Bei meiner 2021 erfolgten Islandreise mit zwei Fotofreunden hatte ich zwar einen zweiten Anlauf unternommen und Vorkommnisse sowie meine Gedanken dazu niedergeschrieben, wobei ich mich selbst in der Kritik sah, was wiederum durch mein inneres „Ich“ hervorgerufen wurde, das hier glasklar die Schuld an meinem Handeln, Äußerungen und Gedanken trug. Er sollte ebenfalls im Sande verlaufen. Der Grund hierfür war, dass ich mir kein Pseudonym überlegt hatte und infolge dessen sofort als „Täter“ entlarvt wurde. Ich werde wohl nicht darum herum kommen ein Pseudonym zu verwenden, obwohl es immer so schön heißt: Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und realen Handlungen sind rein zufällig. Also werde ich in Zukunft wieder alleine Reisen, um jeglichen Gefahren konsequent aus dem Wege zu gehen.

    Aber dieser Roman wird wohl nie in Druck gehen, es sei denn post mortem, dann kann alles ohne Konsequenzen für mich publiziert werden – „Ich werde mir mal Gedanken darüber machen, welcher Notar dafür in Frage kommt“, hörte ich eine Stimme aus dem Hintergrund. Ah...., da bist Du ja wieder mein ungeliebter Bruder in mir ! Na gut, es besteht dann immer noch die Gefahr, dass das Buch wegen Anstiftung zu Straftaten wieder aus dem Verkehr gezogen wird. „Also auch einen Rechtsanwalt ?“ Shut up !


    Man kann ja keinen klaren Gedanken fassen. Also, was ich damit meine, könnt ihr sicher bald erahnen. Ach nein, könnt ihr nicht, ich habe entsprechende Passagen aus dem Text rausgenommen, war mir zu gefährlich. Insofern mag dieser etwas an Flüssigkeit verloren haben.


    Ab übermorgen gibt es dann somit erst einmal einen geschminkten und stark gekürzten Island-Reisebericht, der später mal eine spannende Geschichte werden soll.


    Anmerkungen jeglicher Art sind gerne willkommen, werden sogleich alle in meinem Buch verarbeitet.

    25.09.23


    Als ich nach einigen Stunden aufwachte, war der Wind etwas abgeflaut, es regnete nicht mehr, aber der Himmel war immer noch bedeckt. Ich musste mal mein Bier wegbringen. Als ich wieder im Auto saß und mich in meiner Steppjacke eingemummelt hatte, schlief ich augenblicklich wieder ein. Ich wurde für Momente immer wieder wach, als Regen hart auf das Autodach niederging. Gegen 5.00 Uhr morgens ließ meine Blase mir ein zweites Mal keine Ruhe. Als ich wieder in’s Auto einsteigen wollte, schaute ich noch einmal in den Himmel. Ich sah Sterne und..............................Polarlichter – zwar ganz schwach, aber sie waren da. Meine Fotoausrüstung war schon perfekt für den Rückflug verstaut. So schnell wie möglich holte ich das Stativ aus dem Koffer, versuchte meine Stirnlampe in der Laptoptasche zu finden, was mir auch gelang. Ich stellte die Entfernung auf das Leuchtfeuer von Sandgerði ein, die Belichtung auf 15 sec. und die Blende auf 4. Die Iso war auf 1000 eingestellt – dachte ich. Ich war offensichtlich noch nicht ganz wach und zu aufgeregt und hatte das Stellrad in die falsche Richtung auf Iso 100 gedreht, was ich aber nicht realisierte und fotografierte los.




    Die Fernbedienung konnte ich so schnell auch nicht finden und so hoffte ich dennoch auf unverwackelte Bilder. Es wurde schnell heller, die Lichter immer schwächer. Daher war ein Standortwechsel nicht mehr möglich. Somit gab es auch nur Fotos von den Polarlichtern selbst, ohne ein Vordergrundmotiv mit einbinden zu können. Dagegen fuhren auf der nahegelegenen Straße ständig Autos, die mit ihren Scheinwerfern mir das Leben , äh ... Fotografieren nicht leichter machten. Nach wohl 15 Minuten war nichts mehr am Himmel zu sehen.




    Damit habe ich am letzten Tag absolut nicht mehr gerechnet. Ich hatte das Glück, noch ein weiteres Mal Polarlichter erleben zu dürfen. Der erste Blick auf das Display der Kamera schockierte mich jedoch zunächst – alles dunkel ! Hatte ich im Stress doch die falschen Werte in meiner Kamera eingegeben ? In der Tat ! Das merkte ich aber erst zuhause. Da ich immer auch im RAW-Format aufnehme, blieb ich gelassen. Ich döste noch einen Augenblick weiter, bevor ich das Auto zur Vermietstation zurückbrachte. Das ging dort alles superschnell. Ich nahm mein Gepäck und ging zum Flughafen. Hier wurden noch ein paar Souvenirs eingekauft und noch ein letztes isländisches Bier genossen. Mit 20 Minuten Verspätung startete der Flug in den Alltag.


    Ende !

    Die Fahrt ging weiter. Irgendwie war das Frühstück heute Morgen zu knapp ausgefallen, so dass die eben gekauften Kuchen schon jetzt dran glauben mussten. Gegen 13.00 Uhr kam ich in Skaftárskáli an und gönnte mir dort noch ein Burger-Menü und tankte noch einmal nach.


    Der Wind nahm schon seit einiger Zeit stark zu und erreichte Windgeschwindigkeiten von z. T. über 28 m/sec, wie die Info-Displays an der Straße es angaben, und erreichten damit die Stärke eines Sturms, allerdings mit schwereren orkanartigen Böen. Das Fahren mit dem Jimny wurde dabei zur Qual. Ein ständiger Blick in den Rückspiegel war nötig, weil das Spurhalten mit dem Fahrzeug keine leichte Aufgabe war. Wusste der Wind nicht, dass das Überfahren einer durchgezogenen Linie verboten ist ? Ich habe ca. 150 km nur gegen den Wind angekämpft, hatte schon einen steifen Nacken bekommen von meiner verkrampften Haltung hinter dem Lenkrad. Irgendwo an der Strecke hielt ich noch einmal, um einen Regenbogen im Bild festzuhalten.




    Dabei habe ich nicht mehr die Windrichtung im Auge behalten. Beim Öffnen der Tür, riss es sie mir förmlich aus der Hand. Ich bekam sie kurz vor dem Anschlag noch zu fassen, so dass kein Schaden entstanden ist. Das nennt sich Kontrollverlust in Folge von Stress. Hey, ich war in Urlaub ! Ein letzter Halt auf der Strecke zum Flughafen galt dem Skeiðarársandur-Brückendenkmal. Hier hielt ich mich etwas länger auf, wartete auf das richtige Licht und eine schöne Wolkenbildung im Hintergrund, was m.E. auch gelang.




    In Selfoss ging es von der 1 ab Richtung Küstenstraße, hatte keine Lust über die Hellisheiði zu fahren. Gegen 18.00 Uhr erreichte ich dann endlich Keflavik. Jetzt begann die Suche nach einer Unterkunft, erst direkt, dann per Internet. Alles war voll belegt, nur das Aurora am Flughafen konnte mir ein Zimmer anbieten – für 260 Euro. Nein Danke ! Ich habe das Geld zwar, aber dafür kann ich zuhause viermal bei unserem Griechen mit meiner Frau ein Menü essen gehen. Ich entschloss mich, mich mit dem Auto an einer ruhigen Stelle irgendwo hinzustellen, meine Essensvorräte und mein letztes Bier zu vernaschen und irgendwann die Augen zuzumachen. So geschah es !

    24.09.23


    Ich wachte gegen 6.00 Uhr auf. Der Tag erwartete mich mit stark bewölktem Himmel und starken Winden. Vorweggenommen war das aber gar nichts gegenüber dem, was ich noch zu erwarten hatte. Ich machte mich gleich daran das Gepäck zusammenzupacken und ins Auto zu bringen. Zunächst musste ich mir aber heute mein Frühstück selbst machen, spartanisch – es gab Brot und Wasser!


    Mein Weg sollte mich heute Morgen zum gleich um die Ecke liegenden Hoffelsljökull mit Gletschersee führen. Von der Ringstraße zweigt dorthin ein ca. 7 km langer Fahrweg ab, der nur mit einem 4WD zu befahren ist, da gegebenenfalls gefurtet werden muss. Bei meiner Ankunft war das Tal weitgehend trocken, nur zwei kleine Rinnsale waren zu queren.




    Der Himmel war immer noch bedeckt, so dass die Farben des Gletschers mehr blaugrau als blau von mir wahrgenommen wurden. Ich war allein und genoss den Anblick und die Ruhe.




    Im Sommer 2015 war ich schon einmal hier. Auch damals traf ich lediglich zwei Isländer an. Irgendwann raffte ich mich auf und fuhr weiter Richtung Jökulsárlon, welchen ich als mein nächstes Ziel auserkoren hatte. Unterwegs sah ich eine Gebäuderuine ohne Dach, welche ich auch schon mehrfach fotografiert hatte. Ich hielt wieder an und sah andere Graffitis an den Wänden, als bisher. Diese inspirierten mich zu neuen Fotos.



    Der Aufenthalt am Jökulsárlon war dann nur kurz; es regnete und stürmte auch hier. Zudem war es eiskalt. Ich holte meine Daunenjacke aus dem Kofferraum, machte ein paar Fotos, holte mir noch Muffins und Berliner aus dem Cafe und schon war ich wieder weg.




    Nach wenigen Metern auf der 1 bog ich aber dann doch noch mal kurz zum Strand ab. Dort lagen nur kleine Eisbrocken, die von den wuchtig hoch auf den Strand auflaufenden Wellen weiter transportiert wurden, ohne dass man die Zeit gehabt hätte, sich Gedanken machen zu können, wie man diese vernünftig ins Bild bringt.


    So ging ich zum Auto und fuhr die Strecke zurück nach Egilsstaðir, um dann über die 1 weiter zur zweiten Unterkunft zu kommen. Mein Navi hatte mal wieder etwas dagegen und schickte mich über die 95, was aber kein Problem war, denn die unbefestigte Fahrbahn war zwar nass, aber weitestgehend eben. Da ich in Seydisfjörður viel Zeit verbracht hatte, kam ich erst gegen 18.30 Uhr in dem Gästehaus in Nesjum an. Es war eine fantastische Unterkunft mit mehreren Bädern und Toiletten, einem super und fein eingerichteten Wohn-/Küchenbereich, so auch mein Zimmer. Der Gastgeber war sehr nett und schenkte mir noch zwei Eier, damit ich etwas Warmes in den Magen bekomme, nachdem ich bemerkte, dass ich vergaß einzukaufen. Lediglich Brote hatte ich noch.


    Das Gästehaus hatte auch eine Badewanne. Die wollte ich nutzen und mich nach dem langen Tag entspannen, fand aber den Stöpsel nicht. Ich fragte beim Vermieter nach. Er sagte, den müsste er immer verstecken wenn Chinesen kommen. Die baden stundenlang und lassen immer wieder heißes Wasser ein, bis für die anderen Gäste nur noch kaltes Wasser übrig ist. Ich schmunzelte, da ich auch schon meine Erfahrungen mit den Kollegen aus dem fernen Osten gemacht hatte. Sie kamen mir mal auf einer einspurigen Brücke entgegen, die ich schon zu 90 % passiert hatte. Nur nicht pauschalieren Klaus !


    Der Vermieter zeigte mir, wo er den Stöpsel versteckt hatte und wünschte mir noch einen schönen Abend. Nach dem Bad ging ich in die Küche und kochte die zwei Eier und legte sie mir in Scheiben auf’s Brot, noch etwas Salz und Pfeffer - einfach und gut. Noch ein Blick in den Himmel, aber es waren keine Sterne zu sehen. Es kamen noch zwei junge Paare, mit denen ich mich noch kurz unterhalten und mit dem einen, der auch auf Polarlichter aus war, noch einen Whisky getrunken habe. Dann sagte ich gute Nacht und ging schlafen. Auch in dieser Nacht war das stürmische Wetter nicht zu überhören. Auch unter der Dusche im Bad wurde es für kurze Zeit etwas stürmisch; ihr versteht, was ich meine ?

    23.09.23


    Der Tag der Abreise aus Sireksstaðir war gekommen und mit ihm wieder Schnee. Ich wollte heute nach Nesjum zu meinem zweiten Quartier fahren, weil mir die ganze Strecke zum Flughafen an einem Tag zu weit erschien. Es waren etwa 300 km und 4 Stunden Fahrzeit ohne Pausen und Fotostopps einzuplanen. In Anbetracht des starken Schneefalls und böigen Windes habe ich mich entschlossen nicht über die Hellisheiði eystri zu fahren, sondern über die 1 nach Egilsstaðir



    mit einem Abstecher nach Seydisfjörður. Auf dem Weg dorthin kam ich am Rjúkandafoss vorbei, den ich nicht auf dem Zettel hatte. Ein eindrucksvoller Wasserfall.




    Ebenso eindrucksvoll waren die schneebedeckten Berggipfel auf der gegenüberliegenden Seite der Straße.




    Auf dem weiteren Weg nach Egilsstaðir empfing mich in den tieferen Lagen eine üppige Farbenpracht des Herbstlaubes.



    Dagegen fing es in den Bergen Richtung Seydisfjörður wieder an zu schneien und es war eine wunderschöne weiße Winterlandschaft zu sehen. Links der Straße 93 erblickte ich im Schnee 12 Quader in den Farben Lila, Blau, Gelb, Rot, Grün und Orange. Über den Hintergrund der Skulptur und Farbgebung habe ich leider nichts rausgefunden.




    Ich wollte mir eigentlich in Seydisfjörður die Skulptur Tvisöngur des deutschen Künstlers Lukas Kühne anschauen. Ich hatte erst auf Island davon erfahren, jedoch ohne eine genaue Lagebeschreibung. Vor Ort fragte ich einen Einheimischen nach dem Weg dorthin. Dieser lud mich sofort in sein Auto und fuhr mich die 2 km zum Ziel. Dort war dann noch ein Fußweg von ca. 800 m zu bewältigen. Auf der Fahrt sprachen wir verschiedene Themen an und er fragte mich, ob ich auch Interesse an Kunstmalerei hätte. Da hat er bei mir ins Volle getroffen, hatte ja selbst lange Jahre die Ölmalerei betrieben und auch gut verkauft. So fuhren wir weiter zum südöstlichen Hafenbereich von Seydisfjörður in die Galerie von Gudjon Hardarson. Ich war begeistert von seinen großformatigen Bildern in “modern art“.




    Wir redeten noch eine Weile über seine Art der Kunst, tauschten unsere Adressen aus, dann fuhr er mich zurück zum Aufstieg zur Skulptur Tvisöngur. Die fünf dargestellten Betonkuppeln verbinden verschiedene Intentionen des Künstlers und deren Facetten von Klang, Form, Tradition u.a.






    Der Aufstieg war unproblematisch, dabei waren zwei kleine Bäche über Trittsteine zu überqueren. Leider war das Licht bei Ankunft äußert schlecht, so dass keine guten Fotos zu machen waren. Aber ich hatte auch keine Zeit zu warten, dass die Sonne sich wieder blicken lässt.

    22.09.23


    Der Himmel war wieder einmal bedeckt. Ich war genauso antrieblos wie das Wetter. Ich hatte Urlaub und konnte mir über Sinn und Unsinn einiger Episoden des Lebens, deren Auswirkungen sowie über aktuelle Lebensereignisse und den Niederschlägen daraus, Gedanken machen. Wie geht es besser, als wenn man allein unterwegs ist. Positives wie Negatives geht einem durch den Kopf, dem Wetter angepasst. Irgendwann konnte ich mich von meinen Gedanken losreissen und fuhr noch einmal die Hausstrecke, wollt etwas frische Luft tanken. In Vopnafjörður bog ich dann aber auf die 85 Richtung Norden ab, weil es dort etwas heller zu werden schien. Nach einer Weile ging es rechts ab auf die 913 Richtung Strand. Die Kamera immer an Bord ist es aber bei ein paar unspannenden Fotos geblieben.


    Am Abend zog der Himmel auch am Gästehaus etwas mehr auf und es waren Sterne zu sehen. Mir kam der Gedanke von Polarlichter durch den Kopf. Sofort schaute ich in die Vorhersage von Vedur.is. Dort wurde die Aktivität mit“4“ eingestuft, also sind durchaus gute Chancen vorhanden. Die Wolkendecke ließ im Bereich meines Gästehauses ein kleines Fenster zwischen 21 Uhr und 24 Uhr offen. Ich bereitete alles vor, montierte die Kamera auf das Stativ, stellte Blenden-, Iso- und Belichtungswerte ein und legte die Fernbedienung bereit. Alle Augenblicke ging ich nach draußen, um nachzuschauen. Dann kamen neue Gäste auf den Parkplatz vor dem Haus gefahren, auf dem ich mein Stativ aufgebaut hatte. Es war eine Familie aus Amerika. Sie bezogen ein Ferienhaus auf dem Gelände. Gegen 22.00 Uhr sah ich einen leichten Schimmer am Himmel. Ich machte erste Fotos, als der Mann aus der Familie sich mit seiner Kamera zu mir gesellte. Wir sprachen eine ganze Zeit miteinander und machten weitere Fotos. Aber mehr als grüne Schleier waren nicht zu sehen, andeutungsweise leichte Fahnen, aber keine farbenprächtigen Beamer. Das sollte sich auch nicht mehr gravierend ändern und wie vorhergesagt bewölkte es sich dann auch wieder. Nach einer Stunde im eisigen Wind brach ich ab und ging ins Haus. Aber am Laptop betrachtet, waren die Aufnahmen gar nicht so schlecht, hatte ich unter anderem doch ein Schaf auf dem Hügel vor dem Haus erwischt, dass lange genug in der Bewegung verharrte. So ging ein weiterer Tag zu Ende.




    Na dann........!!!!!


    Ich wendete das Auto, obwohl es erst Mittag war. Während der Rückfahrt wirkte das Gesehene nach und ich konnte mich kaum auf die Straße konzentrieren. Ich überlegte, ob ich nicht hätte doch weiterfahren sollen. Ich wollte diese Strecke aber ohnehin auf dem Weg zu meiner zweiten Unterkunft am Jökulsarlon nehmen. So blieb ich bei meiner Entscheidung und fuhr weiter. Ganz war der Fototag aber noch nicht zu Ende. An der Straße 919 sah ich rechter Hand noch eine verlassene Hofstelle, die ich noch ausführlich ins Visier nahm. Kurz vor der Abzweigung zu meiner Unterkunft hielt ich noch ein letztes Mal an. Hier standen isolierte Gruppen von bizarr gewachsenen Birken. Sie umgab ein farbenprächtiges Meer an Zwerggehölzen, wie Preisel- und Moosbeeren, aber auch Heidelbeersträucher, Weiden und Eriken. Dieses Motiv hatte ich schon am ersten Tag gesehen, aber gewartet, bis das richtige Licht herrschte. Heute war es so weit. Das Weiß der Stämme leuchtete um die Wette mit dem goldgelben Laub. Am Rande bemerkt: Es fanden sich auch zahlreiche knackige Birken- und Steinpilze. Leider habe ich in meinem Domizil keine Küche, um sie mit Schinkenspeck zu einem leckeren Rührei zubereiten zu können.


    Die nachfolgenden Aufzeichnungen habe ich erst ein paar Tage später aus der Erinnerung und anhand der Fotos vorgenommen. Warum ! Irgendwie war ich durch das Wetter bedingt und durch Gedanken, die die häusliche und berufliche Situation wieder aufnahmen, antriebslos geworden, was mich von der abendlichen Routine abweichen ließ. Spannend ist, was alles haften geblieben ist.




    21.09.23


    Als ich um 6.45 Uhr wach wurde, merkte ich, dass der eiskalte Wind deutlich nachgelassen hatte. Nicht dass das Heulen nicht mehr zu vernehmen war, nein, der Grund war, es war deutlich wärmer in Zimmer. Der umgehend erfolgte Handtest bestätigte dies, es zog nicht mehr durch die Ritzen. Um 8.00 Uhr begann, wie jeden Tag, das Frühstück. Außer mir war kein anderer Gast da. So wandte ich mich an den Hausherren und wir redeten über mögliche Fotomotive im regionalen Raum. Ich hatte heute keine Lust auf eine größere Tour, merkte, dass diese Autofahrten mich doch anstrengten. Kurz vor 9.00 Uhr stieg ich ins Auto und fuhr los. Es sollte Richtung Egilsstaðir gehen und ich wollte schauen, ob ich alle genannten Orte finde und gleichfalls selbst sehen, was es sonst noch so an Interessantem gab. Die Wettervorhersage sah wieder einmal nicht sonderlich gut aus, aber es wurde besser als gedacht. Nicht nur das, an den jeweiligen Motiven angekommen, kam das optimalste Licht und eine ideale Wolkenstruktur hinzu. Ich fuhr meine Hausstraß, die 929, und dann auf der 919 über den Pass der Hellisheiiði eystri. An der Küstenstraße lagen meine Ziele wie aufgereiht. Verlassene alte Höfe, wildrauschende Flüsse, Felsformationen im Meer oder ein blauer Container im tristen Licht auf einer Wiese.



    Atemberaubend wurde es am Fuße der Hellisheiði eystri, dort, wo eine Brücke den Fluss Dalsá überquert. Von da an sah man die schneebedeckten Gipfel der Berge. Ich fuhr eine kurze Strecke, um aber immer wieder anzuhalten und das Gesehene einwirken zu lassen. Grün bewachsene Berge lagen vor schneebedeckten. Die Piste höher hinauf fing es an zu schneien. Der Wind fegte den Schnee quer über sie Straße. Ich hielt wiederum an, nahm die Kamera vom Beifahrersitz und machte zahlreiche Aufnahmen, bis die Wolkendecke die Ebene der Straße erreichte und ich kaum noch etwas sah. Das war einfach grandios. Die Bilder, die ich zuvor erleben durfte, waren so beeindruckend, dass ich beschloss, sie nicht mit nachfolgenden zu überdecken.


    Dann ging es weiter nach Asbyrgi. Unterwegs hielt ich noch einmal am schwarzen Aschestrand des Öxarfjörður und konnte wunderbare Strukturen beobachten, die das Wasser zurückgelassen hatte.




    Ein weiterer Fotograf nahm sich diesen Motiven ebenfalls an. Ich machte mich nach einer Weile wieder auf den Weg und erreichte bald die Asbyrgischlucht. Auch hier empfing mich im besten Licht – die Sonne schien - eine Farbpalette an Tönen. Ein ganz anderes Bild als im Sommer 2015, Indian Summer eben, mit Zwerggehölzen und Strauchgewächsen. Ich hielt mich aber nicht lange auf, weil es doch wieder anfing zu regnen.



    Außerdem war mein menschlicher Arbeitsspeicher randvoll, konnte keine Eindrücke mehr aufnehmen. Ich machte mich auf den Rückweg über die Straße 862, die 1 und schließlich die 85 sowie die 920 und 919. Ich hielt nur noch wenige Male an. Halt ! Unterwegs musste noch einmal wieder ein Schrottplatz dran gauben, von denen es auf Island unzählige gibt und die immer ein Foto wert sind – nur so als Doku, irgendwann sind sie weg. Hier ein Tankwagen am Galgen - vermutlich war der Wagen aber schon vorher tot.




    Als ich wieder in der Unterkunft war, schrieb ich sofort meine Eindrücke und Empfindungen in mein Tagebuch. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, als sich Müdigkeit bei mir einstellte. Ich legte mich rücklings aufs Bett und schlief augenblicklich ein. Als neue Gäste ankamen, wurde ich wieder wach und schrieb dann an meinem Tagebuch weiter. Dann stand die Planung für den nächsten Tag auf dem Programm. Gegen 22.30 Uhr war Schluss und ich ging ins Bett.

    20.09.23


    Es hatte wieder die ganze Nacht geregnet und gestürmt. So musste ich feststellen, dass sich das mit der erwähnten Effizienz nicht bewahrheitet hat; der Wind blies immer noch ins Zimmer, trotz Folie. Da das Wetter im Gebiet meines Domizils laut Wettervorhersage den ganzen Tag nicht besser werden sollte, entschloss ich mich in den Norden zu fahren; dort sollte zumindest zeitweise die Sonne scheinen und sich gelegentlich mit Wolken abwechseln. Ich hatte in der Gegend ohnehin noch zwei Ziele eingeplant: Arctic Henge und Asbyrgi. Asbyrgi kannte ich schon aus dem Sommer 2015, wollte es jetzt noch einmal in der Farbenpracht des Herbstes erleben. So machte ich mich rechtzeitig nach dem Frühstück auf den Weg, da alleine die Fahrzeit hin und zurück 5-6 Stunden dauern wird. Ich wurde nicht enttäuscht. Trotz des anfänglich immer noch schlechten Wetters erstrahlte die Landschaft. Intensive Rot-, Gelb- und Grüntöne verbanden sich mit dem Schwarz der Vulkanasche. Als ehemaliger Kunstmaler wurde ich inspiriert wieder den Pinsel in die Hand zu nehmen. Ich hielt alle Augenblicke an, soweit es Haltebuchten zuließen, und fotografierte. Apropos Haltebuchten : die gibt es in Island an den Hauptverkehrsstraßen viel zu wenig. Die Fahrten bei den starken Winden waren manchmal sehr anstrengend, so dass man öfter gerne mal eine Pause eingelegt hätte. Auch Fotostopps hätte ich gerne mehr gemacht, aber wollte nicht direkt auf der Fahrbahn halten, obwohl extrem wenig Verkehr zu verzeichnen war. Auch an der Straße 85 war wieder die Farbenpracht der Vegetation atemberaubend.


    Zunächst war Raufarhöfn mit Arctic Henge an der Reihe. Als ich dort ankam war es bedeckt, der Himmel nicht ganz strukturlos; für mich ein idealer Hintergrund. Mit mir kamen zwei weitere Autos an, sonst waren wir allein. Es stiegen insgesamt sechs Personen aus, die dunkle Kleidung trugen. Ich dachte nur: Das ist timing ! Die Staffage für meine Fotos kommt unangemeldet aber pünktlich und dann noch im richtigen Outfit.


    Nach einer halben Stunde hatte ich meine Ideen zu diesem Motiv umgesetzt und saß wieder im Auto. Länger hätte ich es auch nicht ausgehalten, denn in dem ganzen Stress der Urlaubsvorbereitung hatte ich meine sündhaft teuren Fotohandschuhe vergessen einzupacken. Das Wetter hatte aber auch, wie vorhergesagt, immer wieder Sonne im Gepäck.


    19.09.23


    Am nächsten Morgen bekam ich beim Frühstück mit, dass auch die Zimmernachbarn nasse Füße bekommen hatten, wobei es dort noch schlimmer zu sein schien. Nachdem das Frühstück beendet war und die Gäste das Haus verlassen hatten, - ich blieb auf meinem Zimmer und schrieb meine Erlebnisse auf - machten sich die Haus’herren‘ sofort an die Reparatur, wobei der Sturm und der Regen nicht nachließen. So wurde die Fassade, die aus Paneele und Wellblech bestand, nur notdürftig mit Folie abgedichtet. Da neue Gäste erwartet wurden, ist sofort mit der Renovierung des Nachbarzimmers begonnen worden. Erst wurden die Möbel rausgebracht, dann das Laminat samt Dämmung rausgerissen. Es folgte das Trockenlegen aller notwendigen Boden- und Wandelemente. Ich machte mich derweil auf den Weg in die Stadt, um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Auf dem Rückweg gab es noch einmal einen kurzen Halt, um die Wettersituation zu dokumentieren. Als ich nach einer Stunde zurückkam, war das Zimmer schon mit einem neuen Fußboden versehen und die Möbel wieder eingeräumt. Isländischer Pragmatismus, Effizienz und Spontanität eben. Der Pragmatismus hatte aber zur Folge, dass ich meine Schafe nicht mehr aus dem Fenster heraus fotografieren konnte, denn da hing jetzt eine Folie vor.


    Nach einer Weile fuhr ich fuhr noch mal kurz los, um aber bald einzusehen, dass es heute keinen Sinn machte, zu fotografieren. Ein paar Pseudoaufnahmen folgten, dann rettete ich die Kamera vor der ständigen Nässe. Ich hatte in der Unterkunft alles, was ich brauchte, incl. meines abendlichen Bieres.


    18.09.23


    Der nächste Tag verhieß nichts Gutes. Was sich am Vortag schon abzeichnete, setzte sich fort; es regnete und war sehr windig. Ich fuhr dennoch los um neue Fotomotive zu entdecken und die Natur zu genießen. Zunächst war der Museumshof Bustarfell mein Ziel. Dieser war ganz in der Nähe, aber geschlossen, was mir auch bekannt war. Ich machte ein paar Fotos und fuhr weiter. Ich wollte aber in der Nähe meiner Unterkunft bleiben, weil das Wetter zusehends schlechter wurde. Ich suchte nach schönen Schlechtwettermotiven; so etwas gibt es auch ! Ich fuhr von der 1 ab und eine unbenannte Straße hoch, die zu einem Aussichtspunkt am Axlir führen sollte und als Sackgasse ausgeschildert war. Die Piste verlief steil in Serpentinen den Berg hoch, wobei ein Punkt erreicht wurde, an dem der Regen mit wohl Windstärke 8 horizontal über den Weg fegte. Nach etwa einem Kilometer brach ich das Vorhaben ab. Das Ganze wurde mir zu gefährlich. Ich drehte um und fuhr zurück zu meinem Quartier. Es folgten, wie jeden Tag, meine Notizen im Tagebuch. Der Regen wurde immer stärker und der Wind nahm auch noch zu. Die Vorhersage sprach von 20 l/Std. an Niederschlag. Zudem gab es die Nachricht, dass Ortsteile von Seydisfjörður evakuiert werden sollten, weil eine große Gefahr von Erdrutschen bestand. Die Nacht sollte auch für mich unruhig werden. Es schepperte und klapperte am ganzen Haus. Auch das Rauschen des Wassers und Windes ließen einen nicht wirklich einschlafen, man schreckte immer wieder auf. Zudem war offensichtlich die Hauswand undicht, ein starker Windzug machte sich unterhalb des Fensters direkt neben dem Bett bemerkbar. Offensichtlich hatte sich eine Verkleidung an der Hauswand gelöst. Irgendwann machte sich die Müdigkeit bemerkbar und ich schlief ein. Wenn man abends zu viel trinkt, - wobei ich das nur gemacht habe, um endlich einschlafen zu können – kommt es vor, dass man nachts auf Toilette muss. Ich richtete mich auf und suchte mit den Füßen die Badelatschen, die ich vor dem Bett abgestellt hatte. Dabei bekam ich nasse Füße. Verdutzt überlegte ich, ob ich vorhin mit nassen Füßen aus dem Bad gekommen bin, was ich aber bestimmt verwerfen musste. Ich machte das Licht an und sah, wie Wasser aus den Fugen des Laminatbodens quoll. Offensichtlich war der Schaden an der Hauswand doch gravierender. Na gut, dachte ich, Badelatschen sind da, die Badehose im Koffer ziehe ich an, das Bett ist schwer und hoch genug – ich bin gerüstet. Gute Nacht.



    17.09.23


    Als ich am nächsten Morgen aus dem Fenster schaute war es bewölkt, wobei hin und wieder die Sonne rauskam. Das erste Foto, das ich machte, galt den Schafen, die im Gegenlicht auf dem Hügel vor dem Haus rumliefen.



    Ich frühstückte ausführlich, war aber wieder der lautstarken Gruppe, diesmal am Frühstückstisch, ausgesetzt. Als die Leute weg waren, fragte ich den Hausherren, ob die Gäste bleiben werden. Er antwortete, dass sie gefahren sind. Ich sagte nur : „Gut so“. Er lachte lauthals und wusste, was ich meinte.


    Heute war eine Tour zur Schlucht Stuðlagil geplant. Ich fuhr die Straße 923 am Hof Klaustursel vorbei bis zum 2. Parkplatz. Beide Parkplätze waren voll ausgelastet. Dann waren es noch ca. 4 Km zu laufen, immer am Jökuldalur entlang. Menschenmengen bahnten sich den Weg. Natur pur war ausgeschlossen. Ich machte mir an dieser Stelle schon keine Gedanken mehr über gute Fotos aus bester Position, zumal der Himmel überwiegend bewölkt war und somit keine idealen Lichtverhältnisse herrschten, welche die Farben richtig zum Leuchten hätten bringen können. Aber eindrucksvoll sollte es allemal werden. Ich stieg gegenüber des Parkplatzes auf der anderen Flussseite hinab in den Canyon. Immer wieder kamen mir ganze Gruppen an Menschen entgegen, man kam auf dem schmalen Pfad mit Trittsteinen einfach nicht voran. Ich gab es irgendwann auf, ganz nach innen in den Canyon zu gelangen und drehte um. Fotos ohne Menschenmassen darauf waren ohnehin nicht möglich. Ich schoss dennoch ein paar Fotos – vielleicht kann Photoshop es richten.



    Auf dem Rückweg merkte ich, dass ich anfing zu schwächeln. Meine Nasenscheidewandverkrümmung mit einhergehender chronischer Nasennebenhöhlenendzündung hinterließen ihre Spuren. Ich war außer Atem und nahm jede Gelegenheit wahr, mich auf einen der gelegentlich am Wegesrand liegenden Findlinge zu setzen. Ich muss schrecklich ausgesehen haben, wurde immer wieder von Damen, sagen wir mal im erfahrenen Alter, angesprochen, ob es mir gut geht und ob sie mir helfen können. Diese Führsorge bei gewissen Personen hat mich berührt. Ich habe meine Situation jeweils erklärt und damit aufgelöst. Ich machte mir schon Gedanken, ob ich mich nicht noch häufiger auf einen Stein setzen sollte; soviel Aufmerksamkeit bekomme ich zuhause selten, naja sagen wir mal so: wohldosierter. Aus welchem Grund eigentlich ?

    Wieder in Vopnafjörður angekommen tankte ich erneut. Ansonsten hatte ich alles, brauchte nichts mehr einzukaufen. Ich machte noch ein paar Fotos im Ort von einem kleinen alten mit weißem Wellblech verkleideten Gebäude und fuhr anschließend zur Unterkunft. Ich entspannte mich und schrieb am Tagebuch, bis am Abend eine neue Horde an Gästen kam, lautstark wie die vorherigen. Sie saßen bis gegen 22.30 Uhr im Gästeraum direkt neben meinem Zimmer und der allgemeinen Toilette im Flur, die ich mehrfach frequentierte, da das abendliche Bier seine Wirkung zeigte. Irgendetwas war anders auf der Toilette. Dann bemerkte ich es; das Toilettenpapier hing links herum und rollte zur Wand hin ab. Die Gäste mussten von der britischen Insel kommen – der Sprache nach kam das auch hin. Ich lag aber falsch, sie kamen aus Nova Scotia. Naja, mit Schottland lag ich ja fast richtig.







    16.09.23


    Um 8.00 Uhr gab es Frühstück. Es war reichhaltig und gut. Heute sollte es zum Dettifoss gehen, allerdings an die Ostseite, die andere Version kannte ich schon zur Genüge. Die Sonne schien und es waren schöne Wolkenbilder zu sehen. Auf dem Weg hielt ich mehrmals an, um die Farbenpracht des Indian Summer zu fotografieren. Die Zwerggehölze strahlten nur so, einfach wunderschön. Kurz hinter dem Quartier machte ich erste Aufnahmen von ein paar isoliert stehenden Birken. Ich tankte noch in Vopnafjörður bevor es weiter ging. Von der Tankstelle aus sah ich den Leuchtturm und ein paar alte Hofgebäude auf einem Berg. Das war spontan mein nächstes Ziel. Nach etwa einer Stunde ging es weiter. Ich fuhr auf der 85 und bog dann auf die 864 ab. Dort ging es durch eine flache, mit Zwergsträuchern im Herbstlaub bewachsenen Landschaft, die sich mit Steinwüsten abwechselte. Von der 864 gab es einen wunderschönen Blick auf das schneebedeckte Massiv des Smjörfjöll.




    Am Dettifoss angekommen war der Parkplatz ziemlich voll, aber die Menschen verliefen sich in dem großen Gebiet. Ich fotografierte nur wenig, genoss einfach nur das Szenario. Bald fuhr ich auf der 864 weiter bis zum Aussichtspunkt auf das Tal der Jökulsa mit dem Blick auf den Hafragilsfoss. Allein die Farben der Vulkanaschen auf dem Weg dorthin waren im Verbund mit den Hügelstrukturen und Wegeinschnitten ein Erlebnis. Im Flussbett war ein trockengefallener Bereich zu sehen, der mich faszinierte - eine Insel aus schwarzer Asche mit Rinnen darin und Abflussstrukturen, wie man es aus dem Wattenmeer kennt – Nature Art. Ich genoss das Bild und machte wiederum zahlreiche Fotos.




    Es wurde windig und zog sich zu; einzelne Regentropfen fielen. Ich fuhr zurück zur Unterkunft, hielt aber noch einmal in Vopnafjörður an um nachzutanken. Dort kaufte ich mir noch zwei Sandwiches zum Abendbrot sowie ein paar Kekse. In der Unterkunft angekommen ließ ich den Tag noch einmal Revue passieren und schrieb bei einem Bier meine Gedanken dazu auf. Um 22.00 Uhr fiel ich todmüde ins Bett. Eine halbe Stunde später schreckte ich auf – ich dachte, die Schafherde, die sonst vor der Unterkunft umherlief, hätte sich einen Weg ins Haus gebahnt. Ich hörte ein lautes Blöken und Getrampel. Nein........, es war nur ein Kleinbus mit Touristen angekommen, die es den Schafen gleich taten und laut redend ihre Koffer durch den Flur über den elastischen Laminatboden schoben, so dass ich das Gefühl bekam, ich liege in einem Wasserbett. Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei und ich konnte weiterschlafen.


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