16. 8.2017
2. Tag
Island begrüßt uns mit blauen Himmel und Sonnenschein. Kurz entschlossen entscheidet mein Bruder, dass wir heute noch Gullfoss und Geysir anfahren. Ich gucke ihn etwas skeptisch an, ob er weiß was das bedeutet? Unser Ziel ist heute das Hotel Nupar, was hinter Kirkjubæjarklaustur liegt. Aber gut, denke ich, er wird schon wissen, was er da vorstellt (wie sich am Abend herausstellt hatte er keine Ahnung mehr das Kirkjubæjarklaustur so weit weg lag….). Da uns das Frühstück zu teuer ist, starten wir Truppi. Spätestens jetzt sind die Leute um uns herum wach, denn Truppi pfeift ganz wunderbar. Irritierende Blicke um uns herum, wir lächeln zurück. Wir hätten uns ein Schild basteln sollen, auf dem steht dieses Geräusch ist völlig normal, nein unser Auto explodiert nicht gleich. Auf geht es in einen langen Tag.
Doch zunächst weisen wir unsere Mutter in unser Spiel von „Hund sitzt“ ein, statt nach Hunden zu gucken, suchen wir die Happy Campers Autos und wenn einer einen erblicken rufen wir entzückt „Happy Campers!“ und grinsen dabei.
Dann stürmen wir den Bäcker im Ort. Wir kaufen bei einer überforderten nicht English fähigen älteren Dame belegte Bagels und Gebäckstücke (außen braun, mit Schokoglasur und innen gelblich und nach Zitrone schmeckend, ihr wisst bestimmt wie das heißt). Dann decken wir uns noch mit Lebensmittel (Hraun!!!! Und Buff was nur ich esse!) ein und natürlich kaufen wir einen Campingkocher, für die Zeit wenn unsere Mutter weg ist. Davor wird sie noch das Essen zahlen („Ich esse doch nicht von einen Campingkocher!“). Mit bestem Wetter geht es auf zum Gullfoss, wir fragen erneut unsere Mutter was sie nun von Island hält, ob es immer noch hässlich ist? „Nein, hier ist es wunderschön.“.
So fährt es sich gleich besser. Am Geysir ist schon deutlich was los. Noch sagt meine Mutter: „Aber im Gegensatz zu Neuschwanstein, ist das hier noch gar nichts!“. Am Ende des Tages hat sich ihre Einstellung bereits geändert „Die Regierung muss diese Touristenzahlen kontrollieren, sonst wird hier noch alles zerstört.“ So schnell gewöhnt man sich an Einsamkeit
Aber zurück zum Geysir. Wir machen den kleinen Rundweg, sofort verliebe ich mich erneut in dieses blaue Wasser, intensiv und so ganz anders als die Farbe unseres Wassers. Wir beobachten den Strokkur wie er zweimal ausbricht, amüsieren uns über einen Asiaten der versucht seine Drohne zu kontrollieren und haben schon Angst oder Erwartungslust, dass er das Ding in das heiße Wasser fliegt. Wie es ausgeht, wissen wir nicht, denn wir wollen weiter. Aber zuvor krame ich eine CD aus meiner Tasche, meine Mutter macht große Augen aber ich kann sie beruhigen, auf der CD ist keine Metall Musik sondern Herr der Ringe und Two Steps from Hell, epische Lieder für ein fantastisches Land, so fährt man gerne!
(dieses Blau!)
Am Gullfoss angekommen, genießen wir den Anblick. Dann heißt es hin zum Wasserfall und staunen. Auch unsere Mutter ist hin und weg von dem ganzen Wasser und Rauschen. Noch einmal die Treppe nach oben und zurück gucken. Und dann natürlich, das erste Mal den Gletscher sehen, am Horizont schimmert es weiß. Das Auge kann es kaum glauben, das Handy nicht erfassen. Ein Tor zu einer anderen Welt, denke ich mir.
Das nächste Ziel ist der Seljalandsfoss. Die Autos parken bereits auf der Straße, wir sind brav und nehmen den Parkplatz und zahlen noch viel braver die Parkgebühr. Kurz frage ich mich ob überhaupt kontrolliert wird. Vorsorglich bekleiden wir uns mit Regenjagen. Und dann auf, auf zum Wasser. Auch hier ist einiges was los. Mühsam umrunden oder durchlaufen wir den Wasserfall. Ich liebe ja Touristen die auf einen schmalen Weg anhalten um ein Foto zu machen und dabei vergessen, dass die Leute hinter ihnen stehen bleiben müssen und sogleich Bekanntschaft mit der Gischt schließen müssen…. Aber ok, man besucht diesen Wasserfall nicht im Glauben das man wieder trocken davon kommt. Natürlich wird der Nachbarwasserfall nicht vergessen. Wir erzählen unserer Mutter nicht, dass man durch den Fluss von Stein zu Stein hopsen muss um zum Wasserfall zu kommen. Sie bemerkt unsere Falle erst als sie schon mitten drin ist. Wir amüsieren uns ein wenig und beobachten gebannt ob sie es schafft. Nach erfolgreicher Hopserei bestaunen wir auch diesen Wasserfall. Der Rückweg gestaltet sich als etwas schwierig, da uns ständig Leute entgehen kommen, aber irgendwann kommen auch wir raus.
(Mein Bruder versucht sich zu tarnen)
Nächstes Ziel Skodafoss. Auch hier viele Leute, aber wir finden noch ein Plätzchen für Truppi (mittlerweile klappt das Einparken ohne Probleme). Zum Wasserfall, heute leider ohne Regenbogen, aber man will ja nicht kleinlich sein. Während Bruder und Mutter noch die Treppe nach oben erklimmen möchten, scheue ich mich vor den Höhenmeter und setze mich auf eine Bank und beobachte die Leute um mich herum.
(Er wirkt beinahe bedrohlich)
Als sie schließlich wieder unten sind, stellen wir fest, dass ein Reisebus uns eingeparkt hat. Ok, dann essen wir eben Mittag. Und danach ist auch der Weg wieder frei. Unser letztes Ziel ist Reynisdrangar und der Strand Reynisfjara. Auf den Weg dahin wird natürlich der Gletscher bestaunt. War er vor zwei Jahren auch schon so groß? Schießt es mir durch den Kopf wohlwissen das der Vatnajökull noch vor uns ist. Das letzte Stück der Straße zum Strand ist eine Baustelle und wie in Island üblich müssen wir drüber fahren. Kurz erhebt der deutsche Anteil in mir Einspruch, aber er muss sich geschlagen geben. Der Bauarbeiter winkt uns durch. Wir fahren zum Parkplatz, der mehr als voll ist. Gerade so bekommen wir noch eine Lücke. Mein Bruder und ich sind erschlagen. Vor zwei Jahren waren wir hier noch fast alleine und jetzt? Ein Teil von mir wird traurig, ein anderer wüten auf diese Touristenmassen und der dritte Teil gibt zu bedenken das wir auch Touristen sind. Also steigen wir aus, gucken uns kurz das Warnschild an, auch wenn ich den Hintergrund des Schildes weißt, müssen wir doch etwas über das Schild lachen. Das Wort Deadly Sneaker Waves ist einfach zu putzig und wirkt an diesen so friedlichen Tag absurd, so unwirklich das wir einfach nicht anders können als zu lächeln (jedes Mal wenn wir nun das Meer sehen, müssen wir nun an deadly sneaker waves denken.). Der Strand ist voll, überall Leute. Eigentlich liebe ich diesen Strand, nicht wegen den Basaltsäulen, nicht wegen der Höhle, nicht wegen den Trollen oder den schwarzen Sand sondern wegen der Steinwand. Wenn ich sie erblicke stelle ich mir immer vor, dass es keine Steinwand wäre, sondern die Haut eines schlafenden Drachen!
Wir wandern etwas entlang, ich setze mich und lausche dem Rauschen vom Meer, was an der Steinwand noch einmal wiederhallt. Um mich herum suchen die Leute nach den Papageientauchern, einige wenige dieser kleinen Vögel gibt es hier noch. Nach einer halben Stunde wollen mein Bruder und meine Mutter weiter. Ich erhebe mich langsam und auch etwas traurig, ich wäre gerne noch hier geblieben, der Ort wirkt auf mich absolut beruhigend. Beim Gehen sehe ich noch Kinder, die die „Klaue“ des Drachen einfach empor klettern, die Eltern geraten kurz in Panik und ich stelle mir vor wie der Drache erwacht und einfach alle auffrisst. Ok, nein… lieber soll er weiterschlafen, vielleicht bemerkt er uns einfach nicht.
(Das Warnschild)
(voll ist es geworden)
(schlafender Drache)
Es bewölkt sich etwas, aber das Wetter ist immer noch schön. Unser Ziel ist das Hotel Nupar, ein Hotel was verdammt teuer ist, mitten im Nirgendwo liegt und eigentlich nur aus Baucontainer besteht. Meine Mutter muss lachen als sie es sieht „Die Idee ist so genial, einfach Container zusammenstellen und man macht so viel Geld.“. Ich hätte dieses Hotel ja nicht ausgewählt, aber etwas anderes war nicht mehr frei. Beim Einchecken bangen und hoffen wir, das unser Zimmerfenster Richtung Gletscher zeigt und nicht Richtung Parkplatz. Nach wenigen Schritten wird klar, wir haben Glück Blick auf den Vatnajökull, der heute sich schüchtern gibt und sich hinter Wolken verbirgt. Wir setzen uns auf die Terrasse die jedes Zimmer hat und bestaunen die Wolkenpracht und die Stille. Es ist… ach ich kann es nicht Worte fassen. Wir brauchen keinen Fernseher, wir haben den Ausblick. Gut Internet wäre schön gewesen, aber das gab es auch nicht, zu viele Leute, zu wenig Kapazität. Es sollte das einzige Mal auf Island bleiben, dass wir kein Wlan hatten. Tja es ist eindeutig: man bezahlt für den Blick und nicht für die Ausstattung. Wir essen noch im Restaurant, das Essen ist gut aber auch etwas teuer, aber ich muss ja nicht zahlen. Meine Mutter überlegt noch kurz ob sie ein Glas Wein bestellt, nimmt aber dann doch eine Cola nachdem sie den Preis sieht. Während des Essens beobachten wir noch eine asiatische Familie neben uns, Vater, Sohn und Tochter starren auf ihr Handy. Kurz habe ich Mitleid mit der Mutter, aber kaum habe ich das gedacht holt auch sie ihr Handy raus und vertieft sich in die virtuelle Welt. Schon etwas seltsam, denke ich. Aber ich schließe sogleich Frieden mit dieser Familie als sie ihr Essen sehen. Völlig vergnügt essen sie die Sahnenudeln, die wirklich sehr lecker schmecken. Mein Bruder hingehen beobachtet ein Pärchen am anderem Tisch die kein Wort miteinander reden und uns einige Blicke zuwerfen, als mein Bruder und meine Mutter darüber diskutieren wann man den Genetiv verwendet (eine Diskussion die leider außerhalb meines grammatikalisches Wissen liegt). Nach dem Essen heißt es aber dann ab ins Bett!
So geht ein ereignisreicher Tag beinahe zu Ende. Denn kaum ist die Sonne untergegangen, zeigt sich am Himmel ein leicht grünlicher Nebel. Ich wecke meine Mutter die bereits eingeschlafen war. Polarlichter ganz schwach, aber man kann das Band erkennen. Island meint es wirklich gut mit uns.
(Wer kann ihn erkennen?)