Iceland 2014 - Dance on a Volcano...

  • Die Vision
    Einsam nähert sich die düstere Gestalt dem Abgrund, vorsichtig ein Gefäß tragend. Behutsam setzt sie den Behälter mit der rätselhaften Substanz ab. Energisch entledigt sie sich des kapuzenbewehrten Oberteils und entblößt einen überirdisch muskulösen Körper…Scheinbar menschlich, aber doch leicht befremdlich! Im Hintergrund fließen unglaubliche Wassermassen über eine Kante, während sich der offensichtliche Alien einen kräftigen Schluck aus der mitgebrachten Schale gönnt.
    Skául!
    Danach entwickelt es sich fast so, wie man es erwarten könnte – der Alien stürzt den gigantischen Wasserfall hinunter, um dem Leben auf dem unwichtigen Planeten Erde aus cineastisch noch verborgenen Motiven einen vielleicht verdienten Odem des Lebens einzuhauchen. Der Film Prometheus unter der Leitung des Regisseurs Ridley Scott , der unter anderem auf der für mich anfangs unscheinbaren Insel Island gedreht wurde, bekommt ansehnliche Kritiken und zumindest einer der Kinobesucher weltweit, wird von einer Vision befallen...


    Da will ich hin!


    Die Vorbereitung
    3 Wochen später...Die ersten Recherchen im Internet ergaben:
    Das Zielgebiet ist landschaftlich interessant, jahreszeitlich nur bedingt lohnenswert bereisbar, aufgrund seiner Bewohner verschroben, mystisch, aber verlockend und unter vernünftiger ökonomischer Betrachtung eigentlich unerschwinglich teuer…Wenn da nicht (Super)-Mario gewesen wäre…
    Schnell stieß ich auf dieses Forum und fand den tollen Bericht vom sympathischen Schweizer Mario, der einen beeindruckenden Reisebericht über seine 3 Wochen auf Island im Juni 2013 verfasst hat. Die Idee war geboren...
    Auch wir würden dieses Abenteuer suchen!
    Der Gedanke, auf sich allein gestellt zu sein, Alles, was man braucht, permanent bei sich zu haben, übte eine gewisse Faszination auf mich aus. Campingerfahrung war vorhanden, Wanderbegeisterung sowieso, alpine Wandererfahrung ebenfalls, warum also nicht?
    Ein zartes Herantasten mit dieser Idee an die ebenfalls outdoorerprobte Lebensgefährtin ergab ein spontanes Ja, nach Lektüre des besagten Reiseberichts sogar ein begeistertes "Warum haben wir das nicht schon mal früher gemacht?". Danke, Mario! (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Der Plan
    Die folgenden Wochen vergingen wie im Fluge. Das Internet wurde durchkämmt nach allen Informationen
    über Island, wobei sich dieses Forum als unschätzbar wertvoll erwies. Langsam begann, sich eine Struktur ab zu zeichnen. Wir würden eine Route festlegen müssen, wir würden Ausrüstung benötigen, wir würden trainieren müssen, wir würden neue Fertigkeiten erlernen müssen.

    Die Materialbeschaffung war meine Aufgabe, endlich konnte ich mich mal so richtig austoben.
    Erprobte bergfeste Wanderschuhe, strapazierfähige Outdoorhosen, Softshell-, Hardshell- und Fleecejacken waren vorhanden, Socken und Unterwäsche ebenso. Bei den Rucksäcken haben wir uns nach kurzer Suche für Bigblocks entschieden. Getreu dem abgewandelten Motto „Hubraum ist durch nichts zu ersetzen als durch noch mehr Hubraum“ entschieden wir uns für das Modell Kajka von Fjällräven mit umweltfreundlichem Birkenholztragegestell. Überzeugt hat uns die Möglichkeit, den Innenraum komplett über Reißverschlüsse auf der Rückseite zu öffnen und das komfortable Tragegurtsystem. Gewählt wurde die 75l Damenversion und das 100l Herrenmodell.
    Dazu gesellte sich ein Fjällräven Akka Dome 3, etwas überdimensioniert, aber wir wollten Platz für alles im Zelt.
    Schlafsäcke mit Komfortbereich 0° und aufblasbare packfreundliche Isomatten waren vorhanden, somit musste nur noch ein Kocher beschafft werden. Wir entschieden uns für ein Komplettset von Primus, dem EtaPower EF.
    Die benötigten Kartuschen sollte es in Island überall geben, und genau so haben wir es auch erlebt. Kriegt man an jeder Tankstelle und eigentlich auch in jedem Shop auf dem Campingplatz –wenn der Campinglatz einen Shop hat. Und dass ist der Knackpunkt!
    Rückblickend hat sich die Wahl der Ausrüstung bewährt, wenn natürlich auch während des Trips neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Als wahre Lastenkünstler haben sich die großen (leider aber auch schweren) Rucksäcke herausgestellt. Um mit dem Bus das Gerödel von Location zu Location zu transportieren, kein Problem. Auf dem Laugavegur, den wir komplett in 9 Tagen gelaufen sind (dazu später mehr) merkt man jedoch jedes Kilo. Ich denke, dass wir zu Beginn unserer Tour mit kompletter Verpflegung und voll aufgefüllten Wasserreserven mit 25 bzw. 22 kg unterwegs waren…
    Hier ist jedes Kilo weniger mehr, wer nicht ganz soviel Wert auf Platz im Zelt und Komfort des Rucksacktragesystems legt, kann hier schnell ein paar Kilo sparen.
    Auch klamottentechisch hatten wir zuviel dabei. 2 x Funktionsunterwäsche, 2 paar Socken, 1 Longsleeve, 1 Fleeceweste, 1 Outdoorhose, 1 Hardshelljacke, 1 Regenhose, 1 paar Wanderschuhe, 1 paar Crocs zum Furten, Handschuhe, Mütze und eine Badehose reichen als Minimalausstattung. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit Immer schön durchwaschen und trocknen – Passt! Wir waren unsicher und schleppten noch das ein oder andere zusätzliche Wanderhemd oder Softshelljäckchen und Sockenpärchen mit...


    Das Training
    Im Januar begann dann das Training. Bis zur Abreise im August versuchten wir, zumindest jedes 2. Wochenende ein paar Kilometer zu laufen. Anfangs teilten wir uns einen der beiden halbgepackten Rucksäcke auf unseren meist 15 – 25 km langen Wanderungen durch die nordhessische Gebirgslandschaft. Schnee war leider nicht auf zu treiben, so dass wir unsere Ausrüstung unter diesen Bedingungen leider nicht testen konnten.
    Wir ernteten so manchen spöttelnden Spruch von Freunden, mit denen wir am Wochenende wanderten, ob wir umziehen wollten, aber langsam gewöhnten sie sich an unsere mobilen Schrankwände…
    Im Laufe der Monate wurde dann das Gewicht gesteigert, so dass wir zuletzt jeder unsere 20 – 25 kg über 25 km tragen konnten, ohne am nächsten Arbeitstag einen gelben Zettel beim Arbeitgeber abgeben zu müssen. Als begrüßenswerter Nebeneffekt stellte sich auch eine merkliche Gewichtsabnahme über die Monate ein…
    Da wir ein gutes Gefühl zu entwickeln begannen, war es jetzt auch Zeit, die Flüge zu buchen.
    Parallel wurden zu besuchende Sehenswürdigkeiten und Orte mit Prioritäten belegt und dem Erscheinen des Sommerfahrplans von Reykjavik Excursions entgegengefiebert, um die Feinplanung vornehmen zu können.
    Im Juni wurde dann noch ein 4 tägiger Hochtourenkurs im Pitztal eingelegt, um noch ein bisschen fitter im Umgang mit Sicerungstechniken auf Gletschern, Wetterkunde und dem Umgang mit Eispickel und Steigeisen zu werden. Man weiß ja nie, was so alles passieren kann…
    Außerdem konnten wir unsere Hardshellklamotten mal so richtig auf Kälte und Regen testen.


    Der Vulkan
    2010 hatte ich eine interessante Erfahrung mit einem isländischen Vulkan machen dürfen – dem Eyjafjallajökull.
    Sorgte doch der Ausbruch des „Aschemonsters“ für das unverlangte Erlebnis, mit dem Auto von Sofia nach
    Nordhessen gebracht werden zu dürfen, statt entspannt den geplanten Rückflug nach einem Messeauftritt in dieser interessanten Stadt anzutreten. So wurden dann während der äußerst unbequemen 36-stündigen Rückfahrt noch Einblicke in die Landschaften Bulgariens, Rumäniens, Ungarns und Österreichs gewährt. Der Umweg war nötig, da wir keine Reisepässe mitführten und nicht über die kürzere Route Serbien, Kroatien, Slowenien fahren konnten.

    Und hier schien sich der Kreis zu schließen. Kurz vor Antritt unseres Hinfluges Mitte August berichteten diese Seite und die Medien über leichte Erdbebentätigkeit unter dem Bárðarbunga.
    Für den versierten Islandkenner zunächst kein Problem, für uns schon, wollten wir doch direkt nach unserer Ankunft mit einem der letzten Busse der Saison die Sprengisandur befahren, um in Nyidalur 2 Tage zu verweilen. Das sind dann gerade mal 25 km Luftlinie bis zum Zentrum des Erdbebengebiets… (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Tag 1 Keflavik/Reykjavik
    Alle Bedenken wurden beiseite geschoben und die Reise angetreten. Planmäßiger Transfer in kompletter Outdoormontur mit den Schrankwänden zum Abflughafen mit dem günstigen Wochenendticket, hier fallen wir gar nicht so sehr auf mit den großen Rucksäcken.
    Am Flughafen schon eher, der Großteil der Mitreisenden ist eher alltagskonform gekleidet.
    Der Flug vergeht wie im Flug, die Spannung steigt. Wir sitzen auf den guten Tipp eines Bekannten hinrechts und können so in Reichweite gekommen die ersten Eisfelder in der Sonneblitzen sehen. Wie bestellt, aber dennoch überraschend, erwartet uns Icelandmit einem wolkenlosen blauen Himmel und angenehmen Temperaturen. Hatten wirdoch mit deutlich unangenehmerem Wetter gerechnet. Beim Studieren der Wetter App in den letzten Monaten hatten wir den Eindruck, dass es dort für Island eine beträchtliche Anzahl unterschiedlicher Arten von Regen gibt, aber keine für sonnige Wetterlagen. Wir wählten einen Mittagsflug, obwohl er etwas teurer war, hatten wir doch keine Lust, mit einem günstigeren Flug nach Mitternacht auf Island an zukommen. Rein in den Flybus und ab nach Reykjavik, unserem ersten Etappenziel. Mit offenem Mund nahmen wir die ersten Eindrücke dieses fremdartigen Landes in uns auf, dass für die nächsten 3 Wochen unsere Heimat sein würde.
    Ein Bus brachte uns direkt zum Campingplatz in Reykjavik. So stelle ich mir ein Basislager am Everest vor…Eine beträchtliche Anzahl bunter Zelte tummelt sich auf der Wiese, überall huschen in Outdoortextilien gewandete Backpacker geschäftig umher, um zu kochen, zu waschen oder mal eben zu gucken, ob es was Neues im Freeshell gibt.
    Ein Durcheinander an Nationalitäten aller Herren Länder hat sich hier versammelt, um einem gemeinsamen Ziel zu frönen – dem Erkunden und Bereisen dieser einzigartigen Insel!
    Beim Einchecken dann das erste Schlüsselerlebnis. Eine junge Französin spricht mich an und fragt, welcher Tag und welches Datum wohl heute sei. Leicht irritiert über soviel Uninformiertheit gebe ich ihr Auskunft. Eine Woche später ertappe ich mich dabei, dass auch ich nicht mehr weiß, welchen Tag und welches Datum wir haben…
    Den zuhause geprobten Zeltaufbau absolvieren wir gekonnt unter den neugierigen Blicken der anwesenden Trekker, die uns wohl aufgrund unserer gebügelten Klamotten als Neulinge identifizieren konnten.
    Schnell was eingekauft und dann die erste Mahlzeit auf Island gekocht und verspeist. Und die erste Lektion gelernt. Mal eben eine Flasche Wein zum Essen und zur Feier des Tages ist nicht, so etwas muss spontan von langer Hand vorbereitet werden. Gibt es doch in Supermärkten und Tankstellen nur leberfreundliches Lightbeer zu erwerben. Richtiges Bier, Wein oder gar Schärferes gibt es nur in speziellen Geschäften, den Vínbúðins. Die sind eigentlich nicht zu finden und meist geschlossen. Gute Maßnahme!
    Danach wurden die ersten Gespräche geführt, Informationen und Tipps von anderen Reisenden gesammelt. Schauergeschichten, so dachte ich, über Verirrungen im Nebel auf dem Laugavegur, durch Sturm zerissene Zelte und unfreiwillige Badeeinlagen beim Furten diverser Flüsse machten die Runde.
    Am nicht enden wollenden Abend unternahmen wir dann noch eine kleine Wanderung zur Bucht von Reykjavik,
    um den Sonnenuntergang zu genießen, der sich für uns erst ungewohnt spät abspielte.





    Spät ging es dann ins Zelt zur ersten Nacht unter dem Isländischen Sternenhimmel, aber Schlaf wollte sich erst spät einstellen, zu viele neu Eindrücke mussten verarbeitet werden und zu groß war die Vorfreude auf die kommenden Tage… (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Tag 2 Reykjavik
    Zum Frühstück gab es gekauftes Isländisches Müsli mit Milch als Energiespender für den Tag. Während der Wanderungen sind wir dann auf mitgebrachtes Milchpulver umgestiegen, was sich bewährt hat.
    Danach ging es zur Erkundung von Reykjavik, per Pedes versteht sich. Wir liefen vom Campinglatz durch die Stadt zur Perla. Ein imposantes Gebäude mit einer technisch noch beeindruckenderen Funktion. Unglaublich, wie reich dieses Land an Möglichkeiten ist, umweltverträglich Wärme und Energie zu erzeugen bzw. zu nutzen.




    Wir genossen bei erneutem wolkenlosem Himmel den Blick über Reykjavik, aufs Meer und die nahen Vulkanberge.
    Ein kurzer Stopp am BSI, dem Busterminal, um zu klären, wie sich denn das Erdbeben auf den Busfahrplan auswirkt. Es gab grünes Licht, sollte keine dramatische Verschlimmerung der Situation eintreten, würde der Bus auf der F26 planmäßig am nächsten Morgen starten. Optimistisch wurden die Tickets gekauft und der Weg zum Hafen fortgesetzt, wobei es unterwegs noch
    so einiges zu entdecken gab. Die beeindruckende Hallgrímskirkja etwa, oder die übergroßen Graffiti in der Nähe des Hafens.





    Am Hafen gönnten wir uns dann ein Mittagsmahl in einem Fischhaus, sehr lecker!
    Auf dem Rückweg zum Campingplatz wurden dann die Vorräte für die nächsten Tage ergänzt, stand uns doch der erste kleine Ausflug in die unbekannte Weite bevor. Im Basislager angekommen, beschlossen wir, den dann doch lang gewordenen Erkundungsspaziergang mit einem
    entspannenden Besuch im neben dem Camping gelegenen Laugardalslaug ab zurunden.
    Nachdem wir uns durch die diversen Heißbecken gesiedet hatten, gab es noch ein lecker Abendmenü mit Nudeln, Krabben und Lachs und der obligatorischen Dose Lightbeer…So lässt es
    sich aushalten!

    An diesem Abend stellte sich der Schlaf schneller ein, wohl aufgrund der Erschöpfung, aber auch dem Gefühl, angekommen zu sein.
    Am nächsten Tag heißt es früh aufstehen, Háhyrna, wir kommen! (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Hallo Max,
    auch ich lese mit Spannung deinen Bericht - danke, dass du uns daran so ausführlich teilhaben lässt :thumbup:
    Schmunzeln musste ich über die detaillierten und ausgiebigen Reisevorbereitungen, das liest sich, als sei hier ein Kontrolletti am Werk, und - ich gebe es zu - ich schaue in einen Spiegel :D


    Bin sehr gespannt auf eure 9-Tage-Tour über den Laugavegur.


    Was ich allerdings nicht mitbekam (habe dazu zweimal deine Posts durchsucht; vielleicht bin ich ja blind): Wann genau wart ihr denn auf Island?


    Beste Grüße
    Stella

  • Tag 3 Sprengisandur/Nyidalur
    Getreu dem Motto „Der frühe Vogel kriegt den Bus“ schlüpften wir recht früh aus den Kunstfasern, wollten doch ein Zelt, Schlafsäcke, Klamotten und Vorräte verpackt werden, und das Bitteschön bis zur Abfahrt vom Shuttlebus zum BSI gegen 07.00 Uhr. Und ja, wir nahmen den Bus, sonst hätten wir noch früher aufstehen müssen.
    Gegen 08.00 Uhr enterten wir dann den hochlandtauglichen Bus, der gar nicht so hochlandtauglich aussah. Beim obligatorischen Anschnallen hatte ich leichte Probleme, ich kommentierte die Fehlfunktion gegenüber dem Busfahrer mit einem spöttischen „ German
    Engineering“, worauf dieser mich belehrte „No, it’s Mercedes Benz. It`s from The Netherlands!“ Wieder was dazu gelernt…

    Erneut wolkenloser Himmel, es war sehr warm, und während der folgenden 5 stündigen Fahrt zunächst an der Südküste entlang und dann durchs Hochland kamen wir kräftig ins Schwitzen. Eine unglaublich abwechslungsreiche Landschaft bot sich unseren Blicken dar, zunächst grün und saftig, dann immer mehr zu einer Wüsten- und Mondlandschaft mutierend, mit bizarren Gipfeln links und rechts der Route. Wir passierten die beeindruckende Hekla, aufgrund des tollen Wetters ohne ihre namensgebende Haube aus Wolken zu sehen.
    Hier offenbarte sich sogleich der erste Nachteil von Reisen mit dem Bus. Es überkommt einen permanent das Bedürfnis, anzuhalten, auszusteigen, den Foto zu schnappen und Bilder zu schiessen. Oder einfach nur darauf los zu laufen, die unverbrauchte Luft ein zu atmen, das Lichtspiel zu genießen und die karge Landschaft zu studieren.
    Die Reihen im gut gefüllten Bus lichteten sich zunehmend, wurden doch einige unterwegs abgesetzt. Beeindruckt hat uns eine kleine Gruppe, die mitten im Nirgendwo den Bus verließ, wir sollten sie später noch wieder treffen.
    Schnell machten wir die Bekanntschaft einer überaus gut informierten jungen Abenteuerin, deutschstämmig, aber mit Land, Leuten, Sprache und Vulkanen sehr vertraut. Sie war spontan auf dem Weg zum Erdbebengebiet, um sich den Traum der Anwesenheit bei einem Vulkanausbruch zu gönnen. Zu diesem Zeitpunkt sollte er sich nicht erfüllen,aber aus zuverlässiger Quelle wissen wir, dass es einige Wochen später geklappt hat.


    Kerstin unterwegs...: A Song of Ice and Fire


    Wir drei verließen als Einzige nach Mittag den Bus in Nyidalur, einer coolen Location direkt neben dem Tugnafellsjökull gelegen, mit Ausblick auf Hofsjökull und Vatnajökull. Unser Ziel war der Háhyrna, der westlichste Gipfel des Tugnafelljökull mit einer Höhe von 1534 m, dessen Gipfel wir wegen eines anderen Hobbys erreichen wollten…



    Es war immer noch tolles Wetter, sehr warm, Zeltaufbau im T-Shirt, nahezu windstill und einfach nur traumhaft. Als der Bus weiterfuhr, kehrte Ruhe ein. Unsere Polarforscherin machte sich allein auf den Weg näher an das Erdbebengebiet heran, wir erkundeten die nähere Umgebung der Campsite. Wanderten zum nahe gelegenen Fluß, um für den nächsten Tag eine Furt zu erkunden. Bei der Rückkehr informierte uns der weibliche Warden (müsste es nicht eigentlich Wardness heißen?) über eine bevorstehende Wetteränderung. Der Wind dreht auf Nord, es wird deutlich kälter, Schnee ist möglich!


    Kaum zu glauben angesichts der momentan gefühlten 20°, aber sie sollte recht behalten. Gegen Mitternacht war es windig, eisig kalt und es begann zu graupeln. Jeder Gang nach draußen war empfindlich kalt und wir waren froh über unser warmes wetterfestes Zelt.
    Würde das Wetter für den nächsten Tag unseren geplanten Gipfelstieg zulassen? (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Tag 4 Háhyrna
    Nach einer kühlen Nacht erwartete uns ein akzeptabler Morgen. In der Region unseres Tagesziels hatte es offensichtlich etwas Schnee gegeben, ansonsten hatte der Wind abgeschwächt. Nach dem Frühstück brachen wir dann gespannt zu unserer Bergtour auf, nicht ohne uns zuvor bei der vor Ort stationierten Rangerin des Vatnajökull-Nationalparks abzumelden. Wir wussten noch nicht, dass 1079 Hm und 8,8 km Wegstrecke vor uns lagen, bis wir nach 7h wieder zurück sein würden. Während des Aufstieges änderte sich das Wetter zunehmend in Richtung schlecht, der Wind frischte wieder auf, es begann zu graupeln, am Gipfel erwartete uns leichter Schneefall. Begleitet wurde unser Aufstieg von tollen Ausblicken durch die Wolkenlücken zurück auf unser Camp und den dahinter liegenden Hofsjökull.




    Durchgefroren zurück, gönnten wir uns eine kostenpflichtige heiße Dusche und lernten danach Siggi kennen, einen Isländer, der hier samt Jeep und Anhänger Station gemacht hatte und ein leckeres Abendessen im Gemeinschaftsraum der Hütte aufbaute. 30 Minuten später traf die Gruppe Wanderer ein, die Tags zuvor den Bus mitten auf der Sprengisandur verlassen hatte. Geführt von einem sympathischen deutschen Tourguide machte sich die muntere Truppe über das reichhaltige Buffet her, während wir unsere YumYum –Suppe mit Thunfisch löffelten…
    Danach unterhielten wir uns noch mit dem Guide, Jerome, der weltweit Wüsten- und Outdoorwanderungen anbietet, komplett durchorganisiert, mit Gepäcktransfer und Verpflegung. Auch eine Möglichkeit, Island oder andere tolle Orte kennen zulernen, ohne sich selbst allzu sehr mit Planung, Tragen von schwerem Gepäck, Kochen, Navigieren und Zurechtfinden abmühen zu müssen. Aber nicht unser Ding...
    Er erkundigte sich nach unseren weiteren Plänen, erwähnte, dass die Erdbebentätigkeit wohl zunähme und mit einem Ausbruch und damit verbundenen Komplikationen zu rechnen sei. Die besondere Gefahr bei den meisten isländischen Vulkanen besteht darin, dass sie sich unter dem Gletschereis befinden. Kommt es zu einem Ausbruch, schmilzt die austretende heiße Lava kurzfristig das darüberliegende Eis, es kommt zu einem Gletscherlauf. Gigantische Wassermassen suchen sich dann einen Weg in tiefere Lagen, durchsetzt mit riesigen, haushohen Eisbergen. Sie walzen alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Deshalb werden die meisten Vulkane seismologisch überwacht, um bei erhöhten Aktivitäten die betroffenen Gebiete schnellstmöglich zu sperren und zu evakuieren.



    Gut, dass wir am nächsten Tag planmäßig weiterziehen wollten, langsam wurde uns schon ein wenig heiß unter den Füßen. Wir bekamen noch den Tipp, im Þórsmörk den toll gelegenen Campingplatz Langidalur zu nehmen, was wir später dann auch befolgten.
    So endete unser zweiter Tag in der Mitte von Nirgendwo, knapp am Ende der Welt, mit der Vorfreude auf weitere Abenteuer… (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Ich lese das gerne mit, es gefällt mir von den vielen kleinen Dingen zu lesen, die Island auch für mich reizvoll machen.
    Es ist erst der zweite Tag deiner Reise vergangen und du hast bereits viele Menschen kennengelernt.
    Und irgendwie landen wohl alle mal bei Yum-Yum Instant Suppen... totlach
    Mach weiter so,ich bleibe dran...

    Gruß Manfred


    Island-Bilder gibt es hier:

    [url='http://portfolio.fotocommunity.de/manfred-bartels']

  • Ich lese das gerne mit, es gefällt mir von den vielen kleinen Dingen zu lesen, die Island auch für mich reizvoll machen.
    Es ist erst der zweite Tag deiner Reise vergangen und du hast bereits viele Menschen kennengelernt.

    Danke! Das war meine Intention...Die Besucher dieses Forums mit dem Bericht zu unterhalten als Dankeschön dafür, dass ich selbst so viele Anregungen und Informationen hier entnehmen durfte...
    Wir haben so unendlich viele bewundernswerte Menschen und interessante Typen kennen gelernt...zu Einigen besteht noch Kontakt, Andere sind in ihrem Leben weiter gezogen...aber irgendwann werden wir uns wieder sehen, die Wahrscheinlichkeit, das es auf Island sein wird, ist groß... bisbald

  • Toll, Thomas!
    Ich freue mich schon auf den nächsten Tag eurer Reise :thumbup:


    Schade, dass es bei mir noch 8,5 Monate sind, bis ich den Fuß auf die Insel setze. Und dann ist an Wandern erst einmal nicht zu denken, aber die Zeit dahin an den Berichten derer Anteil zu nehmen, die gerade tolle Erlebnisse auf der Insel hinter sich haben, verkürzt die Zeit wunderbar dankeschoen1

  • Hallo Thomas,
    ich lese das auch gerne mit. Unterhaltsam und teilweise sogar spannend geschrieben macht das richtig Spaß. Ich erinnere mich dann gleich wieder an viele Dinge und die waren bisher auch beim 5. Island-Besuch alle sehr positiv.


    thx1


    GoIceland

  • Tag 5 Sprengisandur/Myvatn
    Der frühen Unruhe außerhalb unseres heimeligen Zeltes nachgehend entdeckten wir Besuch. Ein Wohnmobil hatte angelegt, einen gestrandeten Schweizer an Bord, bei dessen einachsigem MTB-Anhänger die Kupplung gebrochen war. Besser hier als in Nordafrika, war seine stoische Betrachtungsweise der Havarie. Ich nutzte auf seine Einladung hin die Möglichkeit einer kleinen Proberunde mit seinem Bike, einem Unikum mit Tretlagerschaltung. Tolles Teil!



    Nach Mittag enterten wir dann den glücklicherweise ankommenden Bus. Dieser Bus fährt nur alle zwei Tage und stellte seine Fahrten am 27.August diesen Jahres ein. Weiter ging die Fahrt durch die Wüste. Ja, die Sprengisandur ist eine Wüste. Die Landschaft wechselt in Richtung Filmkulisse der Mondlandungen. Tatsächlich haben die amerikanischen Astronauten in Vorbereitung der Mondlandungen auf Island trainiert. Einerseits, um sich auf die Landschaft einzustellen, andererseits, um grundlegende Kenntnisse der auf dem Mond wahrscheinlich anzutreffenden Geologie zu erwerben. Dieses Training fand aber in der Region um Askja statt. Während der Busfahrt
    wurden wir dann erstmalig mit den Auswirkungen der Erdbebentätigkeit konfrontiert, waren doch alle Abzweigungen von der
    Sprengisandsleið in Richtung Osten bewacht abgesperrt. Zu diesem Thema sollten wir später noch ernsthaftere Erfahrungen machen. Auf der Weiterfahrt nach Myvatn, dem Mückensee, konnten wir den zweiten Nachteil von Reisen mit dem
    Bus erleben. „Watching waterfalls always in a hurry“! Die Überlandbusse steuern die bekanntesten Sehenswürdigkeiten an, die auf der Route liegen an, aber der Ablauf ist stressig: Bus hält, Ansage vom Fahrer, 30 min Pause, Eilmarsch
    zum Wasserfall, schnell ein paar Fotos geschossen, Jogging zurück zum Bus, Bus fährt los.
    Mist, vergessen, auf Toilette zu gehen!
    So erstmalig erlebt am sehenswerten Aldeyjarfoss.



    Weiter ging es auf der Straße entlang zum nächsten Highlight, dem Goðafoss, dem Wasserfall der Götter.


    Da wir ausnahmsweise wieder einen tollen sonnigen Tag erwischten, konnten wir das Farbspiel von Wasser, Gischt, Himmel und Regenbogengenießen – wenn auch leider nur für viel zu kurze Zeit, stand doch wieder der olympische Mittelstreckenlauf zurück zum Bus auf dem Programm. Später erreichten wir dann das Tagesziel, den Campingplatz in Myvatn. Eine traumhaft schöne Landschaft, idyllisch gelegen, sonnig, warm…



    Beim Einchecken machte uns das freundliche Mädel am Empfang auf das nahegelegene Myvatn Nature Bath aufmerksam. Klang verlockend, es war ja auch erst nach 20.00 Uhr, 4 km zu laufen, bis Mitternacht geöffnet. Also Attacke! Im Supermarkt noch schnell 2 Sandwiches gekauft und dann Spurt zum Bad. Wir waren ja mittlerweile gut trainiert, erreichten das Bad und wurden mit einem traumhaften Abend belohnt.
    Dass sich noch eine bessere Nacht einstellen sollte, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht.

    Das Bad ist ein Traum und diente uns als Ersatz für die Blaue Lagune, die wir eigentlich am Ende unserer Reise eingeplant hatten, aber aufgrund dieses Erlebnisses getrost von unserer Liste streichen konnten.
    Heißes Wasser, einen Becher Lightbeer in der Hand, Blick im Sonnenuntergang unter wolkenlosem Himmel in die atemberaubende Landschaft…So ähnlich muss das Paradies beschaffen sein.




    Gegen Mitternacht verließen wir das Bad, verspeisten unser mitgebrachtes Sandwich auf dem Rückweg und bewunderten den klaren Sternenhimmel in dieser zunehmend kälter werdenden Nacht. Eigentlich ideale Voraussetzungen für Polarlichter, aber alle bisher
    Angesprochenen hatten uns glaubhaft versichert „ It`s not the season for northern lights“.

    Schade eigentlich!
    Wir liefen weiter entlang der einsamen Landstraße, die Temperatur hatte sich mittlerweile dem Gefrierpunkt angenähert, als meine Süße zumHimmel zeigte und erwähnte, dass dort wohl ein Kondensstreifen eines vorüberziehenden Jets zu sehen sei. Als ich entgegnete, das es
    sich hier um beginnende Aurora Borealis handelt, wurde ich belächelt. 10 min später, als sich die Farbe des Kondensstreifens in ein zartes blasses Grün verwandelte, waren wir verzweifelt auf der Suche nach einem festen Auflagepunkt für den Foto. Pures Glück, dass wir ihn dabei hatten, war es uns doch unberechtigterweise zu risikoreich, ihn im unverschlossenen Zelt zurück zu lassen.




    Leider kein Stativ dabei, fototechnisch zu unerfahren, um es ohne gescheit hin zu bekommen. Aber der Eindruck war schon imponierend, das Wechselspiel der Polarlichter zwischen Schärfe und Verblassen, das Ändern der Formen und Verläufe. Wir konnten das Farbspiel den ganzen Rückweg zu unserem Zelt genießen, das wir wegen der sehr kalten Nacht mit Raureif bedeckt vorfanden. Einer unserer Träume war bereits erfüllt, wir hatten Polarlichter gesehen. Morgen wollten wir uns auf die Suche nach Walen machen, sollte uns das auch gelingen? (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Tag 6 Húsavik
    Another day in Paradise…Ausnahmsweise mal wieder keine Wolke am Himmel, Húsavik war das Ziel, Wale schauen der Plan. Rein in den Bus und ab in das malerische Hafenstädtchen. Nach kurzer Überlegung entschieden wir uns gegen das Speedboat und für die stilvollere old fashioned Variante – Ausfahrt mit dem großen ehrwürdigen Eichenholzboot, der Garðar.



    Aufgeregt liefen wir aus, das tolle Licht und die leicht schaukelnde Dünung genießend. Wir wurden vom Guide auf das Uhrzeitsystem zur Orientierung auf dem Meer eingewiesen und los ging die Jagd. Wir hatten Glück und bekamen gleich zu Angang einen Harbour Porpoise zu sehen, einen Schweinswal, eine der kleinsten Walarten und eher selten zu sehen, da sie Einzelgänger sind. Als nächstes sahen wir mehrfach einen Minkwhale, einen Zwergwal. Dieser eher kleinere Bartenwal ist durch das Ausblasen der Atemluft schon auf etwas weitere Entfernung zu entdecken. Wird ein Wal gesichtet, versucht das Boot, während der Wal mehrfach an der Oberfläche Luft sammelt, näher zu kommen, um Fotos aus der Nähe zu ermöglichen, ehe der Wal wieder abtaucht. Hier sind die Speedboote klar im Vorteil, da sie schneller und wendiger sind, allerdings bekommt dass Ganze dann schon den Charakter einer richtigen Jagd. Höhepunkt was das Sichten eines Humpback whales, eines Buckelwales. Für diesen schon etwas größeren Bartenwal sind die deutlich größeren Flipper charakteristisch. Beim Abtauchen zeigt er einen deutlich sichtbaren Buckel und hebt die Fluke völlig aus dem Wasser.



    Leider hatten wir aus Gewichtsgründen nur eine kleine Festbrennweite als Objektiv dabei, hier wäre ein Tele sicher von Vorteil gewesen. Buckelwale sind für ihren charakteristischen Walgesang bekannt, sowie für ihre akrobatischen Sprünge. Das Aussehen der Fluke ist so individuell wie bei Menschen der Fingerabdruck, man kann einzelne Wale an Ihren charakteristischen Schwanzflossen wieder erkennen,
    es gibt sogar eine wissenschaftlich Foto-Datenbank zur Identifizierung.
    Völlig beeindruckt erreichten wir nach 4 h wieder den Hafen, nicht ohne zuvor an Bord noch mit einem heißen Kakao und einer Zimtschnecke verwöhnt worden zu sein. Nach einem kleinen Spaziergang durch Húsavik sollte sich dann die Rückfahrt unerwartet schwierig gestalten. Während im Süden Reykjavik Excursions die Busse stellt, sind hier im Norden die meist kleineren Busse des Partners SBA unterwegs, mit denen wir nicht ganz so gute Erfahrungen machten…
    Konnten wir doch erstaunt beobachten, wie der Bus abends am vereinbarten Treffpunkt langsam an uns vorbei
    fuhr, ohne anzuhalten, um seine Fahrt nach Myvatn fort zusetzen. Ohne uns!

    Ein Anruf beim Campingplatz brachte nur die erstaunte Frage, was frau denn dort für uns tun könne. Meiner Bitte, beim Busunternehmen anzurufen und den Bus zurück zuordern, wurde aber erfolgreich entsprochen. 30 Minuten später stand ein breit grinsender Busfahrer vor uns, der erklärte, er sei in Eile gewesen und habe niemanden an der Haltestelle gesehen. Wahrscheinlich litt er an einerWinkende-Touristen-Sehschwäche…
    Diese Verzögerung brachte unsere Abendgestaltung leider durcheinander, wollten wir doch noch den nahe gelegenen Hverfjall erklimmen. Hier scheiterten wir leider aus Zeitgründen, erreichten wir doch nach einem strammen Marsch über das vorgelagerte, von Cracks durchzogene und mit Bäumchen bewachsene Plateau den Fuß des Kraters erst gegen 23.00 Uhr. Somit blieb nur der Rückweg zum Zelt, dass wir weit nach Mitternacht erreichten. Ein weiterer Traum war erfüllt, die größten Säugetiere unseres Planeten gesehen zu haben. Morgen sollte dann die Initialzündung der Reise besucht werden, der mächtige Dettifoss. Jedoch verhieß das eskalierende Gefahrenpotential aus dem Erdbebengebiet für die nächsten Tage nichts Gutes… (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Tag 7 Dettifoss/Akureyri
    Ein neuer Tag beginnt, heute stand das vermeintliche Highlight der Reise auf dem Programm. Der Dettifoss, Europas größter Wasserfall, mitverantwortlich dafür, dass wir hier waren. Da wir ausnahmsweise tolles Wetter mit wolkenlosem Himmel hatten, genossen wir die diesmal unkomplizierte Fahrt am Kraftwerk Krafla vorbei zum Wasserfall. Die Lage im Erdbebengebiet war ernst, aber noch nicht bedrohlich, so dass der Bus fuhr. Wir befanden uns jetzt direkt im eher gefährlichen Gebiet. Der Jökulsá á Fjöllum, der den Dettifoos speist, entwässert den Nordteil des größten Isländischen Gletschers Vatnajökull. Und richtig, dort im Norden liegt der Bárðarbunga, unter dem es derzeit so kräftig rumorte. Sollte dort ein Ausbruch stattfinden, würde der einsetzende Gletscherlauf eben diesen Fluss entlang rasen und die bekannte Landschaft und auch den Dettifoss völlig ummodellieren. Wir wären dann sozusagen mit die Letzten, die den Dettifoss in seiner bekannten Ansicht zu sehen bekommen hätten! Voller Erwartung näherten wir uns dem Parkplatz, das Donnern und Tosen der Wassermassen war schon weithin zu vernehmen. Diesmal setzten wir unsere erlernte Mittelstreckensprinttechnik schon auf dem Hinweg zum Wasserfall ein, um vor Ort mehr Zeit für Fotos zu haben. Und da ist er nun, in seiner geballten gigantischen Erscheinung, breit, stark und ein bisschen schmutzig…


    Der Wasserfall im Hintergrund ist natürlich gemeint! Hier noch einmal ohne den störenden Touristen.



    Wir konnten uns gar nicht satt sehen am imposanten Schauspiel und schossen einige Bilder. Ein tolles Gefühl, wenn sich eine Vision in ein Erlebnis verwandelt. Berührt sahen wir uns an. Alles richtig gemacht, dies war ein Moment für die Ewigkeit, wir waren mit uns im Reinen und in diesem Moment so verbunden mit den Naturgewalten, der Schöpfung und dem Kosmos wie nie zuvor.


    Viel zu schnell fiel wieder der Startschuss für unser mittlerweile liebgewonnenes Ritual. Schnaufend am Bus angekommen, studierten wir noch die am Parkplatz aushängenden aktuellen Informationen über die Erdbebenlage. Oweia…Wanderer werden angehalten, aus Sicherheitsgründen keine längeren Wanderungen als 4h Dauer im Flussgebiet zu unternehmen. Dies entspricht wohl der Vorwarnzeit bei einem zu erwartenden Gletscherlauf. Weiter ging es mit dem Bus entlang des besagten Flusstales, nach Hljóðaklettar, den Echofelsen. Eine weitere einmalige Location auf Island, unerreicht spannend von den Urkräften der Natur vor Jahrtausenden erschaffen.


    Und hier holte uns dann auch die Natur ein und zeigte uns, wie schön, aber auch gefährlich und bedrohlich sie sein kann. Konnten wir den Bus noch verlassen und zu den Felsen laufen und die ersten Fotos knipsen, brach plötzlich Hektik aus. Von allen Seiten erschienen junge Ranger mit Mountain Bikes oder sogar Geländemotorrädern, um uns zum sofortigen Verlassen des Gebietes aufzufordern. Wir eilten zum Bus, hinter uns wurde der Zutritt zum Flusstal abgesperrt. Die Situation am Bárðarbunga hatte sich wohl verschlimmert, so das die Sperrung und Evakuierung des Flusstals notwendig wurde. Später stellte sich diese Maßnahme als unnötig heraus, kam es doch nicht zum befüchteten Gletscherlauf. Erst 4 Tage später begann der Lavaustritt, nicht unter dem Gletscher, sondern nordöstlich davon im Holuhraun. Mittlerweile hat sich dieser Spaltenausbruch zu einem der größten Ausbrüche unserer Zeit entwickelt mit immensem Ausstoß an schädlichen Gasen. Auch das nächste Ziel unserer Busfahrt, die Schlucht von Ásbyrgi, konnten wir wegen der Sperrung nicht aufsuchen. So erreichten wir am Nachmittag Akyreyri, um dort auf dem Campingplatz unser Zelt aufzubauen und nach einer Wanderung durch das hübsche Städtchen und einer leckeren Portion Fish and Chips und ausnahmsweise mal einem richtigen Bier überwältigt von den Eindrücken dieses Tages in den Schlaf zu sinken.



    Langsam geht es nun zurück Richtung Süden, wir nähern uns dem Ausgangspunkt unserer Wanderung. (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Tag 8 Golden Circle/Reykjavik
    Unser achter Tag auf Island und im Laufe des Tages bekamen wir erstmalig einen kleinen Vorgeschmack darauf, wie Wetter auf Island normalerweise ist. Am Abend haben wir noch kurzentschlossen die Reiseroute optimieren können. Geplant war, den Bus von Akureyri auf dem Kjalvegur über den Gullfoss nach Reykjavik zu nehmen. Am Ende des Urlaubs sollte dann der Rest des Golden Circle während eines Tagesaufluges erkundet werden. Von Jorge, einem in Kalifornien studierenden Ecuadorianer, erhielten wir den glorreichen Tipp, unseren Bus am Gullfoss zu verlassen und dort den Bus zu entern, der planmäßig den Golden Circle als Tagestour von Reykjavik aus fährt. Hat vorzüglich geklappt, obwohl wir nur ein schmales Zeitfenster von 15 min hatten, aber wir fuhren ja mittlerweile wieder mit Reykjavik Excursions. Beim Erreichen der Hochlandpiste F35 hatten wir dann Regen und Wind, der die böigen Schauer übers Land vor sich her trieb. In Hveravellir angekommen bestand zunächst keine Lust, den Bus zu verlassen. Als wir dann an einer Hütte um die Ecke gigngen, staunten wir nicht schlecht, das mit uns reisende französische Pärchen daneben vergnügt im Hot Pot planschen zu sehen. Also den bekannten Mittelstreckensprint eingelegt und Badehose und Handtuch aus dem Bus geschnappt, um dem Regenwetter im Hot Pot für ein paar Minuten zu entkommen. Herrlich!



    Hier ergab sich ein kurzer Plausch mit einem rauschebärtigem Schweizer, der mit seinem alten Sprinter für 4 Monate auf Island unterwegs sein wollte. Zeit müsste man haben… Stolz erzählte er uns, dass er den Laugavegur bereits gelaufen sei, die komplette Strecke von Landmannalaugar nach Skoga in 70 h. Beeindruckend, wir haben 9 Tage gebraucht, für unseren Geschmack hätte es ruhig noch länger gehen dürfen. Warum rennt man so, wenn man so viel Zeit hat? Rennen ist auf Island doch eigentlich nur angesagt, wenn man mit dem Bus reist… Beim Aufwärmen in der Hütte trafen wir dann auch Dennis wieder, der uns an unserem Ankunftstag abends auf dem Campingplatz bereits mit seinen Erlebnissen vortrefflich unterhalten hatte. Dieses Gespräch schien eine Ewigkeit her zu sein. Weiter ging es, ein erneuter kurzer Halt in Kerlingarfjöll, dass bei diesem Wetter gar nicht so einladend aussah, wohl aber sehr schön sein soll. Vielleicht nächstes Mal? Endlich wurde dann der Gullfoss erreicht, der goldene Wasserfall, wahrscheinlich Islands bekanntester und meistbesuchter Wasserfall. Von Gold jedoch keine Spur, bei tristem Wetter war hier nur wenig Glanz zu entdecken, trotzdem interessant.



    Nach vollzogenem Buswechsel ging es weiter zum Strokkur, dem Butterfass. 15 Minuten Aufenthalt reichen gerade so für 2 Ausbrüche, daher Glück gehabt beim Timing.



    Weiter ging es weiter, das Wetter wurde besser, es blieb Zeit, dem im Bus wiedergegebenen Audioton zu lauschen. Dieser versorgt einen während der doch teilweise langen Fahrten mit allerlei interessanten Hintergrundinformationen über das jeweils durchfahrene Gebiet. Das klappt sehr gut, jedenfalls dann, wenn der Fahrer in der Lage ist, das dafür benötigte GPS –Gerät in Betrieb zu nehmen. Am Þingvellir wurden wir dann erstmalig positiv überrascht. Kein Mittelstreckenlauf, der Bus ließ uns an einem Parkplatz heraus und wir hatten eine Stunde Zeit, gemütlich alles zu erkunden, um dann an der Infostation wieder aufgenommen zu werden. Ein beeindruckender Ort, der durch seine malerische Stille und mäjestätische Weite einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Hier hat man das Gefühl, dass erlebte Geschichte aus jedem Stein oder Felsen strömt.



    Spätabends schloss sich dann der Circle, wir erreichten wieder Reykjavik. Da wir den ganzen Tag im Bus gesessen hatten, beschlossen wir, vom BSI zum Campingplatz zu laufen, was ja angesichts der bevorstehenden Wanderung ein gutes Training war. Mit dem ganzen Gepäck dauerte es nur wenig mehr als eine Stunde, bis wir den Campingplatz erreichten. An der Rezeption fragte ich erst einmal eine junge Französin, welchen Tag und welches Datum wir wohl haben. Sie schaute mich nur verständnislos an…
    Zur Feier des Tages gönnten wir uns ein Festmahl aus in einem kleinen versteckten Chinashop erworbenen Zutaten, Eiernudeln mit Krabben und Pesto und endlich mal wieder einer Dose Lightbeer. Nun stieg die Vorfreude, aber auch die Anspannung auf unsere bevorstehende, für sieben Tage geplante Wanderung. (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Tag 9 Skógar
    Der Vormittag wurde genutzt, um die Vorräte aufzufüllen. Der Plan war, mit leeren Rucksäcken zu starten und dann in allerbester MacGyver-Manier alles Nötige unterwegs aufzusammeln. Nein, genau andersherum. Wir führten einige essentielle Dinge seit unser Ankunft aus Deutschland mit uns, so das erwähnte Milchpulver, einige Tüten Outdoornahrung sowie einer Handvoll Powerbar-Riegel. Ergänzt wurden diese Nahrungsmittel durch löslichen Kaffee, löslichen Zitronentee (schmeckt warm und kalt) Müsli, Reis, Brühwürfel und diverse weitere YumYums. Mittlerweile wissen wir, das Kuskus besser geeignet ist. Reis muss lange kochen, Kuskus braucht nur kurz erwämt zu werden und quillt dann vor sich hin. Wesentlich enegiefreudiger, da lacht die Gaskartusche! Dazu noch Batterien fürs GPS und eine weitere Gaskartusche. Wir kauften im Hafen ein, die Strecke legten wir mit dem Stadtbus zurück, dessen Nutzung uns immer noch ein Mysterium ist. Es gibt kein Wechselgeld, und wer kein Geld hat, braucht nicht zu bezahlen? Mittags gab es im Hafen ein lecker Fischmenü und die obligatorische Touristenmutprobe, einmal ein Wikingergedeck, bitte! Eine kleine Portion Hákarl und ein Gläschen Brennivín. Gibt Haare auf der Brust und schützt zuverlässig vor Unterkühlung. Es wurde einiges darüber gelesen, so stellte sich schon eine gewisse Enttäuschung ein. Der Hai erwies sich alsgar nicht so gammelig aussehende oder riechende kalamaresähnliche Stückchen, der Brennivin ist ein leicht nach Kümmel schmeckender bekömmlicher Schnaps, also quasi ein Lightbeer-Friesengeist. Weiter dann zu Fuß zum BSI, jetzt mit vollem Gepäck. Uff! Nachmittags ging es dann mit dem Bus zum Ausgangspunkt unserer Tour, dem Campingplatz in Skógar. Unterwegs machten wir halt am Seljalandsfoss, Mittelstreckensprint hin, Fotos, Mittelstreckensprint zurück. Der wohl bei Einheimischen beliebteste Wasserfall, der nicht von Gletscherflüssen, sondern von einer Quelle gespeist wird und den man hinterwandern kann.


    Abends erreichten wir dann Skógar, errichteten unser Zelt und besichtigten den Wasserfall. Mit Erschrecken bestaunten wir die steilen Treppen hinauf zur Plattform oberhalb des Wasserfalls, hier würde uns morgen der Weg hinauf führen, voll auf munitioniert, mit Wasservorräten für 2 Tage, soll es doch auf der ersten Etappe keine Möglichkeit geben, an Trinkwasser zu gelangen. Auf dem Campingplatz lernten wir Carsten kennen, einen Norddeutschen, der seit Jahren in Bristol lebt, Schottland erfahren ist und wie wir Neuling auf Island. Auch Ihn sollten wir später glücklicherweise wieder treffen…


    Früh krochen wir in unsere Kunstfasern, Kräfte tanken und vorschlafen für die nächsten Tage, wo es nun endlich mit der mit Spannung erwarteten Wanderung los gehen sollte… (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Tag 10 Fimmvörðuháls/Baldvinskálihut
    Der morgendliche Blick aus dem Zelt verhieß nichts Gutes. Leichter Nieselregen, bewölkter Himmel, diesig. Wir beschlossen, noch etwas zu warten. Kurze Besprechung mit Carsten, der ebenfalls noch auf Wetterbesserung warten wollte. Gegen 10.30 wurde die Ungeduld zu groß, es hatte aufgehört zu nieseln, also brachen wir auf. Kurze Verabschiedung, Carsten wollte noch etwas warten. Wir schulterten die Rucksäcke und erkämpften uns den Weg hinauf zur Plattform, flankiert von um uns wie Berggemsen herumhüpfenden anderen Touristen, nur mit Kamera und Regenjacke bewaffnet, die mal eben schnell ein Foto von oben knipsen wollten. Schnaufend aufsteigend, ernteten wir so manchen mitleidigen Blick. Oder waren es neidvolle Blicke? Wir ließen den mächtigen Skógafoss hinter uns, überstiegen einen letzten Zaun und wurden von der unberührten Wildnis verschluckt. Naja, nicht so ganz unberührt, waren hier doch noch einige unterwegs, um sich die Gegend etwas weitläufiger anzuschauen. Nach wenigen Minuten kontinuierlichen Aufstiegs wurden die Begegnungen spärlicher. Dichter hingegen wurde der Nebel, es begann wieder zu fisseln. Von den gelobten 21 Wasserfällen, die sich entlang der Skógá befinden sollen, sahen wir nur noch die untersten drei. Der Rest unserer Wanderung mutierte zu einer Audioshow, die Fälle waren lediglich zu hören, nicht mehr zu sehen. Entgegen unseren Informationen gab es häufig sauberes Quellwasser, so dass wir unsere Wasservorräte sparen konnten. Das sollte sich noch positiv bemerkbar machen. Wir folgten dem ausgetretenen Pfad anhand der blau markierten und durchnummerierten Pfähle, die den Weg im Abstand von 20 bis 40 m markierten. Nach einiger Zeit wurde der Nebel so dicht, dass wir auf die Orientierung mit dem GPS umsteigen mussten, da die Pfosten nur noch schwer zu erkennen waren. Langsam stapften wir weiter, als uns eine seltsame Gruppe im Eiltempo überholte. Schnelles Tempo, leichte Rucksäcke, vier Amerikaner und im Schlepptau drei Chinesen, die Amerikaner teilweise im T-Shirt, ein Mädel mit Laufsandalen an den Füßen. Sie grüßten kurz und überholten uns eilig. Auch sie würden wir noch wieder sehen. Eine halbe Stunde später, es hatte mittlerweile stark zu regnen begonnen, wir liefen mittlerweile unter Regenvollschutz, tauchten die drei Chinesen aus dem Nebel vor uns auf. Über das ganze Gesicht strahlend fragte uns Oliver, der Familienvater, ob wir noch wüssten, wo wir sind! Ich zeigte auf mein GPS, antwortete mit Ja, zeigte fragend auf sein mitgeführtes GPS und fragte zurück, warum er es denn offensichtlich nicht mehr weiß. Er lacht und antwortete, das Gerät würde nicht funktionieren und ob sie mit uns laufen dürften. Oliver, seine Frau Grace und deren Sohn Jeff kamen aus Hongkong, sind begeisterte Hiker, das erste Mal auf Island. Es sollte ihre Abschiedsreise mit ihrem Sohn sein, denn die anschließend zur Ausbildung für die nächsten 6 Jahre auf ein Internat in England geben wollten. Sie hatten eine Unterkunft in der Hütte am Fimmvörðuháls gebucht. Unser Plan war, da diese Hütte schon lange ausgebucht war, unser Zelt an der uns bekannten Baldvinskálihut auf zu schlagen. Von dieser Hütte hatten wir gelesen, dass sie eine Notunterkunft darstellt. Sollte das Wetter zu arg sein, so hofften wir, in die Hütte gelangen zu können. Wir setzten den Weg gemeinsam fort, der Regen wurde immer stärker, die Sicht war nahezu Null. Das GPS führte uns zuverlässig zur Baldvinskálihut, wo wir gegen 16.00 Uhr eintrafen. Hier zeigte sich dass unser angelesenes Wissen überholt war. Die Hütte wurde im Herbst 2013 renoviert und gilt jetzt als vollwertige, buchbare und kostenpflichtige Hütte. Erschöpft und durchnässt, wie wir waren, betraten wir die Hütte und beschlossen angesichts des Wetters, die Nacht in der Hütte zu verbringen. Glücklicherweise war noch Platz. Wir erklärten Oliver den weiteren Weg zur Fimmvörðuhálshut, die dieser mit seiner Familie unbedingt noch erreichen wollte, da er ja dort eine Reservierung hatte. Mir war nicht ganz wohl dabei, aber zuversichtlich verschwand unsere chinesische Familie im Nebel. Wir richteten uns ein, es waren schon zwei Tschechen hier, die vier Amerikaner von vorher, ein weiteres amerikanisches Pärchen sowie vier junge Leipziger. Full House!
    In der Dreieckshütte gab es eine gasbetriebene Küchenzeile, eine gasbetriebene Heizung, Tische und Stühle und ein Matratzenlager im Spitzdach, aber kein Wasser. Die findigen Tschechen hatten bereits alle größeren Gefäße draußen unter das schräg verlaufende Wellblechdach gestellt und waren eifrig am Wasser sammeln. Jeder versuchte, sich aus den nassen Klamotten zu schälen und diese in dem ganzen Durcheinander irgendwo zu trocknen. Überrascht waren wir, als sich einer der Amerikaner als Deutscher entpuppte. Ein Berliner, der in Boston studiert und seine amerikanischen Kommilitonen zu einer Islandreise angestiftet hatte. Und dem Mädel sagte, wir machen eine Wanderung im Sommer in Europa, daher die Sandalen…
    Anderthalb Stunden später, wir waren gerade mit Kochen beschäftigt, klopfte es an der Tür und unsere chinesische Familie stand klatschnass im Vorraum. Sie hatten den Weg erneut nicht gefunden und waren umgekehrt. Ich bestand darauf, dass sie keinen weiteren Versuch unternahmen, wir rückten alle etwas zusammen, Matratzen wurden getauscht und Isomatten ausgepackt. So fanden wir alle ein Plätzchen zum Schlafen.


    Später erschien dann der Warden, der beide Hütten betreut, erfreut, die bereits vermissten Chinesen hier vorzufinden, und kassierte den stolzen Übernachtungspreis von 4500 ISK. Daß dies ein Schnäppchenpreis ist, ahnten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht. Nach dem Essen schaute ich mir Olivers GPS an, ein Garmin Colorado, welches ich auch einmal in Benutzung hatte uns als sehr unzuverlässig einstufe. Eine Leihgabe von seinem Freund, gefüllt mit Wegpunkten und Tracks, also mustergültig eingerichtet. Ich erläuterte Oliver im Laufe des Abends, wie er sein GPS zu bedienen hatte, bevor wir uns eine stickig heiße, stürmische und schlaflose, aber zumindest trockene Nacht gönnten. Unsere letzten Gedanken galten Carsten, wie es ihm wohl heute ergangen war? (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas

  • Tag 11 Fimmvörðuháls/Langidalur
    Nach einer schlaflosen Nacht begann ein hektischer Morgen. Schlaflos, weil es die ganze Nacht draußen gestürmt und geregnet hatte und es in der Hütte unerträglich warm war. Hektisch, weil alle in Aufbruchsstimmung waren, laut fluchend ihre verstreuten und meist noch feuchten Klamotten suchten und verpackten. Wir beschlossen, es etwas ruhiger an zu gehen und ließen uns Zeit. Draußen hörte es auf zu regnen und bald waren wir allein in der Hütte. Wir packten gerade unsere Sachen, als meine bessere Hälfte nach einem Blick nach draußen bemerkte; „ Du, vor der Hütte stehen die Chinesen, ich glaube, die warten auf uns!“ Wir verließen die Hütte und wurden aus drei strahlenden Gesichtern erwartungsvoll angegrinst: „Can we join you again?“



    So setzten wir das Deutsch-Chinesische Joint Venture an diesem Tag fort und hatten unseren Spaß. Im Nebel ging es über bizarre Landschaften, die ersten, unwirklich erscheinenden Schneefelder tauchten auf. Durchsetzt mit Ascheresten, ergibt sich eine merkwürdig anmutende verschwommene Sicht.



    Kurze Zeit später begegneten wir einer entgegenkommenden Gruppe deutscher Wanderer. Sie hatten wegen des schlechten Wetters in der Fimmvörðuhálshut genächtigt, owohl sie eine Reservierung für die Baldvinskálihut hatten. Der Grund, warum wir dort noch ein Plätzchen hatten ergattern können. So sorgt die Natur mit ihren Launen für Ausgleich und betont gleichzeitig den Wert und die Tücke von Reservierungen…
    Wir setzten unsere Weg fort, erreichten die Stelle, an der ein Schild zur Fimmvörðuhálshut weist. Nur wenige Meter zuvor waren Grace, Jeff und Oliver gestern Abend umgekehrt. Als wir mitten über den Aschenbecher wanderten, sollte sich unser Wetterglück erneut von seiner spendablen Seite zeigen. Die Sonne kämpfte sich erfolgreich durch den Nebel, schon nach kurzer Zeit hatten wir ausnahmsweise fast wolkenlosen Himmel und konnten den atemberaubenden Rundumblick auf das Eruptionsgebiet von 2010 werfen.



    Gelegen zwischen den Gletschern Eyafjallajökull und dem Mýrdalsjökull ist der Fimmvörðuháls eine einmalige Landschaft. Übersät mit alten und neu geschaffenen Lavafeldern und Kratern, die von allen Farbtönen von Schwarz bis rot durchzogen sind. Eine unglaubliche Landschaft, so muss es auf dem Mars aussehen.

    Wir erklommen Magni, einen der beiden neu entstandenen Vulkankegel und genossen den Blick auf seinen Bruder Móði. Beide sind nach Söhnen Thors benannt. Der Gipfel des Kegels strahlt immer noch Wärme und Dampf aus, beeindruckend!
    Insgesamt hätten wir uns hier gern noch viel länger aufgehalten. Vor Ehrfurcht verstummt setzten wir unseren Weg nach kurzer Rast fort. Weiter ging es entlang der Brattafönn in Richtung Þórsmörk, das sich grün am Horizont abzeichnete und von hier aus einen schönen Kontrast zur noch dunklen gerade zu passierenden Mondlandschaft bildete. Dann wurde es spannend, galt es einen mit einer Kette gesicherten 20 Meter langen steilen Abhang zu meistern. Drei chinesische Augenpaare schauten zunächst etwas irritiert, aber nach dem Erklären der an dieser Stelle sichersten Technik stellte es für die agilen Chinesen kein Problem dar.
    Danach folgte der kurze schmale Gratweg des Heljarkambur, hier fallen auf wenigen Metern steile Hänge tief hinab. Heute kein Problem, bei Nebel oder starkem Wind mit den schweren Rucksäcken sicherlich eine Herausforderung.



    Über die topfebene Morinsheiði ging es dann weiter, es wurde grüner und grüner, wir genossen die Ausblicke in alle Richtungen. Anschließend ging es hinab über den Berggrat Kattarrhryggur, dem Katzenrücken, der noch einmal mit ein paar kleineren schwierigen Stellen aufwartete. Wir passierten eine Stelle, an der gerade an der Errichtung einer neuen Treppe gearbeitet wurde. Ich erklärte Oliver den Unterschied zwischen Deutscher und Isländischer Mentalität. In Deutschland hätte man mit dem Bau der Treppe im Frühjahr begonnen, damit sie im Sommer fertig ist und genutzt werden kann. In Island beginnt man mit dem Bau im Spätsommer, damit sie im Herbst fertig ist, wenn sie nicht mehr gebraucht wird. Oliver entgegnete trocken, in China hätten wir hier eine Seilbahn und ein Aussichtsrestaurant gebaut!






    Unten im Tal angekommen, passierten wir den ebenfalls idyllisch gelegenen Campingplatz von Básar und wanderten entlang der Krossá zum Tal von Langidalur und der Skagfjörðsskáli, wo wir unser Zelt aufbauen wollten. Da wir unsere Wasservorräte am ersten Tag nicht angetastet hatten und auf der Hütte Regenwasser sammeln und zum Kochen nutzen konnten, hatten wir an diesem zweiten Tag unserer Wanderung ausreichend zu trinken. Auf diesem Teilstück hätten wir unterwegs keine Möglichkeit gehabt, Wasser aufzufüllen! Wir überquerten die Krossá auf einer verschiebbaren Brücke und erreichten nach einem langen Tag unseren Campingplatz, der zu unserer Freude sogar mit einem kleinen Shop aufwarten konnte.



    Die herbeigesehnte Dose Lightbeer war leider ausverkauft, aber es gab Nudeln, Suppen und Schokoriegel zu kaufen. Oliver überraschte uns kurz darauf mit einem kleinen Geschenk in Form von einer Dose Fischklößchen und ein paar Schoko-Lakritz-Riegeln als Dankeschön für unsere Dienste als Guides. Da der abfahrende Busse der Familie erst gegen 20.00 fuhr, holten wir unseren Kocher herbei und zelebrierten gemeinsam ein Abschiedsessen. Als der Bus eintraf, verabschiedeten wir uns von unseren neuen Freunden, nicht ahnend, dass wir auch sie noch einmal wiedersehen würden. Wie es wohl Carsten ergangen war? (to be continued...)


    Bless,
    MaxThomas