Reiseerlebnisse - neue Eindrücke und schöne Erinnerungen

  • Ich
    habe hier im Forum so viel Unterstützung und Hilfe bekommen, tolle
    Tipps und Infos gelesen und mich immer wieder über Reiseberichte
    gefreut, dass ich nun, wenige Tage nach unserem 10tägigen
    Islandurlaub, selbst über ein paar Erfahrungen und Eindrücke
    schreiben möchte.



    Jetzt
    beim Abtippen kommt mir schon das Gefühl, etwas zu dicke aufgetragen
    zu haben, aber ich habe tatsächlich jeden Moment so aufgeschrieben (
    klassisch mit Papier und Stift) wie ich ihn erlebt und gefühlt habe,
    darum werde ich jetzt beim Abschreiben nichts verändern, damit die
    Stimmung genau so ankommt wie sie war.


    Ach
    ja, weil ich zu dusselig bin, die Tastatur umzustellen, habe ich die
    Ortsnamen und Begriffe zwangsläufig eingedeutscht.



    Tag 1 Karfreitag:



    Geschafft, jetzt
    kanns losgehen. Wir sind durch die Sicherheitskontrolle des
    Frankfurter Flughafens. So wenige Tage nach den Anschlägen von
    Brüssel beginnt die richtige Vorfreude auf den Urlaub erst jetzt. In
    diesem Ausmaß wurde ich noch nie durchsucht: Schuhe aus, Füße
    abtasten, Rucksack zum Sprengstofftest, das alles unter den Augen
    schwerstbewaffneter Polizisten mit Spürhunden.


    Aber es tut gut zu
    wissen, dass wir geschützt werden. Für unser Kind ist es nach so
    viel Angst vorher – denn auch er hatte in den letzten Tagen die
    schrecklichen Bilder vom Flughafen Brüssel gesehen – nun doch sehr
    spannend!



    Damit will ich uns
    erst mal vorstellen: Mein Mann und ich sind beide Ende 40, unser
    Sohn ist 10 und wir sind islandsüchtig! In den vergangenen fast 20
    Jahren waren wir mindestens 8 mal dort, unser Haus ist voll von
    Islandfotos und unsre Gedanken und Wünsche reichen nur von einem
    Flug zum nächsten. Jede Reportage, jeder Film, sogar jede Werbung in
    der nur ein Fitzelchen Island zu sehen ist wird inhaliert. Vom ersten
    Moment an hatte uns das Land fasziniert, das Licht, die Luft, die
    Ruhe, die Weite – das Gefühl eben. Unser Sohn bekam einen
    isländischen Namen und hat uns schon im Bauch auf die Insel
    begleitet.



    Genug erstmal, jetzt
    ist boarding! Der Flug ist pünktlich und ruhig. Mann und Sohn sehen
    im Bordfernsehen „Star Wars“– der Tag ist gerettet. Ich freue
    mich, dass der Film mit den beiden Brüdern läuft, die nach
    20jähriger Feindschaft erst durch eine existenzbedrohende
    Tierseuche wieder zueinander finden. Ich hatte schon viel davon
    gelesen, Glück gehabt! Nein, was ist der Film berührend! Ich könnte
    fast vor allen Fluggästen mitheulen. Die Schlußszene schaue ich
    drei mal an und verstehe sie nicht. Für mein Seelenheil entscheide
    ich dann, dass Gummi überlebt und alles gut wird.



    Zum ersten Mal
    fahren wir mit dem Flybus zum Hotel und nicht mit dem Mietwagen.


    Und zum zweiten Mal
    fließen fast wieder Tränen beim ersten Schritt vor die Tür, bei
    dem ersten Atemzug, bei dem Gedanken: „Wieder da!“ (
    Jetzt
    beim Abschreiben schon wieder)
    Vorgebuchte Tickets
    vorzeigen, einsteigen, los geht’s zum Hotel Natura, ehemals
    Loftleidir.


    Da kommen sie, die
    Lavafelder, bedeckt mit braun-grünem Moos. Dazwischen klitzekleine
    Schneereste, weiß wie Wollgras. Die Sonne strahlt vom knallblauen
    Himmel, auf der einen Seite die leuchtend weißen Berge, auf der
    anderen Seite das tiefblaue Meer – sooooo schön. Und dann, ich
    fass es nicht! Im vollbesetzten Bus sitzen fast alle an ihren Handys
    am fummeln! Ich hab einen Klos im Hals, will wie anschreien: „Seht
    ihr das nicht? Wofür seid ihr hier?“ Aber sie hätten mich doch
    nicht verstanden. Bei Straumsvik will ich dann auch nicht mehr
    rausschauen, dafür



    beim Durchfahren der
    Altstadt von Hafnarfjördur um so lieber. Was für putzige kleine
    Häuschen, schade, dass jetzt mehr und mehr einheitliche Kisten
    gebaut werden. Auf der Fahrt, um mich von all dieser Ignoranz rundrum
    abzulenken, denke ich an meine allererste Fahrt auf dieser Strecke.
    Mein Mann ( also damals noch nicht) kamen mit einem Nachtflug null
    Uhr irgendwas und wollten unseren gebuchten Mietwagen abholen.Keine
    da! Nach einigen Telefonaten und langem Warten stellte sich heraus,
    dass der Wagen aufgrund der mitternächtlichen Uhrzeit erst für die
    kommende Nacht für uns eingeplant war. Man glaubts kaum, aber nachts
    um halb drei kam ein Mitarbeiter der Mietwagenfirma aus Reykjavik
    gefahren und holte uns ab. Es war Frühsommer und es wurde schon
    wieder hell, als wir nach Reykjavik zurück fuhren und diese ersten
    Bilder über die schnurgerade Straße hatten mich für immer geprägt.
    Ebenso wie die Opal-Lakritzpastillen in der roten Packung, die der
    Fahrer uns anbot. Seit dem trösten sie mich bei Stress, Kummer,
    Sorgen und anderen Plagen. Nur einmal drauf beißen und das
    unglaubliche Glücksgefühl der nächtlichen Autofahrt ist wieder da.
    Diese Bonbons RIECHEN nach Island. Falls mein Vorrat nicht bis zum
    nächsten Urlaub reicht, in Berlin-Kreuzberg gibt es einen
    Lakritzladen, der sie verkauft.



    Der Allerwerteste
    ist schon viereckig vom vielen Sitzen, darum wollen wir gleich nach
    dem Einchecken rauf zum (zur) Perlan. Der Öskjuhlid-Hügel ist ein
    paradiesischer Spielplatz für Kinder.Übersät mit verfallenen
    Bunkeranlagen und durchzogen von schmalen Trampelpfaden zwischen
    niedrigen Bäumen und Gesträuch kann unser Sohn herrlich toben, auch
    wenn bei mir vor Sorge die Pulsfrequenz deutlich steigt. Wir sehen
    Ruinen von ich weiß nicht was, mein Mann meint, es könnten alte
    Regenauffangbecken sein, abgetrennt durch Staumauern oder Trennwände
    aus der Zeit, bevor Perlan gebaut wurde.Dieser Hügel sollte
    unbedingt auf die „to-do-Liste“ für jeden
    Island-mit-Kind-Urlaub. Es kommen ja immer mal wieder Nachfragen.



    Was soll ich zur
    Aussicht vom Perlan aus sagen? Atemberaubend? Unglaublich?
    Wunderschön? Reicht alles nicht.Der Himmel wandelt sich von
    strahlendem Blau in ein tiefes Orange, unterbrochen von bizarr
    geformten Wolkenfetzen. Die Berge strahlen pink durch die
    tiefstehende Sonne. Wir sind nahezu allein hier oben und es ist
    still, unfassbar still. Nicht mal Straßenlärm ist zu hören.
    Vielleicht auch, weil heute Karfreitag und somit ein Feiertag ist, da
    fällt der Feierabendverkehr weg.



    Der Imbiss im Perlan
    hat bereits geschlossen, für das Restaurant sehen wir nach dem
    langen Anreisetag eindeutig nicht mehr appetitlich und frisch genug
    aus, so laufen wir zum nahegelegenen BSI Busbahnhof. Hier im „Fljott
    Og Gott“ isst doch Kommissar Erlendur aus den Büchern von Arnaldur
    Indridason immer seinen traditionellen gesengten Schafskopf. Meinem
    Mann könnte man eine gewisse kulinarische Experimentierfreude
    nachsagen. Hákarl und Wal hatte er schon ( auch in Arizona
    Klapperschlange), so gibt es hier eine neue Herausforderung – und
    er nimmt sie an! Nur beim Auge kneift er dann doch.



    Mitten in der Nach
    werde ich wach. Die Vorhänge sind zur Seite geschoben und der Blick
    nach draußen haut mich um: Ich schaue hinab auf die hell erleuchtete
    Stadt. Nicht wie bei uns diese fiesen, grellen Neonleuchten, sondern
    warme dunkelgelbe Straßenlampen. Dazu glänzt der Vollmond genau zum
    Fenster herein. Wie soll ich da schlafen? Im Zimmer ist es wie immer
    extrem warm, so sitze ich zwei Stunden lang auf der Bettkante, schaue
    raus und freu mich einfach.

  • Tag 2 Ostersamstag



    Nach dem wirklich guten
    und reichhaltigen Frühstück fahren wir per Bus in die Stadt, ein
    paar Getränke und Süßigkeiten kaufen, die Notration halt.So viel
    Bus bin ich seit meiner Schulzeit nicht mehr gefahren und es soll in
    den nächsten Tagen noch viel viel mehr werden. Wir haben nämlich
    das Icelandair-Pauschalangebot „Winter Geheimtip“ gebucht,
    teilweise zumindest. Anlässlich meines 50. Geburtstags wollte ich
    einen ganz besonderen Urlaub – es sollte nach Kalifornien auf den
    Highway No.1 gehen. Wochenlang geplant, gesucht, gelesen. Dann kamen
    die ersten heimtückischen Gedanken: „Wie wärs mit einem kleinen
    Stopover?“ „Nur ein Tag oder zwei?“ „Und auf dem Rückweg
    vielleicht noch mal?“ „Das müssen wir tun, sonst bricht uns das
    Herz!“ „Und, bricht uns nicht das Herz, wenn wir nach einem Tag
    wieder weg müssen?“ In diese Gedanken hinein kam der Icelandair
    Newsletter mit dem Topangebot: Flug ab Frankfurt, Flybus, Hotel
    Natura incl. Frühstücksbüffet und Spabenutzung, Abendausflug per
    Bus zum Thermalbad Fontana am Laugarvatn mit anschließender
    Nordlichtbeobachtung, Tagesausflug Golden Circle; das alles in den
    Osterferien.Ein gemeinsamer Blick auf den Bildschirm, ein
    gleichzeitiger Blick in die Augen – mein Mann und ich kennen uns
    schon so lange und so gut – UND: Zum Teufel mit Kalifornien! Island
    war schneller gebucht als man Kirkjubaejarklaustur sagen kann.Wir
    haben einfach eine Verlängerungswoche und einen Mietwagen dazu
    gebucht, so haben wir nun einen kurzen, aber immerhin 10tägigen
    Urlaub.In dieser Art hatten wir das noch nie, bisher waren die
    Unterkünfte schlichter und noch nicht vorgebucht. Was haben wir da
    schon alles erlebt: In Egilsstadir waren wir mal ganz allein in einer
    Schule und haben im ausgeräumten Klassenzimmer geschlafen. Nachts
    wars unheimlich kalt und morgens in der Sammeldusche der Sporthalle
    hatte es nichts privates trotz aller Einsamkeit. Die gemütlichste
    Übernachtung war am Myvatn in mehreren zu einer Wohnung zusammen
    gebauten Containern auf dem Bauernhof, zu dem auch das Kuhstallcafe
    gehört.Es war warm und kuschelig und hatte eindeutig etwas
    Wohnliches, da wäre ich gern länger geblieben. Die absolut
    gruseligste Nacht hatte ich in Eyrarbakki. Wir waren bei einer alten
    Dame gelandet, die ihr Dachgeschoss vermietete – so weit, so gut.
    Den ganzen Abend schlich die Gute durchs Haus und nachts konnte ich
    nicht ruhig schlafen, weil ich ständig das Gefühl hatte, es kommt
    was aus dem Meer. Etwas Bedrohliches, Unmenschliches, Uraltes...Ich
    habe stundenlang am Giebelfenster gestanden, um die drohende Gefahr
    rechtzeitig zu sehen, bevor sie uns sieht. Mein Mann zieht mich heute
    noch damit auf, aber ich will so eine Nacht niiieee wieder
    erleben.Ich war auch nie wieder in Eyrarbakki!



    Ja, was gibt’s zu
    Reykjavik zu sagen? Wir schlendern durch den Kolaportid-Flohmarkt,
    das Kind bekommt einen wunderschönen Islandpulli in seinen
    Lieblingsfußballvereinsfarben, weiter über den Laugarvegur hinauf
    zur Hallgrimskirkja. Unser Sohn wurdemit zweitem Namen nach der
    Leif-Erikson-Statue auf dem Kirchenvorplatz benannt, somit besucht er
    quasi seinen „Patenonkel“.



    Leider ist es im
    kleinen Hafenrestaurant „Seebaron“ so voll, dass die Gäste schon
    aus der Tür quellen, so weichen wir nach nebenan ins Cafe Haiti aus.
    Vorne in der Tür klebt als Auszeichnung eine Urkunde von
    Tripadvisor, das können wir nur voll unterstützen. Cappuccino und
    Kuchen sind hervorragend, gemütlich ist es dort auch, diese
    Auszeichnung ist absolut berechtigt. Weil mein Mann allein vom Kuchen
    nicht satt wird, steuern wir direkt die berühmteste Hotdog-Bude der
    Welt an. Was ist denn heute los? Panik, dass eine Hungersnot
    ausbricht?Auch hier stehen die Leute, als würde es in zwei Stunden
    nichts mehr geben. Dann eben nicht.



    Es geht los mit der
    Nordlicht-Bustour. Mit ist schon sehr mulmig – so viele Stunden mit
    so vielen Leute. Ich hab noch einen dicken Hals von der Busfahrt
    gestern, aber außer einem Kasper, der selbst am meisten und am
    lautesten über seine eigenen Witze lacht und blöderweise genau
    neben uns sitzt, ist es in Ordnung. Die Fahrt geht über die komplett
    verschneite Mossfellsheidi, am Thingvellir-Nationalpark vorbei zum
    Schwimmbad „Fontana“.Wäre ja schön hier, wenn nicht gleich zwei
    Busse auf einmal ankommen würden. Die Becken selbst sind äußerst
    einladend. Der Blick schweift über den Thingvallavatn, man möchte
    gleich weiter schwimmen. Die Möglichkeit besteht sogar, über eine
    Treppe und einen Steg geht’s für die Allermutigsten ins eiskalte
    Wasser. Ich gehöre nicht zu den Allermutigsten und bleib lieber im
    warmen Becken auf dicken Lavasteinen liegen, wie ein Butt auf dem
    Schlick, und schaue durch die windschützende Glasscheibe. Doch,
    schon, alles in allem ist es hier sehr angenehm, wirklich zu
    empfehlen. Zur Stärkung gibt’s anschließend ein Büffet im
    badeigenen Restaurant. Tja, äh, ich bin bestimmt nicht undankbar
    oder großkotzig, aber das ist mal nix. Egal, wir sind ja nicht wegen
    des Essens hier, sonder wegen der Nordlichter – und die soll es
    heute Abend am absolut wolkenfreien Himmel wirklich geben. Wir
    stoppen am Infocenterparkplatz im Thingvellir. Kaum steht der Bus
    zwei Minuten, da zeigen sich die ersten schwachen Schimmer am Himmel.
    Großes „Ah“ und „Oh“ - aber leider bleibt es beim schwachen
    Schimmer. Nur in den Displays der Kameras sind grüne Nordlichter zu
    erkennen. Der Traum eines jeden Islandfahrers, dahin!



    Mit ganz viel
    Phantasie könnte man einen leicht farbigen Schatten erkennen, um
    zumindest die Illusion zu haben, etwas zu sehen. Wir sind ja noch
    einige Tage da, morgen ist auch noch ein Tag.... Umso beeindruckender
    der Sternenhimmel. So viele Sterne so hell leuchtend habe ich noch
    nie gesehen. Dass so viele Sterne am Himmel überhaupt Platz haben.
    Allein für diesen Nachthimmel – auch ohne nennenswerten
    Nordlichter – hat sich der Urlaub schon gelohnt!


    Mein Mann döst vor
    sich hin, mein Sohn spielt Nintendo und ich schaue raus und versuche
    die Ohren zu schließen
    (Nachtrag:
    damit meinte ich die Rückfahrt im Bus)

  • Danke Elke,
    Dein Bericht ist wirklich schön. Wiedergibt es Tipps und die geplante Reise scheint definitiv zu kurz zu sein. In einem Monat und 12 Tagen geht es los :thumbup:

    Grüße aus dem schönsten Bundesland Schleswig-Holstein

    Island Mai 2016 und dann immer wieder

  • Natürlich ist das Kind schon infiziert, er hat die "Bazillen" praktisch mit der Muttermilch eingesaugt. Heute in der Schule durfte er Fotos mitbringen und über seinen Urlaub erzählen.
    Schwer beeindrucken konnte er mit isländischen Wasserfall- und Vulkannamen.



    Tag 3 Ostersonntag




    Heute müssen wir früh
    aufstehen, die „Golden-Circle-Tour“ steht an. Sie ist halt im
    Pauschalangebot mit drin und wir haben von Anfang an gesagt: Können
    wir mitmachen, müssen wir aber nicht, alles schon zigmal gesehen.


    Im Moment tendiere ich
    zu letzterem. Gestern Nacht war es so spät, ich mag mich heute nicht
    schon wieder stressen!Mir ist schlecht, ich fühle mich krank, ich
    kann das nicht – Panik!Panik! Ich will nicht den ganzen Tag mit
    einer Meute verbringen und mich nach den Zeitvorgaben der Tourguides
    richten müssen. Sogar nach Plan die Toilettenpausen! Ich kann nicht
    ! Aber mein Mann und mein Sohn quengeln, doch mit zu fahren.
    Ostersonntag, wir haben noch keinen Mietwagen, alles hat geschlossen,
    es ist super Wetter - und sie wollen nur mit mir zusammen fahren.
    Also nehme ich zwei Rennie und einige Globuli und überwinde mich.
    Garantiert das letzte Mal im Leben. Das ist einfach nichts für mich.
    Jeder Jeck ist anders, ich bin eben so!


    Die Organisation klappt
    genau so perfekt wie gestern. Wir werden mit einem Kleinbus am Hotel
    abgeholt, bis zum nahegelegenen Busbahnhof gebracht, links ins
    Gebäude rein, rechts wieder raus, da stehe die Busse für die
    unterschiedlichen Touren aufgereiht. An den Ausgangstüren werden die
    Gäste von den Reiseleitern nach Vorzeigen der Tickets direkt zum
    richtigen Bus gewiesen.


    Der Bus ist proppevoll.


    Odin ist mit uns,schon
    der dritte Tag bei strahlender Sonne, wenn Elfen reisen..


    Der Bus fährt über
    die tief verschneite Hellisheidi, zum Glück ist die Straße absolut
    frei. Bei dieser Fahrt sind die Gäste nicht so desinteressiert wie
    im Flybus. Besser so – für meine Nerven. Es könnte mir ja
    eigentlich schnurz sein, was andere tun, aber, wie mein Mann so
    treffend sagte: „Einige gehören einfach nicht hier hin.“ Recht
    hat er!




    Unser erster Halt ist
    die Tomatenplantage „Fridheimar“ an der Straße 35 bei Reykholt.
    Jesses, Tomaten hat doch jeder schon gesehen! Das Besondere daran
    ist, dass diese Tomaten nur wenige Kilometer unterhalb des
    Polarkreises wachsen und zwar in mit Erdwärme geheizten
    Gewächshäusern.Mein Mann hat heute seinen witzigen Tag:“Tomaten
    sind die isländischen geknüpften Teppiche.“ Recht hat er schon
    wieder, denn geschickterweise werden gleich Tomatenprodukte verkauft,
    wie z. B. Tomatensuppe, Saft und auch Bloody Mary. Ratet mal, was ich
    grad vor mir stehen habe? Es ist kaum 10 Uhr morgens, aber mir ist
    hundertprozentig nach Bloody Mary – am Besten mit gaaaaanz viel
    Wodka.


    So was leckeres kann es
    gar nicht geben! Nie, nie wieder will ich in irgendeiner Bar oder
    sonstwo rote Plörre aus dem Tetrapack trinken. Also, das ist
    sicherlich keine Touristenfalle, auch wenn es im ersten Moment so
    anmutet. Allerdings ist es auch nicht grad ein Schnäppchen, aber
    dieses Getränk ist es wert!




    So, alle leicht
    angeschickerten Schäfchen wieder in den Stall, es geht weiter.


    Vorbei am Keridkrater,
    der wegen des Eintrittsgeldes übergangen wird, auf direktem Weg ins
    Haukadalur. Schon von Weitem ist die Wasserfontäne des Geysirs
    Strokkur zu sehen.



    Auch zum zigsten Male ist es wieder beeindruckend.
    Fast ebenso beeindruckend ist der Parkplatz gegenüber. Bestimmt 20
    Reisebusse ( na gut, wir saßen grad selbst in einem davon) und 50
    Autos. Es ist – welch Wunder im März – kalt und es weht ein
    starker, richtig fies den Körper pieksender Wind. Da frag ich mich,
    wo haben die Menschen ihren Verstand? Sind die aus Versehen ins
    falsche Flugzeug gestiegen? Selbst wer sich nicht mal ansatzweise
    vorbereitet hat und sich drei Tage dumpf rumkutschieren läßt,
    sollte doch wissen, dass es im Norden kalt ist, oder? Angesichts so
    viel menschlicher Dummheit tritt die einzigartige Landschaft fast in
    den Hintergrund. Teenies in Jogginganzügen, Mädchen in Ballerinas
    auf glatt gefrorenem Boden, junge Frauen in Miniröcken – doof aber
    sexy! Da ist es keine Überraschung, dass es am Strokkur und erst
    recht ein paar Schritte weiter oben gar nicht so voll ist, wie es der
    Parkplatz vermuten läßt. Umso voller das Restaurant! Wie kann man
    jetzt und hier an Essen denken? Außerdem hatte ein Großteil der
    Gäste eben erst auf der Tomatenfarm eine Suppe oder Saft mit
    superleckeren, knackig frischen selbstgebackenen, riesengroßen
    Brötchen, die gab es nämlich dazu.



    Wir sind überwältigt,
    wie groß der Souvenirshop geworden ist. Und wo sind die Eisbären?


    (Das ist noch ein altes Foto, musste sein zur Erinnerung)


    Die armen Viecher mussten wohl noch mehr Sitzplätzen weichen. Oh,
    wie schade, die hat mein Sohn so gerne gekuschelt ( und ich auch).
    Die Enttäuschung ist groß! Extra wegen denen waren wir doch hier
    rein gekommen. Dafür stehen da jetzt ein ausgestopftes Pferd und ein
    Schaf und ein alter Trecker. Welcher Bauer wollte den wohl loswerden?



    Nur eine kurze Fahrt,
    dann sind wir beim Gullfoss. Bis auf den Wasserfall selbst hat sich
    hier viel geändert.Zum ersten Mal bin ich richtig stolz auf all
    meine mitreisenden Schäfchen. Keiner, kein Einziger von vielen
    Hunderten ist über die Absperrung geklettert! Mein Mann hat den
    gemeinen Gedanken, als Erster zu klettern. Wie viele würden ihm aus
    Herdentrieb wohl folgen? Oder haben etwa alle den „berühmten“
    youtube-Film vor wenigen Wochen gesehen? Bei diesen Menschenmassen,
    die sich hier drängeln, ist die Absperrung sinnvoll. Bei dem
    Schuhwerk, das wir hier zu sehen bekommen, bestünde Lebensgefahr.
    Allerdings können sich die high-heels doch prima ins Eis bohren.





    Ich hatte Sorgen, dass
    mich die vielen Bilder vom Gullfoss, die inzwischen in jedem Aldi-
    und Lidlprospekt zu sehen sind, abgestumpft haben. Aber keinesfalls!
    Der Gullfoss ist so imposant, das kann ein Foto gar nicht
    wiedergeben. Was mir am Besten gefallen hat, war der neue Holzweg
    ganz ober auf der Wiese. Den kannte ich noch nicht, eine gute Idee.
    Von der Aussichtsplattform bietet sich ein grandioser Blick über die
    Hvitá (hat Onkel Wiki.. mir verraten: es heißt der weiße Fluß)und
    über die am Rand ein wenig angefrorenen Wasserfälle. Leider
    zerschneidet einem der Wind hier oben regelrecht das Gesicht, so dass
    unser Kind – obwohl gut eingemummelt – bald wieder nach unten
    möchte. Da kommt uns ein etwa 5-jähriges Mädchen entgegen, in
    Tüllrock und Strumpfhose! Wie verantwortungslos können Eltern nur
    sein? Ich hätts ihnen am Liebsten weggenommen und in Wärme und
    Sicherheit gebracht. Als unser Sohn 5 Jahre alt war, waren wir auch
    um diese Zeit, etwa März/ April mit ihm hier. Dick eingepackt in
    Skiunterwäsche, Skianzug, Winterstiefeln und allem, was man einem
    Kind noch anziehen kann, gingen wir über den schmalen Weg nach unten
    zum Felsen. Das Wetter war eher noch schlechter, mit fiesem,
    garstigen Nieselregen, da hat noch kein Hahn nach Absperrungen
    gekräht. Wir quälten uns also da runter und kurz vor dem
    Steinplateau fällt dem Kind ein: „Ich muss mal!“ Ja, super Idee!
    Hier mal eben in die Natur geht nicht, also schnellstmöglich wieder
    zurück zum Restaurant. Das war der Tag, an dem ich am Gullfoss war
    und ihn nicht gesehen habe. Denn als wir wieder am Restaurant waren,
    das Kind aus dem klatschnassen Skianzug gepult hatten incl.
    Handschuhe, Mütze, Schal usw. waren all unsere Kräfte verbraucht,
    für einen zweiten Versuch bis zur Fallkante reichte die Energie
    nicht mehr. Ach egal – wir haben den Gullfoss schon zu jeder
    Jahreszeit gesehen, von komplett vereist bis zum Regenbogen über der
    Gischt und jedesmal wirkte er unübertrefflich.



    Der letzte Halt der
    Tour ist Thingvellir. Der Bus hält am Parkplatz beim Öxarafoss und
    die Herde trabt hinauf bis zum Parkplatz Infocenter, immer noch das
    gellende „straight, straight“ des Reiseleiters im Ohr. Bloß
    nicht vom Pfad abweichen, der Bus wird uns oben wieder einsammeln.
    Thingvellir muss man einfach lieben! Diese sanfte, liebe, ruhige,
    weitestgehend unberührte und unverbrauchte Erhabenheit ausstrahlende
    Senke (Nachtrag: natürlich nur, wenn man vom Pfad abweicht,
    mainstream ist es alles andere als unberührt). Als wir uns mit dem
    Tross durch die Schlucht zwängen meint mein Mann: „Ich fühle
    mich, als wenn ich ins Fußballstadion gehe.“ Er triffts doch immer
    wieder. Die Masse mäandert den Berg hinauf. Für mich neu sind die
    Holzstege. Das fühlt sich strange an, so auf halber Höhe zwischen
    den Felswänden auf einem Holzweg zu gehen. Das ist einfach falsch!
    Aber muß wohl sein. Mir fällt wieder mein Sohn ein. Als er noch
    jünger war, aber schon die geologischen Gegebenheiten von
    Thingvellir verstehen kommte, stand er genau in der Spalte, schaute
    an den hohen Felswänden rechts und links von
    ihm hoch und sagte beklommen:“Wenn es jetzt ein Erdbeben gibt...“
    Muß man sich mal vorstellen, wenn man genau da zwischen steht.Wir
    konnten nicht mehr ohne Schaudern durchlaufen. Jetzt mit dem Holzsteg
    scheinen die Felswände längst nicht mehr so hoch.



  • Ostersonntag Teil 2 weiter gehts im Thingvellir



    Der Klopper kommt oben
    am Parklatz: Da muß man allen Ernstes 200 ISK für die
    Toilettenbenutzung per Kreditkarte zahlen! Schon sehr skurril, bei
    den Menschenmassen aber lukrativ.


    Platt wie die Flundern
    kommen wir um 18.00 Uhr wieder am Hotel an. Im Nachhinein war es gar
    nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte, allerdings auch nicht so
    doll, dass ich jetzt immer so verreisen möchte. Nach einem schnellen
    Essen im Hotel zappe ich durchs Fernsehprogramm – und was läuft:
    Der Film mit den beiden Bauersbrüdern und den Schafen. Dieses offene
    Ende beschäftigt mich schon seit Tagen, es macht mich fuchsig, wenn
    am Schluss nicht alles in rosa Wolken versinkt. So werden mein Mann
    und Sohn mit eingespannt, die Schlußszene mit anzuschauen. Mein Mann
    ist nach dem anstrengenden Tag wohl in Quällaune und meint:“Ist
    doch klar, die Beiden erfrieren in der Höhle und die Schafe
    verhungern im Schnee!“ Mein Sohn versuchts noch rauszureißen mit
    „Nein, nein, das wird schon alles gut.“ Aber mein Abend ist
    gelaufen. Ich schmolle.



    Der Hund im Film
    erinnert ich am Tina, den erstaunlichsten Bordercollie der Welt.


    Tina lebte hoch oben
    inden Westfjorden in Djupavik und zeigte uns ihre Kunststücke. Er sprang um uns herum
    und bellte, lief voraus, bellte, kam wieder zurück bis wir ihr
    folgten.Immer höher den Berg hinauf bis zu einer kleinen Herde
    Schafe.Sie grasten friedlich, bis Tina kam und sie anbellte. Der Hund
    ließ die Viecher tatsächlich Formationen laufen – zu zweit
    nebeneinander , zu viert oder im Kreis herum wie bei „Ein
    Schweinchen namens Babe“. Wie bringt man einem Hund das bei? Und
    wie bringt der Hund den Schafen das bei?

  • :D

    Wie bringt man einem Hund das bei? Und
    wie bringt der Hund den Schafen das bei?

    Tja, wird gerade hier gemacht. " Tango " 10 Monate alt. idealerweise hat man einen ALTEN Hund parat mit dem der Junge mitläuft und es dann nachmacht. An sonsten mit viel Training , Gehorsam und auch mal ein Leckerli. Am Anfang sollte es nur EINEN Chef geben.
    Die Schafe haben das wohl irgentwie in den Genen, eine uralte Wolfsangst. Natürlich laufe auch da immer die Jungen den Alten nach und lernen das so nebenbei mit. Hab das Schauspiel jeden Tag vor dem Fenster. Gestern sind übrigens Drillinge ( Lämmer ) gekommen, die Ersten dieses Jahr.

    • Tag, Montag



    Heute ist der
    Lieblings-Lieblings-Lieblingstag!


    Wir sind auf dem Weg zu
    einigen meiner liebsten Orte, die ich leider schon all zu lange nicht
    mehr besucht habe. Bei ununterbrochener Strahlesonne – Thor ist mal
    wieder mit uns – sind wir zum dritten Mal in drei Tagen auf dem Weg
    Richtung Mossfellsbaer. Was für ein Unterschied, im eigenen Auto zu
    fahren. Mir schießt der Gedanke in den Kopf:“ Jetzt fängt der
    Urlaub richtige an!“ Das ist unfair, die Touren waren so perfekt
    durchorganisiert, auf die Sekunde getaktet, dass der deutsche
    Perfektionismus in mir jubelt. Ebenso großes Lob an die freundlichen
    und geduldigen Reiseleiter und Busfahrer, die an Ostern bestimmt
    genau so gerne bei ihren Familien gewesen wären, das aber niemals
    auch nur durchblicken ließen.



    Trotzdem, im Mietwagen
    statt im Bus fühle ich mich wie im eigenen Bett statt im Schlafsaal
    einer Jugendherberge. Wo wir grad an seinem Haus vorbeifahren, passt
    ein Buchtitel von Halldor Laxness:“Sein eigener Herr“ ganz
    wunderbar. Also Richtung Norden. Weil ich es nicht mehr abwarten
    kann, geht’s auf direktem Weg durch den Tunnel. Danach beginnt –
    etwas pathetisch aber wahr – das Paradies. Der Hvalfjord leuchtet
    in so einem intensiven blau mit einem Schuß petrol drin, gar nicht
    zu beschreiben, diese Farbe gibt es gar nicht. So ein sattes, tiefes,
    strahlendes blau, nicht bedrohlich dunkel, auch nicht wässrig hell.
    Es lockt nicht nur, es schreit regelrecht:“ Komm, komm rein, ich
    fühle mich genau so herrlich an wie ich aussehe!“ Mein Mann fühlt
    ähnlich. Er sagt: „Wie an der Küstenstraße in Kroatien.“ Und
    das will was heißen, war Kroatien doch sein Lieblingsland, bevor er
    Island kannte.


    Leider mussten wir der
    Verlockung widerstehen und uns aufs Staunen beschränken. Und dazu
    gibt es mehr als genug Gelegenheiten. Die Berge leuchten wie mit
    Puderzucker bestäubt vor dem hellblauen Himmel, nicht mal ein
    Fitzelchen Wolke ist zu sehen. Als ersten halten wir am Wasserfall
    Glanni.






    So unglaublich schön, jetzt merke ich, wie wenig Worte so
    für so viel Schönheit gibt. Nach einem gut ausgebauten, frisch
    geschotterten Fußweg betreten wir die neue Aussichtsplattform und
    erhalten einen Wahnsinnsausblick. Unter einem nicht allzu hohem,
    dafür aber breitem, von riesigen Felsblöcken unterteiltem
    Wasserfall sammelt sich das Wasser in einem Becken, wie ein kleiner
    Teich, bevor es in mehreren kleineren Fällen die nächste Stufe
    herabrauscht. Zurück gehen wir über einen kleinen teils gefrorenen,
    teils angetaut und rutschigen Trampelpfad durch einen niedrigen Wald
    und eine gut versteckte Schlucht direkt unten ans Ufer. Was für ein
    Abenteuerspielplatz für Kinder. Mein Sohn ist Entdecker, Forscher,
    Biologe, Geologe, Troll- und Elfenfinder, unser Tourguide,
    Bergsteiger, Naturschützer alles zusammen auf diesem relativ kurzen
    Stück Weg. Unten am Ufer angekommen erwartet uns ein Elfentanzplatz.
    Genau so kommt es mir vor. Ein kleines Plateau direkt an der
    Fallkante, aber so verwunschen, hier können nur Elfen tanzen. Diese
    Gefühl teilt mein Sohn, er sagt ganz selbstverständlich:“Hier
    müsste Faun spielen.“ ( Nachtrag: Faun ist eine Art Folk-Band, die
    u. A. Auch Altisländisch singen, bekannte CD „von den Elben“)


    Damit trifft er den
    Nagel auf den Kopf, wirklich, die würden hier hin passen.



    Der kleine
    schwarz-braune Strand läd zum Spielen ein, zumindest zum Eisplatten
    zerkrachen. Das Kind möchte hier am Liebsten nie mehr weg, zu
    abenteuerlich scheint alles. Er findet sogar einen Trollsitz der, wie
    ein Thron, in die Felswand gehöhlt ist.



    Weiter zum
    Grabrok-Krater. Kurz davor liegt ein kleines Restaurant mit kleinem
    Geschäft angegliedert. Ich kann nur jedem ans Herz legen, dort mal
    einzukehren wenn er vorbei kommt, der unvorstellbar freundliche Wirt
    ist es wirklich wert!! Am Krater hier hat sich viel verändert. Der
    ganze Weg hinauf ist mit Stegen und Holztreppen auch für den
    tollpatschigsten Touri geeignet.Vor ewigen Jahren mußte mein Mann
    sich noch allein raufquälen, weil ich nach einem Unfall nicht ganz
    so trittsicher war. Jetzt sieht das hier ganz anders aus. Die Natur
    wird wesentlich besser geschützt und die Urlauber auch. Oben
    angekommen muss mein Sohn aufgeben, obwohl er gerne rundrum gegangen
    wäre. Der Wind weht so stark, dass das Kind einfach umgepustet wird,
    außerdem sind die Holzplanken stellenweise sehr vereist und
    verschneit und furchtbar glatt. Safety first, dann eben nicht rum.
    Der Mensch denkt, Island lenkt, so ist das.


    Nächster Halt an den
    Hraunfossar. Der Barnafoss nebenan ist mein allerliebster Wasserfall.
    Was ein Hexenkessel! Welch Naturgewalt! Aber auch hier sehe ich
    wieder, wie zahm Island geworden ist. Überall Absperrungen, wo wir
    einst noch gekraxelt sind, Holztreppen, Aussichtsplattformen sogar
    auf der anderen Flußseite. Trotzdem, der Barnafoss konnte nicht
    gezähmt werden, zum Glück. Er rauscht, faucht, poltert und brodelt
    noch immer so, wie ich ihn in Erinnerung habe.







    Weiter geht’s zum
    Highlight des Tages, zum Schwimmbad nach Husafell. Klingt komisch?
    Mag sein, aber da habe ich mein Herz verloren. Das Schwimmbad ist an
    einen Hang gebaut und besteht aus mehreren Becken mit
    unterschiedlichen Temperaturen. Vom obersten Becken aus schaut man
    über das ganze Tal auf die gegenüberliegenden Berge, die heute noch
    stellenweise mit Eis- und Schneefeldern bedeckt sind. Wenn ich hier
    im Wasser liege fühle ich mich ins „Große Tal“ versetzt. In dem
    Zeichentrickfilm „In einem Land vor unserer Zeit“ machten sich
    die Dinosaurier, als die Lebensbedingungen immer schlechter wurden,
    auf die Suche nach dem sagenhaften „Großen Tal“, einem Ort
    voller Friede, Freude, Glück und Eintracht für alle. Genau hier ist
    für mich dieses Tal. Leider wurde hier inzwischen ein großes Hotel
    gebaut. Schade, aber da haben wohl noch mehr Dinos ihr großes Tal
    hier gefunden.


    Im Schwimmbad sind
    außer uns nur noch zwei andere Familien, zwischenzeitlich sind wir
    ganz allein. Wer will da schon in die Blaue Lagune?


    Zurück geht’s am
    Haus des interessanten Künstlers vorbei ( in dem alten Haus daneben
    haben wir mal übernachtet, es ist sehr zu empfehlen) auf die Straße
    Nr. 50. Unendliche Weiten! So winzig klein fühlt man sich
    imVergleich zu dieser endlosen Ebene. Vor lauter Ausblick kommt man
    aus dem Staunen nicht raus. Schade, das Restaurant „Fossatun“ hat
    geschlossen, sie werben mit Rock´n´Roll-Museum, da wollten wir zu
    Abend essen.Immerhin sehen wir den Trollspazierweg und den
    Trollwasserfall. Wir haben es nicht eilig und umrunden den Hvalfjord.
    Wie unglaublich blau das Wasser ist. Beeinträchtigt wird das
    Panorama durch unzählige Öl- und Gastanks incl. dazugehöriger
    Industrieanlagen. Klar, keiner will es sehen, gebraucht wird’s
    doch, weitab von bewohnten oder stark befahrenen Gebieten versteht
    sich von selbst. Unterhalb riesiger Geröllhänge kommt schon der
    Gedanke: „Wenn jetzt was rutscht...“ Ihhh, gruselig – schnell
    weiter.


    Zum Abschluß gibt’s Abendessen in Reykjavik im
    Chuck-Norris-Cafe. Chuck Norris ist obercool, ich habe mich wie viele
    andere auch, vom Namen anlocken lassen. Die Strategie geht auf. Das
    Essen kann man haben, muss man aber nicht.

    • Tag Dienstag



    Plötzlich weckt mich
    ein Schrei „Es schneiiiiit!“ Mein Sohn steht am Fenster und
    starrt gebannt in das trüb orange Licht der Flughafenbeleuchtung. Es
    ist 3 Uhr 40 – Danke. Er hat Recht, es schneit, aber wie. Es
    schneit nicht nur, es fällt wie ein Vorhang vom Himmel. Vor ein paar
    Stunden war doch noch schönster Sonnenschein.




    Um 8 Uhr schneit es
    noch immer und wir verwerfen unseren Plan, nach Vik zu fahren, statt
    dessen genießen wir das hoteleigene Spa. Vor einigen Jahren als wir
    dort übernachteten war es nur ein lieblos blassgelb ( glaube ich)
    gekacheltes Loch im Keller , welch wunderbare Verwandlung! Jetzt ist
    es eine ansprechende, moderne, gepflegte Wellnessanlage. Alles in
    Naturtönen gehalten, viel Deko aus Holz, gemütliche Sitzecke,
    kinderfreundliche Ausstattung mit Schwimmwesten, Nudeln oder
    Schwimmflügeln, gedämpfte Beleuchtung und an der Stirnseite ein
    wandgroßes Foto vom Dynjandi, dem gewaltigen Wasserfall in den
    Westfjorden, an dem mein jetziger Mann einst
    niederkniete.....Inzwischen sind wir fast 12 Jahre verheiratet.
    Solche Bilder sieht man doch gerne.


    (altes Foto, weil so schön ist)


    Mittags wird es heller
    und wir fahren nach Reykjanes. Kurz hinter Hafnarfjördur biegen wir
    ab Richtung Krisuvik. Als die Straße von Asphalt auf Schotter
    wechselt, wird es phantastisch. Die verschneite Straße führt steil
    bergauf und bergab am Ufer des Kleifarvatn entlang. Welch erhabener
    Ausblick – das hat was Göttliches! Man muss selbst daher gefahren
    sein, um diese Worte nicht kitschig zu finden. Ich kann gar nicht
    langsam genug fahren, um alles aufsaugen zu können. Zum Glück ist
    niemand sonst hier unterwegs. Im Geothermalgebiet erleben wir eine
    regelrechte Farbexplosion! Der Untergrund auf dem wir laufen ist so
    ähnlich wie rot. Vielleicht ist es so eine Art Lehm woraus auch
    Ziegel gebrannt werden. So eine Farbe hat es auf jeden Fall – und
    glitschig ist es auch. Mir fällt grad ein: wäre es Lehm, würde es
    hier bestimmt Ziegelsteinhäuser geben – gibt’s aber nicht, ich
    habe noch kein einziges gesehen. Egal, ich bin kein Geologe, auf
    jeden Fall ist das Farbspiel auf dem Boden von ziegelrot über orange
    bis blassbeige.



    Es brodelt und blubbert
    in der Erde, matschige Schlammlöcher werfen dicke, zähe Blasen in
    die Luft. Um kleinste Löcher bilden sich gelbe Ablagerungen aus
    Schwefel, was man auch als Nichtchemiker unschwer erkennen kann. Die
    großen Löcher schimmern in allen Farben von hell- und dunkelblau
    sowie hell- bis dunkelgrau.



    Wir sind wieder fast
    allein hier, nur zwei Autos auf dem Parkplatz, was die ganze Szenerie
    noch mystischer macht. Nur wir und die Naturgewalten, oder die
    Midgardschlange selbst, die unter der Erde hockt und grauenhaft
    faucht!



    Nach einem ausgiebigen
    Rundgang über schmierige, aufgetaute Wege geht die Fahrt weiter um
    die Reykjanes-Halbinsel. Wir folgen der Straße 427 an der Südküste
    entlang Richtung Westen, vorbei an riesigen Lavafeldern. Unweigerlich
    fragen wir uns bei diesem Anblick:“ Was muss es hier einst gerummst
    haben, um eine solch gigantische Fläche mit Lava zu bedecken?“ Wir
    können und wollen es uns nicht vorstellen, besonders nicht in diesem
    Moment, so lange wir hier herumfahren.Von der Straße zweigt eine
    Schotterpiste ab, in die wir dank Allrad einbiegen können. In diesem
    Moment entschwinden wir in eine Parallelwelt. Garstige schwarze
    Lavabrocken türmen sich kilometerweit fast haushoch neben der
    Fahrstecke auf. Wie hat man hier bloß diesen Weg durchbahnen können?
    Alles weggesprengt? Diese Vorstellung ist meinem Sohn am Liebsten,
    OK, lassen wir es dabei.

    Gleich am Anfang dieser Unterwelt steht ein
    Hinweisschild, welche Schiffe im Laufe von Jahrhunderten hier vor der
    Küste gestrandet sind – wie gruselig! Und nur ein kurzes Stück
    weiter am Wegesrand liegt mitten zwischen den Lavabrocken ein
    verrostetes Schiffswrack. Allerdings hinter dem Deich – wie ist es
    dahin gekommen?



    Mein Interesse an
    Schrott hält sich in Grenzen, so steigen nur Mann und Kind aus und
    kraxeln zum Wrack. Ich bleib lieber im Auto und schreib diese ganze
    unwirkliche Szenerie auf. Die beiden kommen mit Informationen wieder:
    Das Schiff ist nur ein halbes und es ist nicht über den Deich
    gesprungen, sonder hier war mal Wasser und der Steinwall wurde erst
    später errichtet. Im weiteren Verlauf liegen am Wegesrand noch ein
    Anker, eine Seilwinde ( oder so) und die zweite Hälfte des Wracks,
    die von meinen beiden Liebsten auch noch genauestens erforscht werden
    will.


    Mein Sohn kommt kurz
    darauf mit fünf kleinen Muscheln wieder, die er gefunden hat.Solch
    wunderschöne Muscheln gibt’s an der Nordsee nicht. Zwar sehr klein
    aber so filigran gedreht und farblich ungewöhnlich. Danke Kind, für
    diese besonderen Muscheln, die werden zu Hause einen besonderen Platz
    bekommen. (Ist doch nicht verboten, 5 Muscheln mit zu nehmen, oder?
    Sonst ist das hier natürlich nie wirklich passiert, niemand hats
    gelesen und ich habs nur geträumt) Ungewöhnlich genug sieht die
    Landschaft ja aus, als könne sie nur aus einem extra wirren Traum
    stammen. Der Schotterweg endet am Hafen von Grindavik. Dort gibt’s
    auch wieder Straßenschilder, auf denen die Str. 427 Richtung
    Ringstraße 1 ausgewiesen ist.


    In dem Moment ist die
    Reykjanes-Umrundung vergessen. Die Gier treibt uns nach Hveragerdi,
    denn hier gibts den besten Bäcker der Welt.Das klingt jetzt bestimmt
    schwer verwirrt, fast 100 km für ein Stück Kuchen zu fahren, aber
    dieser Kuchen ist es wert. Ich würde sogar für ein Stück extra aus
    Deutschland kommen. Das Verrückteste, das wir jemals gegessen haben,
    war bei diesem Bäcker eine Torte aus Fleischsalat! Genau so, wie
    man es sich beim Lesen vorstellt. Richtiger Fleischsalat mit Majo zu
    einer kunstvollen Torte geformt und wie Torte in Stücke geschnitten
    – da muss man erst mal drauf kommen, schmeckte aber. Dieser Bäcker
    war für uns das Glück und die Oase der Zivilisation nach dem
    Hochland. Tagelang trockene Kekse oder andere Geschmackslosigkeiten
    und dann dieses Juwel auf dem Rückweg nach Reykjavik. An einen
    Urlaub erinnere ich mich besonders, als wir in Landmannalaugar waren.
    Es regnete nicht nur, es schüttete aus Eimern und stürmte so stark,
    dass die Zelte wegflogen. Wir konnten von der Hütte nicht bis zu den
    Bergen sehen, laufen erst recht nicht. Die Menschen drängten sich in
    den Kioskbus, der bereits ratzekahl leer gekauft war. Das Haus selbst
    war proppevoll, über saßen, standen, lagen Menschen herum. Wir
    hatten 2 Schlafplätze vorgebucht, der komplette Dachbogen lag voller
    Matratzen und Schlafsäcke, einfach so auf dem Fußboden.



    Was dann folgte, war
    das Schlimmste, was ich je erlebt habe: Als ich in das Sanitärgebäude
    kam, wurde dieses nicht mehr als solches genutzt, sonder als Küche!
    Während ich hier sitze und schreibe kommts mir bei der Erinnerung
    daran schon wieder hoch. Tatsächlich, all die Camper, die im Haus
    keinen Unterschlupf mehr fanden, saßen in den Kabinen auf den
    Toiletten, hatten ihren Gaskocher vor sich und aßen!



    Andererseits, was
    sollten sie sonst tun? Draußen ging grad die Welt unter, die Zelte
    waren weg und die Wanderer nach einem anstrengenden Tagesmarsch
    sicher unsagbar hungrig. Ich hätte in deren Situation wahrscheinlich
    das Gleiche getan und nichts dabei gefunden. Ich habe an dem Abend
    nichts mehr gegessen und sehnsüchtig auf den nächsten Tag und den
    Bäcker in Hveragerdi gewartet.


    Nun sind wir also auf
    dem Weg dorthin, wieder durch die endlosen Lavafelder, die von
    sanft-grün bemoost ins nackte schwarz wechseln. Immer noch leicht
    mit Schnee bestäubt, findet mein Mann, sie sehen aus wie Germknödel
    mit Mohn-Zucker-Mischung bestreut.



    Wir sind in Hveragerdi
    angekommen, fahren die Hauptstraße rauf und runter – wo ist der
    Bäcker geblieben? Er ist WEG! Da ist jetzt glaube ich eine Eisdiele
    drin. NEIN!NEIN! Was jetzt? Das ist nicht wahr! Zur Tankstelle und
    fragen! Der einzige Bäcker im Ort ist im Einkaufszentrum, ob es der
    selbe wie früher ist, weiß der Tankwart nicht.Ich kann mir jetzt
    schöneres vorstellen, als im Einkaufszentrum zu essen, aber wir
    hatten uns so reingesteigert und sind so hungrig, dann nehmen wir
    eben das. Der Kuchen war lecker, die Auswahl reichlich, alles gut –
    aber unser Bäcker war es halt nicht.

  • Was nun mit vollem
    Bauch und angefangenem Tag? Zum Glück können wir fahren wie wir
    wollen, müssen kein Ziel erreichen, können uns treiben lassen. So
    fahren wir Richtung Thingvallavatn. Ich liebe die Straße 360 östlich
    des Sees. Das ist schon so der „Mulholland-Drive in Los Angeles“
    auf isländisch.Hier in den Bergen mit Blick aufs Wasser stehen die
    herrlichsten Wochenendvillen, die ich bisher gesehen habe. Ist ja
    auch kein Wunder, es gibt kaum ein schöneres Fleckchen. Die Straße
    ist zwar verschneit aber noch befahrbar, dennoch bin ich sehr froh,
    dass auf dieser Strecke mein Mann fährt. Ich habe wirklich genug
    Fahrpraxis, bin kein Anfänger, aber bei dieser Straße halte ich hin
    und wieder die Luft an und bin dankbar für den 4 x 4. Heute würde
    ich hier nicht mit einem Kleinwagen fahren wollen. Vorbei an dem fotogenen kleinen Kirchlein am Ufer erfreuen wir uns an dem großartigen Weitblick, den der klare Himmel uns ermöglicht.



    Die weiß verschneiten Berge leuchten orange-pink in der tiefstehenden Sonne, wir sind völlig allen hier, nur ein Auto begegnet uns auf der ganzen Strecke. Ein Ort für Privilegierte.



    Wir sind kurz vor
    Mossfellsbaer, als mein Mann zufällig rechts aus dem
    Beifahrerfenster schaut. Er kanns nicht fassen! Wie soll ich das
    beschreiben? In der Lücke zwischen zwei Bergen unterhalb einer
    Wolkendecke leuchtet der Snaefellsjökull vor dem rot glühenden
    Abendhimmel! So ein Bild gibt es kein zweites Mal! Wir halten an und
    knipsen und staunen. Wer hätte geahnt, dass so ein chaotischer Tag
    so einmalig zu Ende geht.








    Nachtrag: Vielen Dank für die freundlichen Worte, die ihr zurück geschrieben habt. Der Chuck-Norris-Witz war super! Echt klasse.
    Dieses überschwängliche Schreiben funktioniert glaube ich nur, wenn man es sofort und direkt aufschreibt, in dem Moment, wo man selbst völlig überwältigt ist. Jetzt würde ich es viel nüchterner beschreiben.Ich habe so etwas noch nie gemacht, aber in dem Moment musste ich einfach irgendwo hin mit den vielen Eindrücken, so habe ich fast den ganzen Malblock meines Sohnes vollgeschrieben.

    • Tag Mittwoch



    Die nordischen Götter
    müssen Gefallen an uns finden, auch heute bescheren sie uns einen
    wundervoll klaren, strahlenden Tag. Das kann doch nicht nur Glück
    oder Zufall sein – nein, das ist Oberglück, denn heute ist ein
    ganz besonderer Tag: Wir haben eine Hundeschlittentour gebucht! Und
    das schon im Januar, da die Plätze monatelang im Voraus
    ausgebucht sind. Bleibt natürlich das Wetterrisiko. Mein Sohn ist
    sich sicher:“Fenris (Nachtrag: der Wolf aus der nordischen
    Göttersaga) ist mit uns, denn gleich besuchen wir seine Nachfahren.“
    Mein Mann hatte dankend abgelehnt, er kann sich größere Vergnügen
    vorstellen, mein Sohn und ich nicht! Tatsächlich, mehr geht nicht:
    oben im Skalafell-Skigebiet angekommen strahlt die Sonne auf die
    unendlichen Schneeflächen und läßt sie diamantengleich glitzern.
    Da liegen sie im Schnee, zusammengerollt in ihre buschigen Schwänze,
    wuschelig und kuschelig wie Plüschtiere!



    Die Huskies sind einfach zu
    süß! Ihre intensiv blauen Augen strahlen noch knalliger als die
    Eiskristalle auf dem Boden, der Schnee glitzert richtig – alles ist
    so unglaublich hell, dass es in unseren Augen blendet. Und das
    erstaunlichste: Es ist warm! Bei der Reservierung wurden wir explizit
    darauf hingewiesen, uns so warm wie möglich zu kleiden und nun
    reichen Skirolli und Islandpullover völlig aus. Auch Sonnencreme auf
    die Nase ist keine schlechte Idee. Gleich vorne am Parkplatz befindet
    sich ein Gehege mit Welpen. Husky-Welpen, wer hat schon mal was
    Niedlicheres gesehen? Gibt es nicht.


    Och, wie sind die tapsig,
    drollig und süß. Keine Frage, dass wir am Liebsten alle, na gut,
    zumindest einen mitnehmen wollen. Natürlich nur im ersten
    Reflex,denn bei uns zu Hause im Garten hätte so ein Tierchen ein
    schlechtes Leben. Der Hundeführer erklärt uns, dass die Tiere bei
    minus 20 Grad erst so richtig auf Betriebstemperatur kommen und
    täglich gerne 60 – 70 km laufen möchten. Diese Möglichkeiten
    sind bei uns eher nicht gegeben.



    Die Hundeführer
    scheinen eine ganz lustige Bande zu sein. Ein junges Team das
    offensichtlich Spaß an seiner Arbeit hat, immer lacht und freundlich
    ist. Sie haben was von Surflehrern auf Ibiza – ein bißchen freakig
    und alternativ, aber höchst charmant. Hier fühlen wir uns gleich
    wohl. Die Tour führt in einem Bogen um den Gletscher herum und so
    was tolles ist gar nicht zu beschreiben. Rundum weiße Unendlichkeit,
    nahezu unendliche Weitsicht bis fast ans Ende der Welt – so kommt
    es mir vor – der Schnee funkelt, die Hunde können es gar nicht
    abwarten, dass es los geht, sie jaulen und zappeln und rollen sich im
    Schnee vor Aufregung und können gar nicht schnell genug laufen. Eine
    unvergessliche Stunde.


    Zwischendurch gibt es eine Kuschelpause, die
    sich die Hunde gerne gefallen lassen. Der Drang ist einfach zu groß,
    den Huskies in ihr dickes Flauschfell zu fassen, das wissen auch die
    Veranstalter und haben ihre Tiere auf „Kundenfreundlichkeit“
    dressiert. So zahm und streichelbedürftig hatte ich mir
    Schlittenhunde nicht vorgestellt. Ich dachte, die haben noch so etwas
    wildes, wolfhaftes, aber keine Spur, es sind Schoßhündchen. Einer
    ist erst 10 Monate alt und hat noch ein richtig weiches Welpenfell.
    Mein Herz ist erobert. Leider endet auch die schönste Zeit und nach
    unzähligen Kind- mit-Hund und Hund-mit-Kind-Fotos und nicht enden
    wollendem kraulen müssen wir das herzallerliebste Rudel wieder
    verlassen.



    Dies ist nun kein
    klassischer Reisebericht und in Art und Ausführung sicher nicht zur
    Nachahmung empfohlen. Wir fahren schon recht chaotisch hin und her,
    lassen mal touristische Ziele aus oder steuern sie doppelt an, wenn
    es uns gefällt. Man hat ja gestern schon gemerkt, dass wir nicht
    grad strukturiert abarbeiten, sondern uns von unseren speziellen
    Wünschen und Vorlieben treiben lassen. So auch jetzt wieder. Weil
    unsere Bustour am Sonntag keinen Aufenthalt am Öxarafoss vorsah,
    fahren wir einfach noch mal nach Thingvellir. Auch hier hat sich viel
    getan. Der Weg ist mit Holzstegen ausgelegt und direkt am Öxarafoss
    wurden riesige Holzterrassen gebaut. Unser erster Gedanke:“Fehlen
    nur noch Liegestühle und eine Cocktailbar.“ Beides hätte ich
    gerne angenommen! Nachdem eine Schulklasse von ihrem Lehrer
    weitergetrieben wurde, haben wir diesen wunderschönen Ort fast ganz
    für uns allein. Die Sonne scheint uns warm auf den Rücken, vor uns
    der imposante Wasserfall, eingerahmt von meterhohen Eiszapfen. Obwohl
    die Wege und Wiesen völlig schneefrei sind, türmen sich in der
    Felswand neben dem Öxarafoss beinahe menschenhohe Schneeverwehungen.





    Malerisch, einfach nicht von dieser Welt, zauberhaft! Wie kann ich es
    noch ausdrücken? Für Island müssen neue Worte erfunden werden.
    Hier von dieser Holzterrasse stehe ich nie mehr auf. Was für eine
    glückliche Situation. Konform zu meinem ansteigenden
    Bequemlichkeitsbedürfnis steigert sich auch Islands
    Bequemlichkeitsangebot. Alles ausgebaut, angelegt, nahezu überall
    gibt es Cafes und saubere Toiletten und wenn ich in 20 Jahren
    wiederkomme, mit 70 nicht mehr gut zu Fuß bin, wird vielleicht vom
    Öxarafoss bis hinauf durch die Almannagjá ein Förderband laufen
    oder kleine Golfcaddies fahren.


    Aber erst einmal
    genieße ich die Stille.



    Ein wenig
    beeinträchtigt wird die Entspannung durch unseren Sohn, der die
    Faszination der Steine im vereisten Wasser entdeckt hat, über die es
    sich herrlich springen läßt. Find ich gar nicht, die sind glatt,
    die sind gefährlich! Aber er krabbelt, klettert und balanciert, wie
    es nur zehnjährige Jungs können. Mal wieder ein Kinderparadies
    hier.



    Widerstrebend und nach
    sehr langer Zeit läßt sich das Kind hier weglocken, denn ich habe
    ihm noch schönere Ziele versprochen, obwohl wir beide wissen, das
    geht fast gar nicht.


    Unser nächstes Ziel
    soll der Brúarfoss werden.


    (Nachtrag: jetzt beim zusammenfügen merke ich wie sehr die Fotos, die mein Mann geknipst hat, zu meinen aufgeschriebenen Eindrücken passen. Leider kriege ich keine Hochformatfotos kopiert, deshalb auch der Wasserfall nur stückchenweise in Querformatfotos)

  • Hallo
    vielleicht seht ja im Sommer eine Bierbude da, mit Goldenem Egils, wir waren nur einfach zu früh!
    Hallo
    beruhigend, dass ich nicht alleine so denke. Der Bäcker war wirklich etwas ganz Besonderes.



    Immer noch Mittwoch



    Unser nächstes Ziel
    soll der Brúarfoss werden.Ich hatte gelesen, dass er ganz versteckt
    liegen soll und habe jetzt nur die Koordinaten. Aber wie krieg ich
    die verflixten Dinger ins Navi rein? Keine Ahnung, also schlage ich
    meiner Familie einen tollen Spaß vor: Wir suchen den Wasserfall. Die
    ersten beiden Stunden ist es noch ein Spaß, dann droht nach und nach
    die Stimmung unschön zu kippen. Diese elende Siedlung besteht nur
    aus Wochenendhäusern, hier ist kein Mensch weit und breit – eine
    richtige Geisterstadt. Hier gibt es nicht mal Straßen, nur moddrige
    Schlammwege. Wenn wir uns hier im Matsch festfahren findet uns die
    nächsten Tage keiner. Wir wollen aufgeben, zum Teufel mit dem
    Wasserfall, es gibt noch andere! Doch dann die rettende Idee: Wir
    suchen im Internet, irgendjemand wird die Wegbeschreibung doch
    veröffentlicht haben. An dieser Stelle herzlichen Dank an alle, die
    es uns ermöglicht haben, hier in Island einen Internetanschluß zu
    haben, die auf meine dusseligen Fragen freundlich, vernünftig und
    geduldig geantwortet haben. Nicht, dass ich es nur ansatzweise
    verstanden hätte, aber mein Mann hats irgendwie herausgefunden und
    nun können wir Wetter- und Straßenberichte nachschauen und zum
    Glück auch den Weg zum Brúarfoss.



    Ja, genau hier muss er
    sein, hier ist der beschriebene Parkplatz – aber hier waren wir
    doch eben schon mal. Nach mehrmaligem Anhalten, Aussteigen, durch die
    Gegend laufen sind wir hier richtig. Doch jetzt geht das Drama
    richtig los! Es führt ein kleiner Trampelpfad über eine
    Lavageröllwiese – so weit so gut, dann über einen
    niedergetrampelten Stacheldrahtzaun, auch noch gut. Danach kommt nur
    noch Eis und Motsche. Wo die Schlammwege nicht mehr mit dicken
    Eisplatten belegt sind, sinken wir knöcheltief ein, der Matsch läuft
    oben in die Boots. Der Weg, wenn man ihn noch so bezeichnen könnte,
    wird zu einer Eis-Schlamm-Lavafläche, von unten porös und
    ausgehöhlt, die beim drauftreten nachgibt und unsere Beine bis zum
    Knie verschlingt. Nach gefühlten zehn Stunden abgequälter
    Lebenszeit entfährt mit ein ordinäres:“Ja, sind die denn mit dem
    Klammerbeutel gepudert?“ Mein Mann stammelt entsetzt:“ Wer ist
    denn so besemmelt und schleppt das ganze Holz da hin und das alles
    ohne Wege?“ Der Sohn schreit aufgeregt:“ Eine Brücke, eine
    richtige große, stabile Holzbrücke!“ Tatsächlich, wie von
    Geisterhand erbaut erstreckt sich von uns – mitten im Nirgendwo –
    eine solide, neu wirkende Brücke aus dicken Holzbohlen. „Wir
    ha-ben ihn! Wir ha-ben ihn!“ Den Brúarfoss!

    25h0i93.jpg


    Die Brücke führt
    über einen unsagbar grandiosen Wasserfall. So etwas Schönes einfach
    im Nichts. Ohne Hinweisschild, ohne Wegbeschreibung, ohne nur die
    geringste Andeutung auf so ein Naturwunder. Mein Sohn fasst es
    zusammen: „Die Bewohner wollen wohl nicht, dass er gefunden wird,
    aber es gibt immer ein paar zähe Biester.“ Ich bin froh, dass wir
    nicht aufgegeben haben, denn so etwas habe ich noch nie gesehen. Das
    Wasser fließt nicht über eine Kante nach vorne, sonder über zwei
    Kanten zur Mitte hin von beiden Seiten in eine Spalte. Wie breit der
    Fluß ist, kann ich nicht mal in etwa schätzen, aber ich weiß, er
    ist sehr, sehr breit. An den hohen Uferrändern hängen meterlange
    Eiszapfen
    sc8dfl.jpg


    und unter der Brücke sprudelt und gurgelt es. Außerdem
    ist das Wasser gletscherblau.
    2uhu5tu.jpg


    Wie der Fluß heißt und wo er herkommt
    weiß ich im Moment nicht, (vielleicht Brúar, wegen Brúarfoss?) ich
    werde mal versuchen, es herauszubekommen. (Nachtrag: meine Vermutung
    stimmt, der Fluss heißt Brúar). Es ist wirklich schade, dass nur so
    wenige Menschen die Möglichkeit haben, so einen unglaublichen Schatz
    zu sehen, aber wir sind froh, zu diesen Wenigen zu gehören.



    Auf dem Rückweg sehen
    wir ein ganz erstaunliches Phänomen: Die Schlammwiese, über die wir
    gehen müssen, ist von unten irgendwie hohl. An einigen stellen sind
    große Löcher in der Erde und darin stehen 20-30 cm hohe
    Eiskristalle, wie zu einem Eis-Elfen-Palast zusammen gewachsen.
    adjibq.jpg



    2e0uys0.jpg
    Dafür
    sinke ich doch gerne mal knietief ein und brech mir fast die Haxen.
    Unglaublich, was da unter der Erde los ist und wie das zustande
    kommt. Schwer beeindruckt machen wir uns auf den mühseligen,
    rutschigen Rückweg. Wir sehen aus wie die Schweine! Jetzt hilft nur
    noch ein Bad. Wir steuern die „Secret Lagoon“ an. Noch ist sie
    secret, bald bestimmt nicht mehr, denn wie es aussieht, wird hierher
    eine richtige Straße gebaut und das Schwimmbad wird vergrößert.
    Aber heute haben wir einen Traum von einer Riesenbadewanne. Dieses
    Schwimmbecken sieht noch so aus wie vor hundert Jahren. Ein uraltes,
    verfallenes Kassenhäuschen wurde – wohl zur Erinnerung – stehen
    gelassen. Das Wasser hat geschätzte angenehme 40 ° und der
    Untergrund des Beckens besteht aus feinen Steinchen, die sich äußerst
    angenehm unter den Füßen anfühlen. Da es schon recht spät ist,
    haben wir das Bad fast für uns allein und wir genießen die Wärme
    nach unserem nachmittäglichen, mühsamen Spaziergang durch das
    Unterholz. Hier ist es so natürlich und heimelig wie in der „Blauen
    Lagune“ vor vielen Jahren mal, bevor dort die Menschenmassen
    einfielen. Hier gefällt es uns sehr, wir kommen bestimmt gerne mal
    wieder.

  • Moin Elke,
    kommt man zur Secret Lagoon mit einem normalen PKW. Ist die Straße 30 gut befahrbar? Zum Parkplatz vor dem beschwerlichen Weg zum Bruarfoss - wie sieht es da aus?
    ich glaub immer mehr, dass wir uns nicht auf eine Rundreise fixieren, sondern uns den Süden und den Südosten in die Seele festbrennen.
    Noch 1 Monat und 6 Tage - unglaublich :P

    Grüße aus dem schönsten Bundesland Schleswig-Holstein

    Island Mai 2016 und dann immer wieder

  • Zur Secret Lagoon kommt man bequem mit einem normalen PKW, sie liegt am "Hvammsvegur" in der Stadt "Fludir" und ist gut ausgeschildert. Nur die letzten paar Meter Zufahrt sind Sand oder Schotter.


    Zum Brúarfoss kommt man über die Straße 37 zwischen dem Laugarvatn und Geysir, auch gut ausgebaut. Von dort aus in die Siedlung "Brekkuskogar", eine reine Ferienhaussiedlung. Immer auf dem Weg "Reykjavegur" bleiben; dort sind überall nur Sandwege.


    Ich hoffe, das ist erlaubt, ich habe mal die Wegbeschreibung, die uns geholfen hat, hier reinkopiert.
    Reisebericht Island 2014 [Eldhraun - Bruarfoss - Strokkur - Gullfoss]


    Der Parkplatz ist eher eine Ausbuchtung vom Weg, wohl eher durch Benutzung entstanden und nicht angelegt. Dort kann alles mit einem normalen PKW befahren werden,(wenn man sich nicht verfährt und es trocken ist) wir hatten Tauwetter, da war ein kleiner 4x4 praktisch.

  • Stichwort Brúarfoss:
    da war ich im Oktober das erste Mal, die Schlammwüste war echt krass. Die Anfahrt führt meiner Erinnerung nach über Schotter in der Ferienhaussiedlung.
    Aber mal eine Frage: ist schon mal jemand von Osten an den Wasserfall (also nicht durch das Ferienhausgebiet sondern weiter im Nordosten die Straße zum Miðhúsaskógur und dann Richtung Westen zum Wasserfall Map - Já.is ). Ist bissl weiter, aber ich hätte da ein weniger mieses Gewissen, als durch das Privatgelände zu fahren. Und irgendwann, wenn da zu viele Touris durchfahren, wird die Schranke genau wie im westlichen Wohngebiet mal zu sein.

  • Wir sind damals geradeaus gefahren, ohne diese Rechts-Schlenker auf der verlinkten Seite. Unser Parkplatz war weiter rechts und weiter vorne. Ein paar Meter weiter kam dann schon diese Holzbrücke, dannach ging es links durch dieses Wäldchen und weiter nach Gehör. Eigentlich ein kurzer Weg. Ich habe auch eine Karte und Wegebeschreibung auf meiner H. Verlinke ich hier aber nicht. Wer sie sehen will, wir waren 2012 dort. Ne Schranke gab es damals noch nicht - aber Ketten und Steine, die den Weg zu den Ferienhäusern rechtsseitig abschnitt. Hat wohl nichts geholfen.


    Lese Deinen Bericht auch mit großem Interesse und Freude.

  • Wir sind damals geradeaus gefahren, ohne diese Rechts-Schlenker auf der verlinkten Seite. Unser Parkplatz war weiter rechts und weiter vorne. Ein paar Meter weiter kam dann schon diese Holzbrücke, dannach ging es links durch dieses Wäldchen und weiter nach Gehör. Eigentlich ein kurzer Weg. Ich habe auch eine Karte und Wegebeschreibung auf meiner H. Verlinke ich hier aber nicht. Wer sie sehen will, wir waren 2012 dort. Ne Schranke gab es damals noch nicht - aber Ketten und Steine, die den Weg zu den Ferienhäusern rechtsseitig abschnitt. Hat wohl nichts geholfen.


    Lese Deinen Bericht auch mit großem Interesse und Freude.

    Der westliche Teil der Siedlung war im Oktober 15 mit Schranke versperrt, paar 100m weiter östlich kam man in den anderen Teil noch rein und ist dann diese Straße gefahren, wo in der Mitte diese sinnlose Kette gespannt ist.
    Dennoch: letztendlich ist das beides Privatgelände und wenn ich da ein Häuschen hätte, fänd ich das auch nur semitoll, wenn da ständig irgendwelche Hansel (wie ich wikinger3) durcheiern. Daher die Anfrage nach einer "legalen" Alternative by fair means. In der Karte ist da sogar eine Jeepspur mir Furt zu erkennen, am Wasserfall selber sieht dieser Weg sehr ausgefahren aus (extreme Spurrillen), aber man muss ja IMHO gar nicht fahren, paar Meter zu Fuß hat noch niemanden geschadet ;) Allerdings heißt es dann wohl zu Fuß durch den Bach oder eben am östlichen Ufer bis zur Holzbrücke.

  • Ja wir werden nächstes Mal wohl auch außen rum fahren.


    Diese Kette ist nicht sinnlos - genau die soll verhindern, dass zwischen den Häusern sinnlos herumkurvt wird. Wenn die Leute zu doof sind sich links zu halten und geradeaus zu fahren, müssen wir halt in Zukunft mit einer Zweiten Schranke rechnen.
    Die Karte auf der von Elke verlinkten Seite zeigt genau diese Rechtsschlenker zu den Ferienhäusern.


    Die Siedler sollten vielleicht lieber den Voss ausschildern. nicht gleich am Beginn der Ortseinfahrt, aber spätestens ab Verwirrstelle. Wenn ich mich recht erinnere stand an der Stelle noch mal ein Schild "Reykjavegur".

  • Diese Kette ist nicht sinnlos - genau die soll verhindern, dass zwischen den Häusern sinnlos herumkurvt wird.

    Naja, sie trennt West- und Ost-Siedlung, einen Sinn mag ich da nicht wirklich erkennen - denn es gibt ja in beiden Teilen noch genügen Möglichkeiten sinnlos rumzukurven. Stattdessen habe ich jetzt zwei parallele Wege, quer durch die Siedlung führen. Ich mag nicht glauben, dass das für (bzw. eher gegen) Foss-Besucher gemacht wurde.