Ich
habe hier im Forum so viel Unterstützung und Hilfe bekommen, tolle
Tipps und Infos gelesen und mich immer wieder über Reiseberichte
gefreut, dass ich nun, wenige Tage nach unserem 10tägigen
Islandurlaub, selbst über ein paar Erfahrungen und Eindrücke
schreiben möchte.
Jetzt
beim Abtippen kommt mir schon das Gefühl, etwas zu dicke aufgetragen
zu haben, aber ich habe tatsächlich jeden Moment so aufgeschrieben (
klassisch mit Papier und Stift) wie ich ihn erlebt und gefühlt habe,
darum werde ich jetzt beim Abschreiben nichts verändern, damit die
Stimmung genau so ankommt wie sie war.
Ach
ja, weil ich zu dusselig bin, die Tastatur umzustellen, habe ich die
Ortsnamen und Begriffe zwangsläufig eingedeutscht.
Tag 1 Karfreitag:
Geschafft, jetzt
kanns losgehen. Wir sind durch die Sicherheitskontrolle des
Frankfurter Flughafens. So wenige Tage nach den Anschlägen von
Brüssel beginnt die richtige Vorfreude auf den Urlaub erst jetzt. In
diesem Ausmaß wurde ich noch nie durchsucht: Schuhe aus, Füße
abtasten, Rucksack zum Sprengstofftest, das alles unter den Augen
schwerstbewaffneter Polizisten mit Spürhunden.
Aber es tut gut zu
wissen, dass wir geschützt werden. Für unser Kind ist es nach so
viel Angst vorher – denn auch er hatte in den letzten Tagen die
schrecklichen Bilder vom Flughafen Brüssel gesehen – nun doch sehr
spannend!
Damit will ich uns
erst mal vorstellen: Mein Mann und ich sind beide Ende 40, unser
Sohn ist 10 und wir sind islandsüchtig! In den vergangenen fast 20
Jahren waren wir mindestens 8 mal dort, unser Haus ist voll von
Islandfotos und unsre Gedanken und Wünsche reichen nur von einem
Flug zum nächsten. Jede Reportage, jeder Film, sogar jede Werbung in
der nur ein Fitzelchen Island zu sehen ist wird inhaliert. Vom ersten
Moment an hatte uns das Land fasziniert, das Licht, die Luft, die
Ruhe, die Weite – das Gefühl eben. Unser Sohn bekam einen
isländischen Namen und hat uns schon im Bauch auf die Insel
begleitet.
Genug erstmal, jetzt
ist boarding! Der Flug ist pünktlich und ruhig. Mann und Sohn sehen
im Bordfernsehen „Star Wars“– der Tag ist gerettet. Ich freue
mich, dass der Film mit den beiden Brüdern läuft, die nach
20jähriger Feindschaft erst durch eine existenzbedrohende
Tierseuche wieder zueinander finden. Ich hatte schon viel davon
gelesen, Glück gehabt! Nein, was ist der Film berührend! Ich könnte
fast vor allen Fluggästen mitheulen. Die Schlußszene schaue ich
drei mal an und verstehe sie nicht. Für mein Seelenheil entscheide
ich dann, dass Gummi überlebt und alles gut wird.
Zum ersten Mal
fahren wir mit dem Flybus zum Hotel und nicht mit dem Mietwagen.
Und zum zweiten Mal
fließen fast wieder Tränen beim ersten Schritt vor die Tür, bei
dem ersten Atemzug, bei dem Gedanken: „Wieder da!“ (Jetzt
beim Abschreiben schon wieder) Vorgebuchte Tickets
vorzeigen, einsteigen, los geht’s zum Hotel Natura, ehemals
Loftleidir.
Da kommen sie, die
Lavafelder, bedeckt mit braun-grünem Moos. Dazwischen klitzekleine
Schneereste, weiß wie Wollgras. Die Sonne strahlt vom knallblauen
Himmel, auf der einen Seite die leuchtend weißen Berge, auf der
anderen Seite das tiefblaue Meer – sooooo schön. Und dann, ich
fass es nicht! Im vollbesetzten Bus sitzen fast alle an ihren Handys
am fummeln! Ich hab einen Klos im Hals, will wie anschreien: „Seht
ihr das nicht? Wofür seid ihr hier?“ Aber sie hätten mich doch
nicht verstanden. Bei Straumsvik will ich dann auch nicht mehr
rausschauen, dafür
beim Durchfahren der
Altstadt von Hafnarfjördur um so lieber. Was für putzige kleine
Häuschen, schade, dass jetzt mehr und mehr einheitliche Kisten
gebaut werden. Auf der Fahrt, um mich von all dieser Ignoranz rundrum
abzulenken, denke ich an meine allererste Fahrt auf dieser Strecke.
Mein Mann ( also damals noch nicht) kamen mit einem Nachtflug null
Uhr irgendwas und wollten unseren gebuchten Mietwagen abholen.Keine
da! Nach einigen Telefonaten und langem Warten stellte sich heraus,
dass der Wagen aufgrund der mitternächtlichen Uhrzeit erst für die
kommende Nacht für uns eingeplant war. Man glaubts kaum, aber nachts
um halb drei kam ein Mitarbeiter der Mietwagenfirma aus Reykjavik
gefahren und holte uns ab. Es war Frühsommer und es wurde schon
wieder hell, als wir nach Reykjavik zurück fuhren und diese ersten
Bilder über die schnurgerade Straße hatten mich für immer geprägt.
Ebenso wie die Opal-Lakritzpastillen in der roten Packung, die der
Fahrer uns anbot. Seit dem trösten sie mich bei Stress, Kummer,
Sorgen und anderen Plagen. Nur einmal drauf beißen und das
unglaubliche Glücksgefühl der nächtlichen Autofahrt ist wieder da.
Diese Bonbons RIECHEN nach Island. Falls mein Vorrat nicht bis zum
nächsten Urlaub reicht, in Berlin-Kreuzberg gibt es einen
Lakritzladen, der sie verkauft.
Der Allerwerteste
ist schon viereckig vom vielen Sitzen, darum wollen wir gleich nach
dem Einchecken rauf zum (zur) Perlan. Der Öskjuhlid-Hügel ist ein
paradiesischer Spielplatz für Kinder.Übersät mit verfallenen
Bunkeranlagen und durchzogen von schmalen Trampelpfaden zwischen
niedrigen Bäumen und Gesträuch kann unser Sohn herrlich toben, auch
wenn bei mir vor Sorge die Pulsfrequenz deutlich steigt. Wir sehen
Ruinen von ich weiß nicht was, mein Mann meint, es könnten alte
Regenauffangbecken sein, abgetrennt durch Staumauern oder Trennwände
aus der Zeit, bevor Perlan gebaut wurde.Dieser Hügel sollte
unbedingt auf die „to-do-Liste“ für jeden
Island-mit-Kind-Urlaub. Es kommen ja immer mal wieder Nachfragen.
Was soll ich zur
Aussicht vom Perlan aus sagen? Atemberaubend? Unglaublich?
Wunderschön? Reicht alles nicht.Der Himmel wandelt sich von
strahlendem Blau in ein tiefes Orange, unterbrochen von bizarr
geformten Wolkenfetzen. Die Berge strahlen pink durch die
tiefstehende Sonne. Wir sind nahezu allein hier oben und es ist
still, unfassbar still. Nicht mal Straßenlärm ist zu hören.
Vielleicht auch, weil heute Karfreitag und somit ein Feiertag ist, da
fällt der Feierabendverkehr weg.
Der Imbiss im Perlan
hat bereits geschlossen, für das Restaurant sehen wir nach dem
langen Anreisetag eindeutig nicht mehr appetitlich und frisch genug
aus, so laufen wir zum nahegelegenen BSI Busbahnhof. Hier im „Fljott
Og Gott“ isst doch Kommissar Erlendur aus den Büchern von Arnaldur
Indridason immer seinen traditionellen gesengten Schafskopf. Meinem
Mann könnte man eine gewisse kulinarische Experimentierfreude
nachsagen. Hákarl und Wal hatte er schon ( auch in Arizona
Klapperschlange), so gibt es hier eine neue Herausforderung – und
er nimmt sie an! Nur beim Auge kneift er dann doch.
Mitten in der Nach
werde ich wach. Die Vorhänge sind zur Seite geschoben und der Blick
nach draußen haut mich um: Ich schaue hinab auf die hell erleuchtete
Stadt. Nicht wie bei uns diese fiesen, grellen Neonleuchten, sondern
warme dunkelgelbe Straßenlampen. Dazu glänzt der Vollmond genau zum
Fenster herein. Wie soll ich da schlafen? Im Zimmer ist es wie immer
extrem warm, so sitze ich zwei Stunden lang auf der Bettkante, schaue
raus und freu mich einfach.