„Winter-Wunderland, aber auch sehr garstig und endlich ein leckeres Bräu“
Das Frühstück war gut. Die Temperatur nicht ganz so gekühlt als gestern. Tja was tun heute. Gestern Abend hatte ich mal in die Karte geschaut. Vopnafjörður käme prinzipiell in Frage, die Strecke ist geteert. Beim Start ist das Wetter etwas garstig, Schneeregen. Abfahrt, in Richtung Mývatn. Der erste Wegweiser zeigt bis nach Vopnafjörður 130 km an. Uha, das hatte ich nicht erwartet. Aber egal, der Tag ist lange, das Schiff legt 20 Uhr ab, wenn ich um 18 Uhr in Seyðisfjörður bin reicht das. Es geht etwas im Gelände aufwärts, die Temperatur sinkt noch mal um eins zwei Grad. Dann kommt eine Abfahrt nach Vopnafjörður, aber da steht ein rotes Schild, mit sonst nicht viel drauf, aber intuitiv denke ich mir, das ist nicht die Strecke die ich fahren will. Also wieder zurück zur [1] und weiter. Wie weit muss ich nur fahren, ich habe keinen Plan. Dann kommt der Rjúkandifoss. Ich halte an und laufe los, aber der Weg ist verschneit und mein Schuhwerk nicht an die Verhältnisse angepasst. Bergan würde es wohl gehen, aber bergab, eine Schlitterpartie. Sich noch auf die Waffel legen muss nicht sein, also umdrehen, ich habe den Fall ja schon zu besten Bedingungen im Kasten. Die Karte sagt, ich bin völlig richtig unterwegs, es geht noch eine Weile weiter auf der [1].
Dann geht es wieder bergauf, der Schnee in der Landschaft wird mehr, bis man außer weiß gar nichts mehr sieht. Dabei weht ein veritables Lüftchen, was man im gut gewärmten Auto aber gut ertragen kann. Dann kommt die Stelle, wo ich vor gut einer Woche auch schon angehalten hatte. Und fast einem Wunder gleich hatte man hier wieder eine großartige Sicht, aber unter verschärften Bedingungen, der Wind pfiff einem um die Ohren, das war schon recht ungemütlich, aber der Ausblick unbezahlbar. Wieder ins muckelich gewärmte Auto zurück und weiter. Nur wenige Kilometer kommt ein Abzweig auf eine kleine Straße, mit einer Möglichkeit sicher anzuhalten. Die abzweigende Straße war gesperrt. Auf dem Schild steht, falls man doch weiter fährt und in Schwierigkeiten gerät müsse man mit substanziellen Kosten rechnen. Nach allem was ich vor ein paar Tagen am Black Beach erlebt habe möchte ich nicht wissen wie viele Hasenhirne diese substanziellen Kosten immer mal wieder zu blechen haben. Gepaart vermutlich mit einem zu Schund gefahrenen Auto.
Wer hätte gedacht, dass das heute noch mal so ein großartiger Tag werden würde. Die Straße schlängelt sich leicht auf der Hochebene entlang, die Ausblicke sind fantastisch. Ah, und dann kommt der Abzweig nach Vopnafjörður. Vor einer Woche war der kleine Parkplatz an dieser Stelle noch befahrbar, jetzt ist da nichts mehr zu machen, alles voll mit Schnee. Ich halte kurz am Straßenrand an und überlege, umdrehen, weiter fahren, wie oder was. Jetzt bin ich schon so weit gefahren, die Straße sieht einladend verschneit aus, warum sollte ich mir das entgehen lassen. Also, einsteigen und weiter geht es nach Vopnafjörður. Dann taucht vor mir ein anderer PKW auf, dem ich mich recht schnell nähere. Mir scheint es so, also ob der Fahrer mit der geschlossenen Schneedecke noch keine Freundschaft geschlossen hat. Ich halte gebührenden Abstand und will nicht drängen. Der Fahrer geht runter bis auf 60 km/h, obwohl hier die Bedingungen ganz locker für 80 km/h taugen. Dann kommt rechts eine Einbuchtung, gut vom Schnee befreit, der PKW fährt rechts ran. Die Sicht liegt teilweise bei wenigen Meter und kurze Zeit später kann man wieder gut in die Landschaft blicken.
Es geht dann irgendwann stetig bergab. Es war also eine Frage der Zeit bis der Schnee auf der Straße wieder in Matsch übergeht. Diese Phase ist tückisch, dann lieber Regen und die Straße ist frei. Ah, da vorne biegt eine Straße ab, Gelegenheit zu drehen. Da steht ein Wegweiser, Vopnafjörður: 19 Kilometer. Eijeijei, nur noch so ein kurzes Stück, also das nehme ich jetzt auch noch. Was soll ich sagen, ohne jetzt Vopnafjörður zu nahe treten zu wollen, aber ich hätte auch vorher umdrehen können. Hier hängt man wirklich tot überm Zaun. Als ich wieder auf die [1] kam dachte ich noch, hm, da liegt ja fast gar kein Schnee mehr auf der Straße, aber der Wind trieb ihn noch heftiger, im Prinzip waagrecht fegte er von einer Seite zur anderen. Am Abzweig wo ich heute früh gehalten hatte fahre ich noch mal ran. Ich bekomme kaum die Tür auf, der Schneeregen peitscht ins Gesicht, wirklich ungemütlich. Ab ins Auto und weiter. Deutlich schneller hat man die Schneeregion verlassen. Aber ich hatte definitiv meinen Spaß und gleite selig durch den Regen.
In Egilsstaðir angekommen ist es ca. 14 Uhr. Der Magen könnte was vertragen, also einen Happen essen. Dann noch in einen Supermarkt, Mitbringsel für die Daheimgebliebenen.
Und dann, folgte das Abenteuer, der Adrenalinkick bis in die letzte Haarspitze. Was aber zunächst nicht danach aussah. Am Ortsausgang von Egilsstaðir zeigte die Tafel -3°C an und sonst nichts gravierendes. OK dachte ich, dann ist ja alles im grünen Bereich. Vor mir fuhr ein LKW und dahinter ein PKW. Die Straße war frei von Schnee oder Matsch. Es kommen die ersten Kehren, alles läuft prima. Dann kommt der erste Matsch, auch noch alles gut. Der Matsch geht in Schnee über, alles OK. Dann kommen ein paar Schneeverwehungen, da muss man schon gucken wo man lang fährt. Die linke Fahrspur, wo keiner fährt, ist fast komplett frei. Der PKW vor mir fährt dort, also mache ich das auch. Alles läuft.
Dort wo sich Schneeverwehungen aufgebaut haben wird es schon kritischer, sich durch den vielen sulzigen Schnee zu manövrieren. Man schlittert mit dem Hinterteil auch mal leicht etwas hin und her. Da beginnt der Puls schon etwas zu steigen. Auch die Straße steigt immer noch an, zwar etwas sanfter, nicht mehr die vollen 12%, aber trotzdem. Der LKW zieht unbeirrt seine Bahn, der PKW auch, noch. Die Sicht ist mager, der Schnee fliegt senkrecht über die Straße. In der Ferne sieht man etwas aus der weißen Masse auftauchen, zwei Fahrzeuge scheinen da zu stehen, wie genau, also rechts am Straßenrand oder quer auf der Straße lässt sich noch nicht erkennen. Unbeirrt weiter fahren. Es stehen da ein PKW und ein Fahrzeug mit einem Anhänger, beide Fahrzeuge hatte ich die Tage schon gesehen. Am PKW machte sich die Frau, eingepackt wie ein Schneemensch, am Vorderrad zu schaffen, vermutlich Schneeketten aufziehen. Das andere Fahrzeug stand einfach nur so da. Der LKW, der PKW vor mir und ich ziehen ungerührt vorbei.