2865 km mit Baby 12.-30.06.2015

  • Hallo Island-Forum,


    wir sind seit gestern mittag wieder daheim und nachdem ich mir heute beim Rasenmähen schön den Pelz verbrannt hab, hab ich beschlossen, die unerträglichen Außentemperaturen als Anlass zu nehmen, doch lieber in der noch halbwegs angenehm kühlen Wohnung meinen Reisebericht abzutippen :D
    Ich hoffe, ich kann dem einen oder der anderen damit eine Freude machen und dem Forum auch etwas zurückgeben für die vielfältige Hilfe im Vorfeld zu unserer ersten Reise in ein Land, von dem ich vor einem Jahr außer Reykjavik keine einzige Ortschaft hätte benennen können und das sich in Wirklichkeit als genauso schön und eigentlich noch viel schöner herausgestellt hat, wie ich es mir vorgestellt und ausgemalt hatte!


    Ich lege mal los mit dem Anfang - je nachdem wie ich tatsächlich die Zeit finde, gibts dann peu a peu immer wieder Nachschub.
    Und wie man das hier mit den Fotos hochladen macht, muss ich auch noch rausfinden.


    Dann gehts jetzt mal los islandwinke

  • Nach langer Vorplanung ging es am Freitag morgen, den 12.06.2015 ans Eingemachte: packen war angesagt, obwohl Carolin gefühlt schon drei Tage am zusammensuchen war, was der Bube alles mitnehmen muss. Die anvisierte Abfahrtszeit 13 Uhr verfehlten wir dann auch um rund 2 Stunden - Nicht schlimm, das war auch eher die Zeitvorgabe für meine bessere Hälfte gewesen, trotzdem war ich froh, dass wir dann doch irgendwann loskamen - man weiß ja nie, und sicher ist sicher! Die Fahrt nach Düsseldorf verlief dann auch ab der Abfahrt Mehring mit Platzregen, denn draußen waren es schwülheiße 31 Grad und für den ganzen Westen Deutschlands waren Gewitter vorhergesagt. Ja ja, der Sommer schien nun endlich richtig anzukommen in Deutschland!


    Zum Glück sollte es bei einem kräftigen Regenschauer bleiben; die weitere Fahrt an Köln vorbei bis Düsseldorf brachte lediglich noch vereinzelte leichte Regenfälle mit sich. Kurz vor halb 7 erreichten wir dann den Flughafen und die Einfahrt ins vorreservierte Parkhaus klappte problemlos. Mit drei Koffern, drei mal Handgepäck und dem Buben im Kinderwagen mühten wir uns durchs Parkhaus zum Airtrain, der uns zum Terminal brachte. Das Einchecken klappte wieder problemlos und unserer drei Koffer entledigt kamen wir schnell bis zur Sicherheitskontrolle. Jacob war der Star und alle Sicherheitsbediensteten flirteten mit ihm. So waren wir letztendlich eineinhalb Stunden vor Abflug an unserem Gate.


    Jacob dachte nicht daran, angesichts der vorgerückten Uhrzeit zu schlafen; er hatte aber auch viel zu viel zu gucken! Erst kurz vor dem Boarding um 21.30 Uhr machte er die Äugeln zu. Als wir das Flugzeug bestiegen kam die Ernüchterung: Keine Reihe 1 mit ausklappbarem Babybett wie gedacht und vermeintlich gebucht - stattdessen Reihe 19 und Jacob musste auf dem Schoß mitfliegen. Der arme Schatz konnte sich noch nichteinmal quer über uns legen, da er für den Start auch angeschnallt werden musste - so wurde der Flug für Jacob und insbesondere für Carolin, die angespannt den Buben beruhigte, eher eine Tortur als Vergnügen. Zum Glück machte ihm beim Start und auch bei der Landung der Druck auf den Ohren nichts aus und er konnte so mehr schlecht als recht ein bisschen Schlaf finden.


    Trotz 20 Minuten Verspätung wegen dichtem Flugverkehr in Düsseldorf kamen wir zur angegebenen Zeit in Keflavik an - die Flugzeit betrug insgesamt knapp drei Stunden. Da wir entgegen meiner Planung und vermeintlicher Buchung auch nicht auf der rechten Seite, sondern links saßen, sahen wir beim Landeanflug nur den Nordatlantik - die Aussicht nach rechts ging dagegen aufs Land und ich konnte braune Flächen und schneebedeckte Berge erkennen. Als wir immer tiefer kamen, sah ich zwischen den Köpfen der rechts sitzenden Passagiere hindurch Grindavik. Dann machte die A 319 einen Rechtsschwenk und auch auf unserer Seite tauchte Land auf: die Südküste der Halbinsel Reykjanes und sehr bald auch die Blaue Lagune. Kurz darauf setzten wir schön sanft auf Island auf - wir waren da!


    Der Flughafen war übersichtlich und wir fanden uns gut zurecht. Da die Bereiche für Ankunft und Abflug identisch zu sein scheinen, kam uns die tschechische Fußballnationalmannschaft entgegen, die heute ihr Gruppenspiel zur EM-Qualifikation 2016 in Island hatte. Ich hatte zuvor schon etwas mitverfolgt, dass Island in seiner Gruppe ganz vorn mit dabei ist und in einem Spiel vor ein paar Monaten sogar die Holländer besiegt hatte - und war jetzt natürlich ganz gespannt darauf, wer gewonnen hat. Mein erstes Gefühl war ein Unentschieden, denn die Tschechen wirkten nicht gerade in Feierlaune. Aber wie es ausging, erfuhr ich heute Abend nicht mehr. Die Rolltreppe hinunter, am duty-free-Supermarkt vorbei ging es für uns drei zum Kofferband. Wir hatten sowieso schon so viel zu schleppen, dass ich hier nicht noch Bier oder sonstwas kaufen und danach auch noch schleppen wollte, nur um ein paar Kronen zu sparen. Schon kamen die Koffer und zum Glück auch der Kinderwagen.


    Auf nach draußen in die Halle und zum Schalter dreihundert Euro in Kronen umtauschen. Meine Ungewissheit als Island-Neuling, ob die „verlorenen“ Minuten beim Geld tauschen dazu führen würden, dass uns der einzige Bus zum BSI Busbahnhof in Reykjavik vor der Nase wegfahren würde, bestätigte sich nicht: Es standen bestimmt 8 „Flybusse“ von Reykjavik Excursions bereit und uns blieb genügend Zeit, um alles Gepäck in Ruhe einzupacken. Um 23.55 Uhr Ortszeit fuhren wir los, gerade als die Sonne unterging! Jacob war genauso müde, aber gleichzeitig auch genauso wach wie wir; und alle drei sahen wir uns um, als wir das Flughafengelände in Richtung Hauptstadt verließen und von einer freundlichen Bandansage im Bus begrüßt wurden. Ich war glücklich, wie gut zur linken Seite hin der Snæfellsjökull zu erkennen war, und gleichzeitig erschrocken, wie karg es draußen doch war - nicht, dass es kaum Bewuchs gab, das war mir zuvor ja bewusst gewesen - sondern dass das Gras noch so wenig gewachsen war in diesem Jahr und im Wesentlichen noch immer nur aus den verwelkten, braunen Halmen des Vorjahres bestand, aus denen heraus nur sehr zaghaft frisches Grün heraus spross - Eine Tatsache, die wir in den nächsten Tagen noch öfter zu sehen und erzählt zu bekommen sollten.


    Während der Bube auf Carolin wieder einschlief, schaute ich natürlich nur nach links und rechts raus. Rechts schneebedeckte Berge am Horizont, davor der Keilir mit seiner schönen markanten Form, links das still liegende Meer im orangenen Nachtlicht. Den Keiler hab ich mir zugegebenermaßen ergoogelt, nachdem er mir auch auf der Rückfahrt zum Flughafen wieder so markant ins Auge gesprungen war :)
    Nach vielleicht 15 oder 20 Minuten Fahrt durch unbesiedelte Lavalandschaft kamen wir dann auch schon in die ersten Ortschaften im Ballungsraum Reykjavik. Links tauchte zunächst eine häßliche Fabrikanlage (nachträglich gegoogelt: Aluminiumwerk Straumsvík) auf, kurz danach dann ein Einfamilienhausgebiet, dessen Häuser mitten in der Lava standen. Dahinter zum Meer zu lag ein Golfplatz. Rechterhand wurden die Lavafelder von nun an von noch recht neu angelegt scheinenden Straßen und neuen Wohngebieten und Gewerbegebieten abgelöst - wir waren im urban sprawl des wachsenden Ballungsraums um Islands Hauptstadt angelangt, in welchem mittlerweile fast zwei Drittel der Gesamtbevölkerung lebt!


    Der Bus bog dann auch schon von der Straße 41 auf die 470 ab und kurz darauf hielten wir im Zentrum von Hafnarfjörður. Dabei konnten wir auch einige Blicke nach rechts auf das gerade stattfindende Wikingerfest erhaschen, das rund um die Nachbauten mit Stabkirche und Hotel und in einer Zeltstadt in den Außenanlagen stattfand und das trotz der vorgerückten Stunde - bald halb 1 - noch in vollem Gange zu sein schien. Nachdem ein paar Passagiere ausgestiegen waren, fuhren wir mit Blick nach links auf auf Neubauten an der Bucht, die mich in ihrer klaren und symmetrischen Struktur an die Hafencity in Hamburg erinnerten, den Hügel hinauf und weiter bis zum zweiten Halt in Garðabær. Danach ging es durch Kopavogur, wo mir ebenfalls wieder zum einen viele Neubauten und zum anderen die Baukräne und Baustellen für weitere Neubauten ins Auge sprangen. Die ganze Gegend scheint 6 Jahre nach der Finanz- und Bankenkrise wieder stark zu expandieren und zu wachsen. Ich fand die ganze Ecke beim Durchfahren aber auch sehr schön und gepflegt sowie wirklich schön grün. Außerdem fand ich die Topografie interessant, denn das kommt bei google earth und streetview so einfach nicht raus. Der Hügel mit Perlan links obendrauf kam in Sicht und ich wusste, dass wir nun so gut wie da waren.


    Drei Minuten später standen wir am BSI. :gutenmorgen: :D islandwinke

  • Danke!
    Eine spannende Einleitung, die Lust auf mehr macht. Bin gespannt, lese solche Reiseberichte immer gerne.


    Bilder kannst Du unter dem Text unter dem Reiter "Bilder-Upload" bei Tinypics hochladen, den dort erzeugten Link dann einfach so wie er ist kopieren und hier in den Text einfügen, dann erscheint im Text das zugehörige Bild. Für mehrere Bilder Vorgang einfach wiederholen.


    GoIceland

  • Es macht mich immer ganz wuschig, wenn ich Geschichten nicht zuende lesen kann... ;)
    Das fängt sooo gut an...
    Aber ich freue mich schon auf die nächsten Tage, lasse dir Zeit, die Einleitung war schon mal super... thx1

    Gruß Manfred


    Island-Bilder gibt es hier:

    [url='http://portfolio.fotocommunity.de/manfred-bartels']

  • Hi Leute,
    is heut ein bissel später geworden als gedacht - haben viel zu tun mit Vorbereitungen für ein Familienfest am Samstag und hatten zu allem Überfluss von 20 bis 23 Uhr Stromausfall trolltroll
    Morgen sollen hier im Saarland die deutschen Hitzerekorde geknackt werden, die das Kachelmann-Team 2003 (auch im Saarland) verzeichnet hat - 40,3 Grad glaube ich waren es damals.Unser Bub leidet ganz schön unter den 30 Grad im Schlafzimmer und wünscht sich sicher genauso wie ich zurück auf die Insel mit ihren angenehmen Frühsommertemperaturen, die während unseres Aufenthalts zwischen 4 Grad (auf der Steingrímsfjarðarheiði am 22.6. gegen 15.30 Uhr) und 23 Grad (Kurz vor Borgarnes am 28.6. gegen 14.00 Uhr) schwankten... ;)
    Aber in diese Ecken des Landes komme ich mal noch irgendwann später! Zunächst gehts nun mal weiter mit Teil 2 des Reiseberichts, der sich komplett im schönen Reykjavík zuträgt! :thumbup:

  • Da standen wir also am BSI. Meine bessere Hälfte sah mich fragend an, wie es weitergeht. Da es weder nass noch kalt war entschied ich, dass wir zu Fuß die paar hundert Meter bis zur Fjólugata zu unserer Unterkunft für die nächsten zwei Nächte gehen und wir die Gepäcktransportfrage einfach so beantworten, dass ich schon irgendwie die drei Koffer und Carolin schon irgendwie das Kind auf dem Arm und das Wägelchen voll mit dem Handgepäck transportieren können würde. Es war eine Plackerei und wenige Meter vor dem Kreisel der Gamla Hringbraut fiel dann auch schon das eine Hinterrad vom Kinderwagen ab. Trotzdem konnte uns nichts mehr aufhalten!


    Nach einem Kraftakt von weiteren 2 Minuten waren wir endlich angekommen - mir war so heiß, als wären es immer noch schwüle 31 Grad und nicht etwa 8 oder 10… Obwohl von außen keinerlei Hinweis am Haus oder der Gartenmauer zu erkennen war, dass dies ein Guesthouse ist, war ich mir anhand der Fotos aus dem Internet doch sicher. Während Carolin und Jacob auf dem Bürgersteig warteten, betrat ich entschlossen den Gartenweg und ging zwischen blühenden Tulpen auf das Haus zu und suchte eine Eingangstür oder Klingel. Seitlich am Haus rührte sich auch prompt etwas und schon stand mir ein großer Isländer mit einer schwarzen Wolldecke um die Schultern gegenüber. „We have waited für you sitting at the terrasse". Während mich unser Gastgeber freundlich begrüßte, keuchte ich mehr als dass ich zwei vernünftige Sätze auf englisch herausbrachte. Wir waren so froh, endlich angekommen zu sein - es war inzwischen 1 Uhr Ortszeit - dass ich die Ausführungen des Hosts „zur Rechten die schwedische Botschaft, unterhalb die norwegische, das Eckhaus am Beginn der Straße ist das Wohnhaus des isländische Präsidenten. Unser Haus ist frisch verputzt, Entschuldigung für das Baugerüst und die Baustoffe im Garten, bitte Vorsicht mit den Koffern am frischen Putz…“ mehr über mich ergehen ließ, als dass ich noch zu einer richtigen Konversation fähig gewesen wäre.
    Seitlich am Haus ging es sechs, sieben Stufen nach unten. Sie vermieteten ihren Keller, der eher wie ein Subparterre liegt und neben den zwei recht geräumigen Gästezimmern ein Badezimmer und eine Küche sowie einen Vorraum enthielt. „Im Kühlschrank sind Marmelade und Butter. Morgen früh werdet ihr dort Salami und Käse und Eier und Saft finden. Hier ist Müsli. Hier ist echter isländischer Kaffi. Die Kaffeemaschine ist traditionell. Hier sind die Kaffeefilter.“ - „Danke, wir kennen noch die herkömmlichen Kaffeemaschinen!“ „Der andere Gast im Zimmer daneben muss gegen 4 Uhr weg, so dass ihr morgen alles für euch haben werdet. Die Gemälde hier im Zimmer sind von meinem Schwiegervater. Hier ist das Bad. Ich erkläre die Dusche: den Hebel hier links nach vorne für die Handbrause, nach hinten für die Kopfbrause. Es ist eine gute Kopfbrause. Das warme Wasser riecht nach Schwefel, zum trinken und für die Zubereitung von Babyessen besser das kalte nehmen.“ Und schon war er auf der Treppe nach oben und wünschte uns eine gute Nacht.
    Wir nahmen noch wahr, dass wirklich alles sehr schön aussah, geschmackvoll ausgestattet war und ein nettes Heim für die nächsten zwei Tage versprach, dann waren wir nach einem Sprung ins Bad und der Verdunklung der beiden Fenster - ja! Draußen war es natürlich hell wie bei uns daheim vielleicht so gegen 21 Uhr! - auch schon alle drei im Bett.


    Die Nacht war gut verlaufen. Der Bub, den wir nicht in das bereitstehende Babybettchen gelegt, sondern aufgrund des schönen einsachziger Betts lieber zwischen uns genommen hatten, erwachte gegen viertel vor sieben. Die Strapazen vom Flug und allen Eindrücken drumherum hatten also auch soviel Gutes, dass er die zwei Stunden Zeitverschiebung direkt ausgeglichen hatte. Auch wir Großen waren halbwegs fidel und nach einer Viertelstunde wachwerden und mit dem Buben kuscheln wagte ich einen Blick durch die guten Verdunklungsvorhänge und unter dem Sonnenrollo hindurch. Der mit den gelben und roten Tulpen gesäumte Gartenweg und die Häuser auf der anderen Straßenseite lagen schon im gleißenden Sonnenschein - die in den Wochen zuvor fast täglich aufgerufene isländische Wetter-website schien tatsächlich recht zu behalten mit ihrer Ankündigung eines fast durchweg sonnigen Wochenendes in Reykjavik!


    Von dem in der Nacht abgereisten Mann im Nebenzimmer hatten wir nichts mitbekommen. In der Küche befand sich ein Korb, in dem, eingeschlagen in ein weißes Tuch, zwei angeschnittene, aber noch schön warme und gut duftende Brote lagen, Davor stand ein Brett mit Brotmesser bereit, auf dem die vom Abgereisten verursachten Krümel lagen. Ich schnitt mir direkt etwas von dem Brot ab, das mit etwas gefüllt war. Es schmeckte extrem lecker und leicht süß, denn es waren kleine Pflaumen und Apfelsinenstücke darin. Dann die traditionelle Kaffeemaschine aufgesetzt und ab unter die Dusche, was dank der vor wenigen Stunden erfolgten Instruktionen unseres Gastgebers auch prima gelang. Das Bad war, wie der gesamte Rest des guesthouses, wirklich schön, mit einem riesigen rahmenlosen Spiegel, der fast die komplette eine Seitenwand des Bads umfasste. Irgendwoher musste die sehr gute Bewertung (9,6) bei booking.com ja kommen! Neugierig nahm ich das an der Außenwand befindliche Fenster in Augenschein. Ein feststehendes großes Element, ein nach unten aufklappbares kleineres Element. So noch nie zuvor gesehen, zumindest nicht mehr in meiner Erinnerung - von da an aber in ähnlicher Form die ganze weitere Reise über aber immer und überall wieder. Zurück im Schlafzimmer dann die gleiche Feststellung, Klappfenster mit untenliegendem Klappgelenk, das zur Seite weggedreht werden kann, der Rest ein festes Element.
    Nach dem schönen Frühstück zu dritt - der Bube saß im Hochstuhl des guesthouses mit am Tisch - mussten wir unser ganzes Gepäck sichten und durchplanen, was wir alles mitnehmen sollten. Carolin fragte mich, was denn konkret geplant sei. Ich wollte einen Stadtrundgang machen, dessen groben Verlauf ich im Kopf hatte; den Stress, alles unbedingt sehen zu müssen, mussten wir uns dabei nicht machen, denn am letzten Urlaubstag werden wir ja nochmal nen ganzen Tag hier verbringen und auch noch einen „guided walk“ haben.
    Endlich hatten wir alles zusammen und konnten los. Die Fjólugata hinunter legten wir unsere ersten Meter auf isländischem Boden in Urlaubsmodus zurück. In der Tat: das Haus nebenan, sehr hübsch, auf jeden Fall historisch und ganz weiß, nur leider ebenfalls zur Instandhaltung teilweise mit einem Baugerüst verstellt, ist Sitz der schwedischen Botschaft, wie ein dezentes Schild an der Grundstückseinfassung sowie ein weißer Mast mit blau-gelber Fahne erkennen lassen. Es folgt ein ebenfalls sehr sehenswertes Haus in skandinavientypischem Ochsenblutrot, danach noch 2, 3 Häuser und schon ist die Ecke erreicht mit dem Haus des Präsidenten zur linken, unscheinbarer als manch anderes in der Straße, aber mit einer mannshohen weißen Mauer umgeben. Einzelheiten kann ich sonst gar nicht berichten, denn ich war mit dem Blick eher hinten links auf das Rad des Kinderwagens fixiert, das beim vorwärts schieben munter nach außen und wieder zurück nach innen auf der Achse hin und her pendelte. Wir hatten den Wagen im Vorfeld zum Urlaub als günstigen, klein und schnell zusammenklappbaren Buggy gekauft und ihn zu Hause erst einmal richtig im Einsatz gehabt, als wir quer durchs Dorf einer Einladung zum Kaffeetrinken bei Lilli gefolgt waren. Auch dort war schon die Sache mit den losen Hinterrädern passiert, die während der Fahrt von der Achse fielen. Ich hatte nur eigentlich gedacht, dass ich das aus dem Weg geräumt hatte, als ich die Plastikteile fand und entfernte, die das Einrasten des Plastiksprengrings in der Kerbe der Achse verhindert hatten.
    Obwohl die Straße hinunter (Skothúsvegur), keine 50 Meter entfernt, der Tjörnin in den Blick kam, kam bei mir keine unbeschwerte Freude auf. Das Gefälle die Straße runter war recht ordentlich und die Bordsteine nirgendwo abgesenkt, so dass das Rad immer weiter auf der Achse hin- und her lief. Unten am See angekommen, hielten wir dann auch an und ich zog das Rad, ohne dass ein Sprengring dies verhindern würde von der Achse und der arme Jacob stand ganz schief in dem blöden Ding. Ich sah uns schon auf der Suche nach nem Kinderwagengeschäft und dachte parallel daran, wie wir wohl zu einem Baumarkt oder Eisenwarengeschäft finden könnten, die vernünftige Sprengringe aus Metall im Sortiment haben. Mit einem bleistiftdicken Zweig konnte ich von innen die Abdeckkappe der Radnabe entfernen und fand den weißen Kunststoffsprengring innen drin liegen - zum Glück unbeschädigt. So war es ne Sache von 30 Sekunden und das Rad saß wieder fest auf der Achse - hoffentlich für den Rest des Urlaubs, denn außerhalb Reykjaviks eine Reparaturlösung zu finden, wäre wohl noch schwieriger!
    Endlich also das Treiben am Tjörnin genießen! Da Samstag morgen ist, vielleicht kurz nach 10, ist eher wenig los. Die Stadt ist ja bekannt für ihr Nachtleben, so dass zu dieser frühen Stunde außer ein paar anderen Touris (unschwer zu erkennen an Funktionsjacke und Wanderschuhen in Kombination mit Kamera und Stadtplan) lediglich einige Jogger am See unterwegs sind. Auch auf der oberhalb liegenden Straße fast kein Verkehr - in welcher europäischen Hauptstadt gibt es sowas? Wohl nirgendwo!

  • Wir spazierten zur Ecke des Sees, wo einige Leute die Wasservögel fütterten, und mussten jetzt trotz Sonnenschein doch noch ne Fleeceweste überziehen, da es einfach 20 Grad kälter war als gestern noch in Deutschland! Zwischen den Gebäuden durch - rechts den liegt der Dom, links das Parlamentsgebäude - zum Austurvöllur-Platz hielten wir uns schön auf der sonnenbeschienen Straßenseite, denn im Schatten der Häuser war es gleich nochmal deutlich kühler! Aber alles halb so wild und für mich deutlich angenehmer als das schwülheiße Wetter gestern - Was muss es immer gleich so eklig werden, wenn der Sommer kommt?


    In einem „Kaffi og Te“, der isländischen Antwort auf Starbucks, an der Ecke eines kleinen Platzes, wo wir nach rechts in die Aðalstræti einbogen, kauften wir uns zwei schöne Kaffee to go und in nem kleinen Supermarkt ein paar Meter weiter schauten wir uns direkt mal das Angebot an Babykost an, denn davon hatten wir nur für die ersten Tage Gläschen und Flocken zum anrühren mit Milch mitgebracht. Die Auswahl hier in diesem kleinen Supermarkt, der im vorderen Bereich sowieso eher Souvenirgeschäft war, war sehr bescheiden, so dass wir nur ne Viererpackung Birnen-Fruchtmus zum einrühren in den Brei sowie drei Bananen kauften.
    Carolin rief ihren Papa an, dass wir gut angekommen seien und auf dem Weg in Richtung Wasser fragte ich einen Reykjavik Ordnungsamts-Mitarbeiter, der auf dem Parkplatz am Reykjavik Art Museum gerade Knöllchen verteilte, nach dem Weg zu den grünen Gebäuden am Hafen, von denen ich gelesen hatte. 10 Minuten später standen wir davor und machten Fotos von und vor den Booten auf dem blauen Wasser und dem Esja-Massiv im Hintergrund. Da es auf 12 Uhr zuging und der Bube bald wieder was essen musste, ging ich ins Café Haiti und erkundigte mich nach der Möglichkeit, ob man das Gläschen Mittagsbrei dort für uns erwärmen könne. Sicher. Kein Problem!


    So saßen wir bestimmt eineinhalb Stunden im Café, aßen und tranken auch selbst noch was, und beobachteten ein wenig die anderen Gäste. Gemischtes Publikum, Einheimische und Touristen, insgesamt war aber um diese Uhrzeit noch recht wenig los. Im Gegensatz zu uns trauten sich die meisten raus auf die Terrasse, denn schließlich waren es bestimmt 13 Grad bei Sonne und kaum Wind!


    In diesem Sinne, soviel für den Moment, morgen steht mein Vater um 8 Uhr auf der Matte, da wir ein Geländer montieren wollen, bevor es auf dem Südbalkon gar nicht mehr aufzuhalten ist...


    bisbald n8.1

  • Meine Frau hat sich immer wieder gewundert / amüsiert, wie schmutzig die Isländer ihre Fenster werden lassen (Sie dachte bislang immer, unsere daheim wären ständig dreckig... :D )
    Aber bei dem feststehenden großen Elementen kann man ja gar nicht von außen putzen, wenn die Fenster nicht gerade im Erdgeschoss liegen oder man ne Leiter anstellt.
    Die Isländer kamen uns eh auch in anderen Dingen rund ums Haus eher relaxt vor: Fassadenanstrich, Pflege des Gartens usw. ließen in teutonisch-korrekten und ordnungsliebenden Augen oft zu wünschen übrig bzw. hatten den "shabby-chic-Charme", der ja momentan so in ist ;) - Ein Blick in die Wohnungen zeigte jedoch ein anderes Bild, diese sahen oft sehr stylish eingerichtet aus und mit dem von meiner Frau und mir ebenfalls geliebten typisch skandinavisch-modern-klaren Interieur ausgestattet.
    Das aufs Wohnungsinnere anscheinend mehr der Blick als aufs äußere gelegt wird, hängt wohl auch damit zusammen, dass das Leben einfach weniger im Freien stattfindet. Positiv fand ich auf jeden Fall, dass die Gärten nicht, wie in Deutschland üblich, mit großen Thuja-Hecken uneinsehbar zum Nachbargrundstück abgetrennt werden. Ein kleiner Zaun - fertig! So ist auch noch der Plausch mit dem Nachbarn möglich :thumbup:

  • teutonisch-korrekten und ordnungsliebenden Augen oft zu wünschen übrig


    Das meinst Du nur, wenn die Rasenmähsaison losgeht dann müsstest du mal durch die Vororte gehen. High Teck selbstfahr oder Aufsitz mäher vom Allerfeinsten. Das ganze für ca 30 Qm Vorgarten. :patsch:
    Das kommt dann mit Aller macht und erinnert mich manchmal an die Autowaschorgien Samstag in den 70ern in D,
    Na ja die Fenster, glaub mir , beim ersten Schnesturm sind die wieder BLITZEBLANK von aussen.

  • Hallo,

    Meine Frau hat sich immer wieder gewundert / amüsiert, wie schmutzig die Isländer ihre Fenster werden lassen (Sie dachte bislang immer, unsere daheim wären ständig dreckig... :D )

    das Problem ist hier wie so oft in Island das Wetter. Ein wenig Regen und dann Sturm und dann sehen die Fenster wieder aus wie vorher, da ausreichend Staub in der Luft ist, der daran klebt. Da putzt man dann nur noch eher selten, weil es ohnehin wenig bringt.


    Gruss


    Christian

  • Zitat

    Ich denke mal, die Ecke rund um Sægreifinn


    Ja genau, das sind die drei, na ja, türkis- farbenen Gebäude mit jeweils 3 oder vier Restaurants/Cafés drin, am Hafen. 50 Meter weiter ist der (das?) Pier, von wo aus die ganzen whale-watching Touren starten. Ich hatte, glaube ich, mal hier im Forum was darüber gelesen, dass in diese ehemaligen Hafengebäude vor einiger Zeit ein paar nette Sachen eingezogen sind dankeschoen1


    Heut Abend gibts den dritten Teil des Reiseberichts (Reykjavik Tag 1 nachmittag ;) ), danach verspreche ich auch kürzere und weniger ausgeschmückte Berichte der Tage danach, als unsere Rundreise gegen den Uhrzeicgersinn um de Insel losging! bisbald

  • Ich finde die Berichte ganz, ganz toll, dürfen wegen mir lang und länger sein
    du schreibst sehr gut und lebendig.
    Taetschel-Haetschel
    Danke für die Mühe und die Erklärung der Gebäude,
    muß ich mir merken und nächstes mal auch mal anschauen.

  • Bei starkem Wind und Sturm sind die Fenster sehr praktisch. Ich kenne sie schon seit Ewigkeiten aus Holland und wie mir ein Isländer mal erzählte, werden die, wohl wie auch manche andere Dinge, aus Holland importiert.

  • Ja stimmt, ich hab die Fenster auch schon in Holland gesehen mouse1 ;)


    Hier als Betthupferl nun noch Teil drei. Dankeschön übrigens für das vielfache Lob und die warmen Worte! cheers1


    Wo waren wir? Ach ja, im Café Haiti. Von dort brachen wir auf und schlenderten zurück Richtung Innenstadt, um unser nächstes Ziel, Harpa, anzusteuern. Wenn man wie wir aus Richtung Hafen auf die Harpa zusteuert, fällt einem das große umzäunte brachliegende Gelände davor auf. Ich hatte schonmal irgendwas darüber gelesen, dass hier in dieser städtischen 1A-Lage bald was passieren soll; zurzeit ruht aber noch alles. Auf der anderen Straßenseite hingegen gibts schon nicht mehr den großen Parkplatz, den man auf google earth noch sieht, hier rollen derzeit die Bagger und irgendwelche Tiefbauarbeiten sind im Gange. Schonmal vorgezogen an dieser Stelle: ich sprach am letzten Tag unserer Reise, als wir einen „guided walk“ durch Reykjavik machten, unsere Stadtführerin darauf an, als wir auf dem Arnarhóll gegenüber standen. Was auf dem ehemaligen Parkplatz passiert, konnte sie selbst noch nicht herausfinden. Neben der Harpa hingegen eröffnet ihres Wissens aber bereits 2017 das erste Fünf-Sterne-Hotel Islands, so dass auch hier die Bauarbeiten demnächst losgehen werden.
    Bei dem Tourismusboom, den Island seit einiger Zeit erlebt, ja auch kein Wunder…
    Die Harpa wurde von einem kühlen Wind umweht, so dass wir uns nach ein paar Fotos davor (ich hatte zum Glück das Weitwinkel-Objektiv drauf) schnell nach drinnen begaben. Wir hatten Glück, denn ein internationales Jugendsinfonieorchester spielte gerade. So war unsere Visite im Souvenirshop von passender Musik untermalt und wir kauften auch gleich Postkarten und Briefmarken. Mit dem Aufzug ging es dann nach oben, es gab noch die Etagen 2 und 4 zur Auswahl - 2 war die Ebene, auf der das Orchester seine Gratisdarbietung gab, 4 die obere Etage mit Blick auf die markante Innentreppe, den Orchesterbereich sowie nach draußen in Richtung Stadt. Hier ließen wir uns ein wenig nieder, nutzten das wifi und machten Fotos und spielten mit dem Buben, als er aus seinem Mittagsschlaf erwachte.
    Die Harpa hat uns wirklich gefallen; sie ist architektonisch toll und verleiht der Stadt an dieser einen Stelle einen regelrecht großstädtischen Touch. Die Stadt hat in der Welt nach der Hallgrimmskirche und den bunten Häusern der Innenstadt damit nun auch ein modernes Wahrzeichen.


    Nun ging es in die City!
    Vorbei am Stjórnarráðið Regierungsgebäude, das gerade frisch gestrichen wurde, bogen wir von der Lækjargata nach links in die Bankastræti ab und tauchten von jetzt auf gleich in wahre Menschenmassen ein. Samstags um halb 3 kommt Leben auf in Reykjaviks Ausgehmeile! So ließen wir uns treiben, weiter den Laugavegur hinunter, und kehrten dann im Eymundsson ein, um Jacob die Einnahme des drei-Uhr-Breis in einer halbwegs „normalen“ Umgebung zu ermöglichen. Das Eymundsson ist dafür in der Tat gut geeignet, den es ist nicht nur Buchhandlung, sondern bietet auch Getränke und Snacks an, die dank Designpartner vitra in Designer-Atmosphäre an einem riesigen Tisch mit allerlei Eames- und Panton-Stühlen verzehrt werden können. Auch Hochstühlchen für die Kleinen waren gleich mehrfach da, so dass wir uns an einer freien Ecke des Tisches schön ausbreiten konnten. Wieder nutzten auch wir die Gelegenheit und aßen und tranken eine Kleinigkeit. Bald kam noch ein isländisch-englisches Paar mit Baby (Fródi; benannt nach Frodo aus „der Herr der Ringe“) und sie versicherten uns, Island sei wirklich sehr kinderfreundlich und wir bräuchten wirklich nirgendwo mit Problemen zu rechnen -
    eine Erfahrung, die wir in der Tat während des ganzen Urlaubs immer wieder gemacht hatten! Lediglich in manchen Restaurants fehlte eine Wickelmöglichkeit, so dass wir uns je nach Umgebungssituation hier mit Stühlen, einem Tisch, dem Beifahrersitz des Autos oder einer Wiese (am Rauðasandur bei 21 Grad) behelfen mussten.
    Aber schon nach wenigen Stunden in Reykjavik war uns die enorme Dichte an jungen Erwachsenen mit Kindern in jedem Alter und insbesondere die große Anzahl an Kleinkindern und auch Babies aufgefallen. Eine sehr junge Gesellschaft; ältere Menschen waren nur sehr untergeordnet im Straßenbild zu sehen. Auch die Bedienungen in den Geschäften, Cafés und Restaurants - allesamt so um die 20, kaum mal 30. Diese ersten Eindrücke aus Reykjavik wurden später auf unserer Reise in den Dörfern und Städten immer wieder bestätigt, überall junge Familien mit mindestens 2, oft 3 Kindern, hunderte Emmaljunga-Kinderwägen, schwangere Frauen.
    Die Geburtenrate liegt halt bei rund 2 in Island, und das merkt man, gerade als junge Eltern, denen das auf einmal selbst viel mehr auffällt als früher ohne Kind,deutlich, wenn man aus Deutschland kommt, wo diese seit Jahrzehnten irgendwo bei 1,4 pendelt. Obs überall auf Island so aussieht, bezweifle ich, aber wir waren halt v.a. in den Orten und nicht auf den abgelegenen Höfen... ?(


    So gestärkt wie von Fródis Eltern in unserem Vorhaben bestärkt, machten wir uns auf ins Bónus, um uns noch einen Überblick über die Babynahrung zu verschaffen. Bei aller Kinderfreundlichkeit aber auch hier, wie schon am Vormittag in dem Mini-Supermarkt die Erkenntnis, dass eine Gläschen-Auswahl wie in Deutschland nicht vorhanden ist. Drei herzhafte Sorten, drei Fruchtsorten, vielmehr Gläschen gabs auch hier nicht. Vor allem wieder die Smoothies, die uns in Deutschland bislang noch nicht aufgefallen waren, die wir jetzt allerdings testeshalber mal kauften und die sich - soviel vorweg genommen - als dankbar erwiesen, da der Bub ganz schnell raus hatte, wie er, ohne sich und seine Umgebung einzusauen, daran saugen muss, um an den Fruchtkompott zu gelangen.
    Mit dem notdürftigsten an Babybedarf versorgt, fiel uns auf, dass wir irgendwie schon ziemlich am Ende des Laugavegur sein mussten. Irgendwo oberhalb musste die Hallgrimmskirkja sein. Zu der wollten wir nun noch. Durch Wohnstraßen näherten wir uns dann von seitlich hinten, aber auch gut, so hatten wir noch ein paar Einblicke abseits der Touristenroute! Nach 10 Minuten standen wir davor und schnauften durch, denn vom Laugarvergur sind es ein paar Höhenmeter hier hinauf. Leider war es noch ein wenig zu früh am Nachmittag, als dass die Sonne schon auf die Eingangsseite geschienen hätte und sich so die beste fotografische Situation gezeigt hätte. Wir gingen zum Eingang, doch, wie schon der neben dem Eingang stehende weiß geschmückte Wagen vermuten ließ, fand drinnen gerade eine Hochzeit statt und der Aufstieg auf den Turm war damit auch nicht möglich. Schade, ich wollte doch die bunten Altstadthäuschen und alles andere auch von oben sehen! Na ja, wir haben ja am letzten Tag unserer Reise vielleicht noch die Möglichkeit dazu… Also runter von dem windigen Vorplatz in den Skólavörðustígur. Carolin kaufte noch weitere Postkarten und ich huschte ins 12 Tónar, um als Musik für unseren Roadtrip die isländische Version der neu erschienenen Of Monsters and Men - CD zu kaufen, die 2 Lieder mehr enthalten soll als die außerisländische Version. Außerdem speicherten wir mal im Hinterkopf ab, dass hier in der Straße das Geschäft der Island Handknitting Society liegt - für einen eventuellen Besuch in gut 2 Wochen, wenn wir unsere Rundreise in Reykjavik beenden. Schon waren wir wieder unten am Dreieck angelangt, wo die Skólavörðustígur wieder auf den Laugavegur trifft.


    Unseren heutigen Rundgang beendeten wir dann über Bankastræti - Austurstræti - Pósthússtræti und erlebten auf dem Austurvöllur noch die Kundgebung der isländischen Frauenbewegung „#Free the Nipple“, deren Anhängerinnen mit ihrem etwas schrillen/kostümierten Aussehen und den durchsichtigen Oberteilen ohne BH drunter uns schon zuvor in den Haupteinkaufsstraßen mehrfach aufgefallen waren. Wieder Tjörnin vorbei schlenderten wir drei gemütlich zurück zur Unterkunft. In einem kleinen „10-11“-Supermarkt in der Austurstræti hatten wir uns zuvor (neben weiterer Babykost) mit allem eingedeckt, was man für Spaghetti Bolognese braucht; und die wollten wir jetzt kochen!
    Während wir kurz darauf die wirklich gelungene Pasta aßen, kam unser freundlicher Host mit zwei weiteren Männern herein und zeigte ihnen alles. Es stellte sich heraus, dass die beiden englischen Motorradfahrer die neuen Gäste im Zimmer neben uns waren. Schon kamen wir mit dem einen ins Gespräch - sie kamen gerade aus den Westfjorden, erzählte er, wo sie für eine Woche mit ihren Maschinen unterwegs gewesen waren. „Super schöne Gegend, zum Teil lange Strecken auf üblen Gravelroads, zum Teil noch sehr viel Schnee, alle Straßen aber offen und befahrbar, das schlimmste der ewige starke Wind.“ Dann schäkerte er noch ein bisschen mit Jacob und meinte, dass er normalerweise immer die gleiche Wirkung auf Kinder habe: „sie fangen an zu weinen!“ Und dass Jacob, der den Mann neugierig anschaute, ja so knuffig sei und wir bestimmt eine tolle Zeit in Island hätten. Nun schenkte er mir noch eine Westfjorde-Landkarte, die er irgendwo gratis mitnehmen konnte und das dann auch gleich doppelt getan hatte :)
    Dann entschwand er unter der Dusche, die sein Kumpel mittlerweile freigegeben hatte, „sich den Staub von einer Woche Westfjorde wegwaschen“. Die Zwei wollten nachher nämlich noch ein wenig ins Nachtleben Reykjaviks eintauchen, „bis maximal halb elf /elf, ich bin 48!“, feixte er.


    Für uns war der Tag gelaufen, die wenigen Stunden Schlaf der letzten Nacht steckten uns allen in den Knochen. Als wir Jacob um 20 Uhr ins Bett brachten und uns zum Kuscheln zu ihn legten, merkte ich wie müde ich war mit meinen 2 Tellern Nudeln im Bauch. Ich rechtfertigte gegenüber mir selbst, dass es daheim ja jetzt schon nach zehn ist und beschloss, mich hinzuhauen. Carolin nutzte noch ein bisschen das W-Lan, aber um 21 Uhr schliefen wir alle drei tief und fest und bekamen nicht mehr mit, wie gegen halb vier in der Nacht zwei betrunkene Engländer das Zimmer neben uns in Beschlag nahmen Prost-Bier--Smiley :blerg: totlach totlach

  • Auch von mir ein BITTE BITTE so weiterschreiben, ist einfach toll
    wie hast du dir das alles blos so genau gemerkt?
    oder hast du so ausführlich Tagebuch geführt. Ich weiß da Tage
    später immer nicht mehr alles so genau.
    thx1

  • Hallo und danke für den tollen Bericht! Diese können sehr gern weiter so detailliert ausfallen :) Ich bitte darum dafuer1


    peace

  • Auch von mir ein BITTE BITTE so weiterschreiben, ist einfach toll
    wie hast du dir das alles blos so genau gemerkt?
    oder hast du so ausführlich Tagebuch geführt. Ich weiß da Tage
    später immer nicht mehr alles so genau.
    thx1


    Ich quatsche wenn ich irgendwo unterwegs bin auf mein Smartphone oder tippe eine Notiz für später.
    Was auch hilft ein schnelles Foto von der Ecke wo man ist. Straßenschilder und so weiter.

  • Nächstes mal muss ich mir auch unbedingt Notizen machen. Nur anhand von Erinnerungen (Speicherchip im Hirn ist bald voll wikinger2 ) und der Fotos, werde ich noch ganz wuschig...


    Ach ja, cooler Reisebericht! Steine--Smiley Jetzt noch entsprechende Foto--Smiley dazu... :D

  • Sehr gut geschrieben , ich sehe alles vor mir :) Und natürlich bin ich auch gespannt wie es weitergeht !


    Gruss aus Kopavogur


    Silvia

  • Hallo Forum,
    auf die Schnelle hier die Fortsetzung des Berichts! . Gehe jetzt nach Wochen mal wieder den "Tatort" gucken ;)
    Danke nochmal für das ganze Lob! Das mit den Fotos einfügen werd ich frühestens morgen ausprobieren können... meckernicht1 ;)


    Heute (Sonntag, 14.6.2015) waren wir alle drei um 8 Uhr fit und da die Sonne draußen wieder herrlich schien und die roten und gelben Tulpen um die Wette blühten, packten wir schnell unseren Berg Sachen in die 6 Gepäckstücke, frühstückten wieder von dem lecker Brot und tranken den guten, traditionell gebrühten isländischen Kaffi - und waren gegen 9 startklar für unseren Trip. Um 10 nach neun kam dann auch ein Angestellter unseres Mietwagenunternehmens mit unserem Host zusammen herein und er und ich gingen nach draußen, um die Übergabe unseres Mietwagens zu regeln. Der Kindersitz stellte sich entgegen unserem Mailverkehr doch als zu groß für Jacob heraus, so dass ich kurz mit zur Filiale des Unternehmens in der Klapparstigur fahren musste, wo ich dann einen passenden Sitz der „Gruppe 1“ bekam. Der Isländer blieb dann da und ich legte zurück zur Unterkunft meine ersten 500 Meter im Auto - einem Kia Feed Kombi Diesel mit gut 51.000 Kilometern auf dem Tacho- zurück. Da auch an diesem Morgen wieder kaum Verkehr herrschte, fand ich absolut problemlos und stressfrei zurück zur Unterkunft und wir konnten mit dem möglichst effektiven Beladen unseres Transportmittels für die nächsten 15 Tage beginnen. Währenddessen lief uns dann auch nochmal kurz der Engländer über den Weg, der uns mit kleinen Augen von der späten Rückkehr und der Feierfreudigkeit der Isländer berichtete. Da kann man als echter Engländer auch einfach nicht widerstehen! Auch unser netter Host kam noch hinzu und wir hielten noch ein bisschen smalltalk und wickelten die Bezahlung der Unterkunft ab. Um kurz nach 10 verabschiedeten wir uns dann von den netten Bekanntschaften, um das in so kurzer Zeit schon lieb gewonnene Reykjavik in Richtung Roadtrip-Abenteuer zu verlassen.
    Nochmal vorbei am Tjörnin, über die Kreuzung mit der schon wieder von Touristen bevölkerten Bankastræti - Austurstræti und vor der Harpa rechts ab auf die Sæbraut, vorbei an der ebenfalls schon umlagerten Skulptur Sólfar („Sonnenfahrt“) ging es dann immer auf der Straße 41, bis wir den Abzweig auf die 49 Richtung Mosfellsbær sahen und diesen nahmen. Auch ohne Navi oder Karte wirklich keine große Sache!
    Nun ging der „eigentliche“ Teil unserer Reise los, der wahrscheinlich klassische Ersturlaub auf Island mit einer Umrundung der Insel (zunächst im Wesentlichen) auf der Ringstraße.


    Doch ich würde - auch entgegen einiger Meinungen im Forum - behaupten, dass sich mindestens ein Tag im kleinen Reykjavík auf jeden Fall lohnt und dass man hier durchaus auch eine Woche verbringen kann, ohne dass einem die Angebote und Möglichkeiten ausgehen.
    Wenn man, wie meine Frau und ich, generell an Städtereisen, an Architektur usw. interessiert ist, allemal; wenn man jung ist erst recht, da man es beim tieferen Eintauchen in das Leben hier nach meinen Eindrücken (auch aufgrund unserem letzten Tag in Reykjavik und den Schilderungen der Stadtführerin) inzwischen mit einer sehr modernen, kosmopoliten und freigeistigen Umgebung in Zeiten von work&travel, Auslandsstudium, sabbatical, usw. usw. zu tun bekommt. Heute geht ja gefühlt jeder zweite nach dem Abi für ein Jahr ins Ausland. Am öftesten nach Australien. Gerne auch nach Neuseeland, oder vielleicht in die USA nach New York oder an die Westküste. Wir hatten das Gefühl, dass Island generell und die Hauptstadt im speziellen anscheinend zu einem neuen Trendziel in diese Richtung wird, und zwar für den „etwas anderen“, sich abseits des Mainstream einordnenden, alternativen, linken, oder sonstwie gepolten jungen Menschen, dem vielleicht Musik, Kultur, Natur, Philosophie oder Gesellschaftsfragen wichtiger sind als warmes Strandwetter und Dauersonne…(sorry für die so nicht ganz faire Pauschalisierung!) Aber nicht umsonst sind wohl die internationalen Trendscouts seit Jahren bei isländischen Festivals wie Iceland Airwaves usw. zur Stelle, um das besondere Lebensgefühl, das in einer solchen besonderen Gesellschaft herrscht, zu ergründen! Wir hatten außer den jungen, sich fast ausschließlich auf englisch unterhaltenden Leuten auch viele andere schillernde Persönlichkeiten, Althippies, sehr stilsichere Anzugsträger, modisch sehr gewagte junge Damen und sexuell „anders“ orientierte Menschen erblickt, die alle hier ihr Refugium (auf Zeit) gefunden zu haben scheinen.
    Wer also an sowas allem Interesse hat, dem sei ein Aufenthalt in Reykjavík ans Herz gelegt!


    Nun aber ging es langsam raus aus der Stadtregion und der Speckgürtel und die Gewerbegebiete lagen auf einmal hinter uns. Diese ersten Kilometer waren für mich als Fahrer wirklich schön, endlich wieder auf der Straße, wie vor knapp 3 Jahren während unserer Hochzeitsreise durch den Südwesten der USA! Das Gefühl von Freiheit und Abenteuer kam direkt wieder auf, und auch die relaxte Fahrweise mit 60 und außerorts dann maximal mit 90 km/h, ohne die in Deutschland so nervenden Audis, BMWs und Mercedes, die die linke Spur Stoßstange an Stoßstange mit 160 Sachen in Beschlag nehmen, sorgte für entspanntes Fahren und Glücksgefühle. Neben der Straße sahen wir zudem die schönen (wenn auch ursprünglich nicht in Island heimischen) lila Lupinen, die allerdings aufgrund des in diesem Jahr so langen Winters noch nicht so richtig blühten. Ich glaube, wir querten die letzte Ampel schon an der Harpa. Danach war alles, wie wir Saarländer es auch am nahen Frankreich so schätzen, alles vorbildlich mit Kreisverkehrsanlagen gelöst. Ein Aha-Erlebnis löste ein Bauhaus-Markt vor Mosfellsbær aus - damit hätten wir hier nicht gerechnet! Auch Mosfellsbær sah im Durchfahren nett aus, aber wir wollten ja nach ner knappen Viertelstunde nicht schon wieder halten, sondern bogen alsbald rechts ab auf die Straße 36 Richtung Þingvallavatn.
    Zum Start unserer Tour hatten wir nämlich direkt den Island-Touri-Klassiker schlechthin auf dem Programm: Den „Golden Circle“! Schon bald waren wir in fast unbewohntem Gebiet, und nach ein paar Kilometern wich das Weideland aufgrund der steigenden Höhenlage gegenüber scheinbar ungenutztem Gebiet zurück - die Mosfellsheiði war erreicht....