Islands Nordosten und mehr im September

  • Ich lese hier aus dem verschneiten Island auch fleißig mit. Leider bin ich mit meinen Notizen und allem anderen hier vollauf beschäftigt ;)

    Sprach's (oder besser gesagt schrieb's) und spielte nach der Nordlichtbeobachtung aabfrier1 weiter Karten mit dem Gatten ;)

  • 22.09.23


    Der Himmel war wieder einmal bedeckt. Ich war genauso antrieblos wie das Wetter. Ich hatte Urlaub und konnte mir über Sinn und Unsinn einiger Episoden des Lebens, deren Auswirkungen sowie über aktuelle Lebensereignisse und den Niederschlägen daraus, Gedanken machen. Wie geht es besser, als wenn man allein unterwegs ist. Positives wie Negatives geht einem durch den Kopf, dem Wetter angepasst. Irgendwann konnte ich mich von meinen Gedanken losreissen und fuhr noch einmal die Hausstrecke, wollt etwas frische Luft tanken. In Vopnafjörður bog ich dann aber auf die 85 Richtung Norden ab, weil es dort etwas heller zu werden schien. Nach einer Weile ging es rechts ab auf die 913 Richtung Strand. Die Kamera immer an Bord ist es aber bei ein paar unspannenden Fotos geblieben.


    Am Abend zog der Himmel auch am Gästehaus etwas mehr auf und es waren Sterne zu sehen. Mir kam der Gedanke von Polarlichter durch den Kopf. Sofort schaute ich in die Vorhersage von Vedur.is. Dort wurde die Aktivität mit“4“ eingestuft, also sind durchaus gute Chancen vorhanden. Die Wolkendecke ließ im Bereich meines Gästehauses ein kleines Fenster zwischen 21 Uhr und 24 Uhr offen. Ich bereitete alles vor, montierte die Kamera auf das Stativ, stellte Blenden-, Iso- und Belichtungswerte ein und legte die Fernbedienung bereit. Alle Augenblicke ging ich nach draußen, um nachzuschauen. Dann kamen neue Gäste auf den Parkplatz vor dem Haus gefahren, auf dem ich mein Stativ aufgebaut hatte. Es war eine Familie aus Amerika. Sie bezogen ein Ferienhaus auf dem Gelände. Gegen 22.00 Uhr sah ich einen leichten Schimmer am Himmel. Ich machte erste Fotos, als der Mann aus der Familie sich mit seiner Kamera zu mir gesellte. Wir sprachen eine ganze Zeit miteinander und machten weitere Fotos. Aber mehr als grüne Schleier waren nicht zu sehen, andeutungsweise leichte Fahnen, aber keine farbenprächtigen Beamer. Das sollte sich auch nicht mehr gravierend ändern und wie vorhergesagt bewölkte es sich dann auch wieder. Nach einer Stunde im eisigen Wind brach ich ab und ging ins Haus. Aber am Laptop betrachtet, waren die Aufnahmen gar nicht so schlecht, hatte ich unter anderem doch ein Schaf auf dem Hügel vor dem Haus erwischt, dass lange genug in der Bewegung verharrte. So ging ein weiterer Tag zu Ende.




  • 23.09.23


    Der Tag der Abreise aus Sireksstaðir war gekommen und mit ihm wieder Schnee. Ich wollte heute nach Nesjum zu meinem zweiten Quartier fahren, weil mir die ganze Strecke zum Flughafen an einem Tag zu weit erschien. Es waren etwa 300 km und 4 Stunden Fahrzeit ohne Pausen und Fotostopps einzuplanen. In Anbetracht des starken Schneefalls und böigen Windes habe ich mich entschlossen nicht über die Hellisheiði eystri zu fahren, sondern über die 1 nach Egilsstaðir



    mit einem Abstecher nach Seydisfjörður. Auf dem Weg dorthin kam ich am Rjúkandafoss vorbei, den ich nicht auf dem Zettel hatte. Ein eindrucksvoller Wasserfall.




    Ebenso eindrucksvoll waren die schneebedeckten Berggipfel auf der gegenüberliegenden Seite der Straße.




    Auf dem weiteren Weg nach Egilsstaðir empfing mich in den tieferen Lagen eine üppige Farbenpracht des Herbstlaubes.



    Dagegen fing es in den Bergen Richtung Seydisfjörður wieder an zu schneien und es war eine wunderschöne weiße Winterlandschaft zu sehen. Links der Straße 93 erblickte ich im Schnee 12 Quader in den Farben Lila, Blau, Gelb, Rot, Grün und Orange. Über den Hintergrund der Skulptur und Farbgebung habe ich leider nichts rausgefunden.




    Ich wollte mir eigentlich in Seydisfjörður die Skulptur Tvisöngur des deutschen Künstlers Lukas Kühne anschauen. Ich hatte erst auf Island davon erfahren, jedoch ohne eine genaue Lagebeschreibung. Vor Ort fragte ich einen Einheimischen nach dem Weg dorthin. Dieser lud mich sofort in sein Auto und fuhr mich die 2 km zum Ziel. Dort war dann noch ein Fußweg von ca. 800 m zu bewältigen. Auf der Fahrt sprachen wir verschiedene Themen an und er fragte mich, ob ich auch Interesse an Kunstmalerei hätte. Da hat er bei mir ins Volle getroffen, hatte ja selbst lange Jahre die Ölmalerei betrieben und auch gut verkauft. So fuhren wir weiter zum südöstlichen Hafenbereich von Seydisfjörður in die Galerie von Gudjon Hardarson. Ich war begeistert von seinen großformatigen Bildern in “modern art“.




    Wir redeten noch eine Weile über seine Art der Kunst, tauschten unsere Adressen aus, dann fuhr er mich zurück zum Aufstieg zur Skulptur Tvisöngur. Die fünf dargestellten Betonkuppeln verbinden verschiedene Intentionen des Künstlers und deren Facetten von Klang, Form, Tradition u.a.






    Der Aufstieg war unproblematisch, dabei waren zwei kleine Bäche über Trittsteine zu überqueren. Leider war das Licht bei Ankunft äußert schlecht, so dass keine guten Fotos zu machen waren. Aber ich hatte auch keine Zeit zu warten, dass die Sonne sich wieder blicken lässt.

  • So ging ich zum Auto und fuhr die Strecke zurück nach Egilsstaðir, um dann über die 1 weiter zur zweiten Unterkunft zu kommen. Mein Navi hatte mal wieder etwas dagegen und schickte mich über die 95, was aber kein Problem war, denn die unbefestigte Fahrbahn war zwar nass, aber weitestgehend eben. Da ich in Seydisfjörður viel Zeit verbracht hatte, kam ich erst gegen 18.30 Uhr in dem Gästehaus in Nesjum an. Es war eine fantastische Unterkunft mit mehreren Bädern und Toiletten, einem super und fein eingerichteten Wohn-/Küchenbereich, so auch mein Zimmer. Der Gastgeber war sehr nett und schenkte mir noch zwei Eier, damit ich etwas Warmes in den Magen bekomme, nachdem ich bemerkte, dass ich vergaß einzukaufen. Lediglich Brote hatte ich noch.


    Das Gästehaus hatte auch eine Badewanne. Die wollte ich nutzen und mich nach dem langen Tag entspannen, fand aber den Stöpsel nicht. Ich fragte beim Vermieter nach. Er sagte, den müsste er immer verstecken wenn Chinesen kommen. Die baden stundenlang und lassen immer wieder heißes Wasser ein, bis für die anderen Gäste nur noch kaltes Wasser übrig ist. Ich schmunzelte, da ich auch schon meine Erfahrungen mit den Kollegen aus dem fernen Osten gemacht hatte. Sie kamen mir mal auf einer einspurigen Brücke entgegen, die ich schon zu 90 % passiert hatte. Nur nicht pauschalieren Klaus !


    Der Vermieter zeigte mir, wo er den Stöpsel versteckt hatte und wünschte mir noch einen schönen Abend. Nach dem Bad ging ich in die Küche und kochte die zwei Eier und legte sie mir in Scheiben auf’s Brot, noch etwas Salz und Pfeffer - einfach und gut. Noch ein Blick in den Himmel, aber es waren keine Sterne zu sehen. Es kamen noch zwei junge Paare, mit denen ich mich noch kurz unterhalten und mit dem einen, der auch auf Polarlichter aus war, noch einen Whisky getrunken habe. Dann sagte ich gute Nacht und ging schlafen. Auch in dieser Nacht war das stürmische Wetter nicht zu überhören. Auch unter der Dusche im Bad wurde es für kurze Zeit etwas stürmisch; ihr versteht, was ich meine ?

  • Mit den asiatisch aussehenden Urlaubern hatten wir hier auch schon diverse Begegnungen die uns Kopfschütteln verursachten :rolleyes:

    Vor ein pasr Tagen belagerten sie zu zwölft, zwei Stunden lang die Gemeinschaftsküche...Der "Duft" zog durchs ganze Haus, denn den Dunstabzug konnte keiner bedienen. Geschirr abtrocknen und zurück in den Schrank räumen war ihnen auch nicht geläufig :patsch:


    Naja, der Spuk ging zum Glück nur einen Abend.

  • 24.09.23


    Ich wachte gegen 6.00 Uhr auf. Der Tag erwartete mich mit stark bewölktem Himmel und starken Winden. Vorweggenommen war das aber gar nichts gegenüber dem, was ich noch zu erwarten hatte. Ich machte mich gleich daran das Gepäck zusammenzupacken und ins Auto zu bringen. Zunächst musste ich mir aber heute mein Frühstück selbst machen, spartanisch – es gab Brot und Wasser!


    Mein Weg sollte mich heute Morgen zum gleich um die Ecke liegenden Hoffelsljökull mit Gletschersee führen. Von der Ringstraße zweigt dorthin ein ca. 7 km langer Fahrweg ab, der nur mit einem 4WD zu befahren ist, da gegebenenfalls gefurtet werden muss. Bei meiner Ankunft war das Tal weitgehend trocken, nur zwei kleine Rinnsale waren zu queren.




    Der Himmel war immer noch bedeckt, so dass die Farben des Gletschers mehr blaugrau als blau von mir wahrgenommen wurden. Ich war allein und genoss den Anblick und die Ruhe.




    Im Sommer 2015 war ich schon einmal hier. Auch damals traf ich lediglich zwei Isländer an. Irgendwann raffte ich mich auf und fuhr weiter Richtung Jökulsárlon, welchen ich als mein nächstes Ziel auserkoren hatte. Unterwegs sah ich eine Gebäuderuine ohne Dach, welche ich auch schon mehrfach fotografiert hatte. Ich hielt wieder an und sah andere Graffitis an den Wänden, als bisher. Diese inspirierten mich zu neuen Fotos.



    Der Aufenthalt am Jökulsárlon war dann nur kurz; es regnete und stürmte auch hier. Zudem war es eiskalt. Ich holte meine Daunenjacke aus dem Kofferraum, machte ein paar Fotos, holte mir noch Muffins und Berliner aus dem Cafe und schon war ich wieder weg.




    Nach wenigen Metern auf der 1 bog ich aber dann doch noch mal kurz zum Strand ab. Dort lagen nur kleine Eisbrocken, die von den wuchtig hoch auf den Strand auflaufenden Wellen weiter transportiert wurden, ohne dass man die Zeit gehabt hätte, sich Gedanken machen zu können, wie man diese vernünftig ins Bild bringt.


  • Die Fahrt ging weiter. Irgendwie war das Frühstück heute Morgen zu knapp ausgefallen, so dass die eben gekauften Kuchen schon jetzt dran glauben mussten. Gegen 13.00 Uhr kam ich in Skaftárskáli an und gönnte mir dort noch ein Burger-Menü und tankte noch einmal nach.


    Der Wind nahm schon seit einiger Zeit stark zu und erreichte Windgeschwindigkeiten von z. T. über 28 m/sec, wie die Info-Displays an der Straße es angaben, und erreichten damit die Stärke eines Sturms, allerdings mit schwereren orkanartigen Böen. Das Fahren mit dem Jimny wurde dabei zur Qual. Ein ständiger Blick in den Rückspiegel war nötig, weil das Spurhalten mit dem Fahrzeug keine leichte Aufgabe war. Wusste der Wind nicht, dass das Überfahren einer durchgezogenen Linie verboten ist ? Ich habe ca. 150 km nur gegen den Wind angekämpft, hatte schon einen steifen Nacken bekommen von meiner verkrampften Haltung hinter dem Lenkrad. Irgendwo an der Strecke hielt ich noch einmal, um einen Regenbogen im Bild festzuhalten.




    Dabei habe ich nicht mehr die Windrichtung im Auge behalten. Beim Öffnen der Tür, riss es sie mir förmlich aus der Hand. Ich bekam sie kurz vor dem Anschlag noch zu fassen, so dass kein Schaden entstanden ist. Das nennt sich Kontrollverlust in Folge von Stress. Hey, ich war in Urlaub ! Ein letzter Halt auf der Strecke zum Flughafen galt dem Skeiðarársandur-Brückendenkmal. Hier hielt ich mich etwas länger auf, wartete auf das richtige Licht und eine schöne Wolkenbildung im Hintergrund, was m.E. auch gelang.




    In Selfoss ging es von der 1 ab Richtung Küstenstraße, hatte keine Lust über die Hellisheiði zu fahren. Gegen 18.00 Uhr erreichte ich dann endlich Keflavik. Jetzt begann die Suche nach einer Unterkunft, erst direkt, dann per Internet. Alles war voll belegt, nur das Aurora am Flughafen konnte mir ein Zimmer anbieten – für 260 Euro. Nein Danke ! Ich habe das Geld zwar, aber dafür kann ich zuhause viermal bei unserem Griechen mit meiner Frau ein Menü essen gehen. Ich entschloss mich, mich mit dem Auto an einer ruhigen Stelle irgendwo hinzustellen, meine Essensvorräte und mein letztes Bier zu vernaschen und irgendwann die Augen zuzumachen. So geschah es !

  • 25.09.23


    Als ich nach einigen Stunden aufwachte, war der Wind etwas abgeflaut, es regnete nicht mehr, aber der Himmel war immer noch bedeckt. Ich musste mal mein Bier wegbringen. Als ich wieder im Auto saß und mich in meiner Steppjacke eingemummelt hatte, schlief ich augenblicklich wieder ein. Ich wurde für Momente immer wieder wach, als Regen hart auf das Autodach niederging. Gegen 5.00 Uhr morgens ließ meine Blase mir ein zweites Mal keine Ruhe. Als ich wieder in’s Auto einsteigen wollte, schaute ich noch einmal in den Himmel. Ich sah Sterne und..............................Polarlichter – zwar ganz schwach, aber sie waren da. Meine Fotoausrüstung war schon perfekt für den Rückflug verstaut. So schnell wie möglich holte ich das Stativ aus dem Koffer, versuchte meine Stirnlampe in der Laptoptasche zu finden, was mir auch gelang. Ich stellte die Entfernung auf das Leuchtfeuer von Sandgerði ein, die Belichtung auf 15 sec. und die Blende auf 4. Die Iso war auf 1000 eingestellt – dachte ich. Ich war offensichtlich noch nicht ganz wach und zu aufgeregt und hatte das Stellrad in die falsche Richtung auf Iso 100 gedreht, was ich aber nicht realisierte und fotografierte los.




    Die Fernbedienung konnte ich so schnell auch nicht finden und so hoffte ich dennoch auf unverwackelte Bilder. Es wurde schnell heller, die Lichter immer schwächer. Daher war ein Standortwechsel nicht mehr möglich. Somit gab es auch nur Fotos von den Polarlichtern selbst, ohne ein Vordergrundmotiv mit einbinden zu können. Dagegen fuhren auf der nahegelegenen Straße ständig Autos, die mit ihren Scheinwerfern mir das Leben , äh ... Fotografieren nicht leichter machten. Nach wohl 15 Minuten war nichts mehr am Himmel zu sehen.




    Damit habe ich am letzten Tag absolut nicht mehr gerechnet. Ich hatte das Glück, noch ein weiteres Mal Polarlichter erleben zu dürfen. Der erste Blick auf das Display der Kamera schockierte mich jedoch zunächst – alles dunkel ! Hatte ich im Stress doch die falschen Werte in meiner Kamera eingegeben ? In der Tat ! Das merkte ich aber erst zuhause. Da ich immer auch im RAW-Format aufnehme, blieb ich gelassen. Ich döste noch einen Augenblick weiter, bevor ich das Auto zur Vermietstation zurückbrachte. Das ging dort alles superschnell. Ich nahm mein Gepäck und ging zum Flughafen. Hier wurden noch ein paar Souvenirs eingekauft und noch ein letztes isländisches Bier genossen. Mit 20 Minuten Verspätung startete der Flug in den Alltag.


    Ende !

  • Schade. Hätte gerne noch mehr gelesen. Aber auf jeden Fall vielen für deine Mühe.

    Wenn Interesse besteht, gibt es noch einen etwas längeren Bericht aus den Westfjorden, der aber einen anderen Hintergrund hat. Dieser war mal als Basis für einen von mir geplanten Roman gedacht.

  • Die Nordlichter waren ja sogar mehrfarbig, nicht "nur" grün... :thumbup:


    Urlaub ist immer zu schnell rum...

    Danke für Deinen Bildbericht! Immer wieder schön zu sehen und zu lesen, was andere in Island erlebt haben.

    thx1 Gerne mehr aus den Westfjorden!


    Wenn ich mal etwas Zeit und Muße habe, kommt von mir auch noch ein Reisebericht aus dem letzten Sommer...

    Aber erstmal fordert mich der Alltag zu sehr.